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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
ganz veralteten verbis fortgebraucht wird s. 850.): ge-
stirnt, gesinnt, gesittet, geschlacht, ungeschlacht, abge-
schmackt, gedunsen, aufgedunsen, gewogen etc. Hierher
gehören auch die besondern bedeutungen von gelaßen,
gelegen, geschickt, gewandt, die sich nicht von den üb-
lichen verbis laßen, liegen, schicken, wenden herleiten.
Aus diesem allen ergibt sich nun, daß die partikeln, ohne
zum wesen der conjugation erforderlich zu sein, einen
gewissen einfluß auf die praeterita ausüßen, das griech.
augment
ist ihnen analog, und das e- zumahl dem deut-
schen ge- (altengl. y-, fries. und westphäl. e-) vergleichbar.
Zwar erstreckt sich das ge- viel weiter und componiert über-
haupt (nomina und verba); das e- erscheint bloß in der
conjugation vor praeteritis (nie im praes. und fut., ge-
schweige vor nominibus) und bleibt auf den indic. be-
schräukt, den participien fremd, da sich das deutsche ge-
grade auf das partic. wirft. Allein die möglichkeit das
griech. augment aus einer verdunkelten partikel zu deu-
ten wird dadurch noch nicht umgestoßen und wichtige
analogie tritt namentlich bei decompositis ein in der stel-
lung beider, des ge- und e-, bald vornen bald mitten,
(Buttm. §. 86.) wovon §. 5. weiter zu handeln sein
wird *). Noch deutlicher, obgleich wieder anders, be-
rühren sich aber die slavischen perfectiva mit jenem
partikeleinfluß (vorr. zur serb. gramm. p. LII. LIII.).
Hier ist keine entstellung einer einzelnen partikel zum
bloßen augment, noch eine vorherschende partikel wie
unser ge-; sondern mehrere (voraus po-, do-, na-) die-
nen, die perfective bedeutung zu erheben; sie gehen auch
(wie unser be-, er-, ver-) durch alle modos, nicht durch
alle tempora, praesens (im wahren, unfuturischen sinn)
imperfect und part. praes. versagen sich ihnen. Jeder der
drei sprachstämme zeigt also eigenthümliche abweichun-
gen, ohne die übereinstimmung zu verbergen.

*) zusammenhang des augments mit der reduplication schließt
es vielleicht nicht aus, ja die letztere erinnert an das oberdeutsche
verdicken oder verdoppeln der anlautenden consonanz (s. 847.),
wiewohl im goth. das ga- neben der redupl. gilt (gastaistald) etwa
wie im griech. plusquampersect? Ulf., wenn ich nicht irre,
braucht mit gefühl sein ga- gern wo ein griech. augment oder
eine redupl. steht, vgl. vagid (saleuomenon) Luc. 7, 24. Matth. 11, 7.
gavigan (sesaleumenon) Luc. 6, 38. wenn nicht andere rücksichten
überwiegen. Es ist hier der ort nicht, solche vermuthungen weiter
zu erörtern, noch die, daß sich doch in einzelnen praesensformen
augmente nachweisen laßen dürften.

III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
ganz veralteten verbis fortgebraucht wird ſ. 850.): ge-
ſtirnt, geſinnt, geſittet, geſchlacht, ungeſchlacht, abge-
ſchmackt, gedunſen, aufgedunſen, gewogen etc. Hierher
gehören auch die beſondern bedeutungen von gelaßen,
gelegen, geſchickt, gewandt, die ſich nicht von den üb-
lichen verbis laßen, liegen, ſchicken, wenden herleiten.
Aus dieſem allen ergibt ſich nun, daß die partikeln, ohne
zum weſen der conjugation erforderlich zu ſein, einen
gewiſſen einfluß auf die praeterita ausüßen, das griech.
augment
iſt ihnen analog, und das ε- zumahl dem deut-
ſchen ge- (altengl. y-, frieſ. und weſtphäl. e-) vergleichbar.
Zwar erſtreckt ſich das ge- viel weiter und componiert über-
haupt (nomina und verba); das ε- erſcheint bloß in der
conjugation vor praeteritis (nie im praeſ. und fut., ge-
ſchweige vor nominibus) und bleibt auf den indic. be-
ſchräukt, den participien fremd, da ſich das deutſche ge-
grade auf das partic. wirft. Allein die möglichkeit das
griech. augment aus einer verdunkelten partikel zu deu-
ten wird dadurch noch nicht umgeſtoßen und wichtige
analogie tritt namentlich bei decompoſitis ein in der ſtel-
lung beider, des ge- und ε-, bald vornen bald mitten,
(Buttm. §. 86.) wovon §. 5. weiter zu handeln ſein
wird *). Noch deutlicher, obgleich wieder anders, be-
rühren ſich aber die ſlaviſchen perfectiva mit jenem
partikeleinfluß (vorr. zur ſerb. gramm. p. LII. LIII.).
Hier iſt keine entſtellung einer einzelnen partikel zum
bloßen augment, noch eine vorherſchende partikel wie
unſer ge-; ſondern mehrere (voraus po-, do-, na-) die-
nen, die perfective bedeutung zu erheben; ſie gehen auch
(wie unſer be-, er-, ver-) durch alle modos, nicht durch
alle tempora, praeſens (im wahren, unfuturiſchen ſinn)
imperfect und part. praeſ. verſagen ſich ihnen. Jeder der
drei ſprachſtämme zeigt alſo eigenthümliche abweichun-
gen, ohne die übereinſtimmung zu verbergen.

*) zuſammenhang des augments mit der reduplication ſchließt
es vielleicht nicht aus, ja die letztere erinnert an das oberdeutſche
verdicken oder verdoppeln der anlautenden conſonanz (ſ. 847.),
wiewohl im goth. das ga- neben der redupl. gilt (gaſtaiſtald) etwa
wie im griech. plusquamperſect? Ulf., wenn ich nicht irre,
braucht mit gefühl ſein ga- gern wo ein griech. augment oder
eine redupl. ſteht, vgl. vagid (σαλευόμενον) Luc. 7, 24. Matth. 11, 7.
gavigan (σεσαλευμένον) Luc. 6, 38. wenn nicht andere rückſichten
überwiegen. Es iſt hier der ort nicht, ſolche vermuthungen weiter
zu erörtern, noch die, daß ſich doch in einzelnen praeſensformen
augmente nachweiſen laßen dürften.
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[869/0887] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. ganz veralteten verbis fortgebraucht wird ſ. 850.): ge- ſtirnt, geſinnt, geſittet, geſchlacht, ungeſchlacht, abge- ſchmackt, gedunſen, aufgedunſen, gewogen etc. Hierher gehören auch die beſondern bedeutungen von gelaßen, gelegen, geſchickt, gewandt, die ſich nicht von den üb- lichen verbis laßen, liegen, ſchicken, wenden herleiten. Aus dieſem allen ergibt ſich nun, daß die partikeln, ohne zum weſen der conjugation erforderlich zu ſein, einen gewiſſen einfluß auf die praeterita ausüßen, das griech. augment iſt ihnen analog, und das ε- zumahl dem deut- ſchen ge- (altengl. y-, frieſ. und weſtphäl. e-) vergleichbar. Zwar erſtreckt ſich das ge- viel weiter und componiert über- haupt (nomina und verba); das ε- erſcheint bloß in der conjugation vor praeteritis (nie im praeſ. und fut., ge- ſchweige vor nominibus) und bleibt auf den indic. be- ſchräukt, den participien fremd, da ſich das deutſche ge- grade auf das partic. wirft. Allein die möglichkeit das griech. augment aus einer verdunkelten partikel zu deu- ten wird dadurch noch nicht umgeſtoßen und wichtige analogie tritt namentlich bei decompoſitis ein in der ſtel- lung beider, des ge- und ε-, bald vornen bald mitten, (Buttm. §. 86.) wovon §. 5. weiter zu handeln ſein wird *). Noch deutlicher, obgleich wieder anders, be- rühren ſich aber die ſlaviſchen perfectiva mit jenem partikeleinfluß (vorr. zur ſerb. gramm. p. LII. LIII.). Hier iſt keine entſtellung einer einzelnen partikel zum bloßen augment, noch eine vorherſchende partikel wie unſer ge-; ſondern mehrere (voraus po-, do-, na-) die- nen, die perfective bedeutung zu erheben; ſie gehen auch (wie unſer be-, er-, ver-) durch alle modos, nicht durch alle tempora, praeſens (im wahren, unfuturiſchen ſinn) imperfect und part. praeſ. verſagen ſich ihnen. Jeder der drei ſprachſtämme zeigt alſo eigenthümliche abweichun- gen, ohne die übereinſtimmung zu verbergen. *) zuſammenhang des augments mit der reduplication ſchließt es vielleicht nicht aus, ja die letztere erinnert an das oberdeutſche verdicken oder verdoppeln der anlautenden conſonanz (ſ. 847.), wiewohl im goth. das ga- neben der redupl. gilt (gaſtaiſtald) etwa wie im griech. plusquamperſect? Ulf., wenn ich nicht irre, braucht mit gefühl ſein ga- gern wo ein griech. augment oder eine redupl. ſteht, vgl. vagid (σαλευόμενον) Luc. 7, 24. Matth. 11, 7. gavigan (σεσαλευμένον) Luc. 6, 38. wenn nicht andere rückſichten überwiegen. Es iſt hier der ort nicht, ſolche vermuthungen weiter zu erörtern, noch die, daß ſich doch in einzelnen praeſensformen augmente nachweiſen laßen dürften.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 869. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/887>, abgerufen am 22.11.2024.