Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.III. composition. schlußbemerkungen. Der schein verschwindet aber, da es sich ebenwohl beisubst. zweiter und dritter decl. und bei adj. zeigt, z. b. thalame-polos, omphale-tomos (Lob. p. 650 ff.) anthe- phoros, akhthe-phoros, stephe-plokos, botrue-phoros, boe- nomos (Lob. 679. 680.). Was ist es also? entw. dialecti- sches schwanken des compositiousvocals zwischen -o, -a, -e (wie im ahd. zwischen -a und -o); oder dichterische freiheit, um für kurzes -o langes -a, -e zu erhalten; oder spätere verwilderung. 2) oft trifft der accent den compositionsvocal, zumahl wenn das zweite wort in pafsiver bedeutung steht, das erste im verhältnis der prae- pos. von, mit, durch gedacht werden kann, z. b. ippo- nomos (von pferden beweidet) gegenüber ippo-nomos (pferde weidend) lithobolos (stein-beworfen) litho-bolos (steinwerfend): näheres bei Buttm. kl. gramm. §. 106, 9, 3. In andern fällen schickt sich diese unterscheidung des sinnes nicht, z. b. in Rodo-kolpos steht das erste wort wie in Rodo-daktulos, in melano-komos wie in melano-komes der abweichenden betonung ungeachtet. 3) der bindelaut unterbleibt a) vor vocalischem anlaut: top-arkhes, kun- alopex, grup-alopex, pod-okes, doch nicht vor jedem, zumahl e und ei, agatho-ergos kalo-ergos, mono-eides, kuno-eides, in der contraction kann aber auch e, ou ent- springen. b) zuweilen nach n: melag-khres statt melano- khres; melam-phullos st. melanophullos (wie ahd. eim-par f. eina-par, s. 954.) g) wie im lat. bei nau-bates, nau- kleros und ähnlichen. 4) die ableitungsbuchstaben haften und namentlich weichen die reinvocalischen ableitungen -i und -u nicht: polio-eides, euruo-dines, ikhthuo-nomos, ikhthuo-phagos, eher weicht ihnen der compositionsvocal: ikhthu-phagos, euru-dines, gluku-derkes, doru-makhos, platu- phullos, takhu-poros, meli-edes, ptoli-porthos, nukti- phanes. Bemerkenswerth findet sich auch hier aimo-khares f. aimato-khares (wie sangui-suga f. sanguini-s.) *). 5) im zweiten wort ändern adj. durch die composition -us in -es: bathus, iso-bathes; barus, guio-bares; tharsus, luko-tharses; edus, meli-edes etc. (vgl. Lobeck ad Phryn. p. 534 ff.). Ebenso verhält sich phanos zum componierten -phanes und das subst. eidos zu -eides, das lat. animus zu -animis, das ahd. herza, muot zu -herzi, muoti. Wir wißen nicht, ob ein goth. adj. auf -us in der comp. zu -is werden konnte (z. b. hardus, thaursus, balva-har- *) andere beispiele dieser sogenannten genitivi imminuti hat
Lobeck 1. c. pag. 669. III. compoſition. ſchlußbemerkungen. Der ſchein verſchwindet aber, da es ſich ebenwohl beiſubſt. zweiter und dritter decl. und bei adj. zeigt, z. b. θαλαμη-πόλος, ὀμφαλη-τόμος (Lob. p. 650 ff.) ἀνθη- φόρος, ἀχθη-φόρος, στεφη-πλόκος, βοτρυη-φόρος, βοη- νόμος (Lob. 679. 680.). Was iſt es alſo? entw. dialecti- ſches ſchwanken des compoſitiousvocals zwiſchen -ο, -α, -η (wie im ahd. zwiſchen -a und -o); oder dichteriſche freiheit, um für kurzes -ο langes -α, -η zu erhalten; oder ſpätere verwilderung. 2) oft trifft der accent den compoſitionsvocal, zumahl wenn das zweite wort in pafſiver bedeutung ſteht, das erſte im verhältnis der prae- poſ. von, mit, durch gedacht werden kann, z. b. ἱππό- νομος (von pferden beweidet) gegenüber ἱππο-νόμος (pferde weidend) λιθόβολος (ſtein-beworfen) λιθο-βὀλος (ſteinwerfend): näheres bei Buttm. kl. gramm. §. 106, 9, 3. In andern fällen ſchickt ſich dieſe unterſcheidung des ſinnes nicht, z. b. in ῥοδό-κολπος ſteht das erſte wort wie in ῥοδο-δάκτυλος, in μελανό-κομος wie in μελανο-κόμης der abweichenden betonung ungeachtet. 3) der bindelaut unterbleibt α) vor vocaliſchem anlaut: τοπ-άρχης, κυν- αλώπηξ, γρυπ-αλώπηξ, ποδ-ώκης, doch nicht vor jedem, zumahl ε und ει, ἀγαθο-εργός καλο-εργός, μονο-ειδής, κυνο-ειδής, in der contraction kann aber auch η, ου ent- ſpringen. β) zuweilen nach ν: μελαγ-χρής ſtatt μελανο- χρής; μελαμ-φυλλος ſt. μελανόφυλλος (wie ahd. eim-par f. eina-par, ſ. 954.) γ) wie im lat. bei ναυ-βάτης, ναύ- κληρος und ähnlichen. 4) die ableitungsbuchſtaben haften und namentlich weichen die reinvocaliſchen ableitungen -ι und -υ nicht: πολιο-ειδής, εὐρυο-δίνης, ἰχθυο-νόμος, ἰχθυο-φάγος, eher weicht ihnen der compoſitionsvocal: ἰχθυ-φάγος, εὐρυ-δίνης, γλυκυ-δερκής, δορύ-μαχος, πλατύ- φυλλος, ταχυ-πόρος, μελι-ηδής, πτολι-πόρθος, νυκτι- φανής. Bemerkenswerth findet ſich auch hier αἱμο-χαρής f. αἱματο-χαρής (wie ſangui-ſuga f. ſanguini-ſ.) *). 5) im zweiten wort ändern adj. durch die compoſition -υς in -ης: βαθύς, ἰσο-βαθής; βαρύς, γυιο-βαρής; θαρσύς, λυκο-θαρσής; ἡδύς, μελι-ηδής etc. (vgl. Lobeck ad Phryn. p. 534 ff.). Ebenſo verhält ſich φανός zum componierten -φανής und das ſubſt. εἶδος zu -ειδής, das lat. animus zu -animis, das ahd. hërza, muot zu -hërzi, muoti. Wir wißen nicht, ob ein goth. adj. auf -us in der comp. zu -is werden konnte (z. b. hardus, þaúrſus, balva-har- *) andere beiſpiele dieſer ſogenannten genitivi imminuti hat
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III. compoſition. ſchlußbemerkungen.
Der ſchein verſchwindet aber, da es ſich ebenwohl bei
ſubſt. zweiter und dritter decl. und bei adj. zeigt, z. b.
θαλαμη-πόλος, ὀμφαλη-τόμος (Lob. p. 650 ff.) ἀνθη-
φόρος, ἀχθη-φόρος, στεφη-πλόκος, βοτρυη-φόρος, βοη-
νόμος (Lob. 679. 680.). Was iſt es alſo? entw. dialecti-
ſches ſchwanken des compoſitiousvocals zwiſchen -ο, -α,
-η (wie im ahd. zwiſchen -a und -o); oder dichteriſche
freiheit, um für kurzes -ο langes -α, -η zu erhalten;
oder ſpätere verwilderung. 2) oft trifft der accent den
compoſitionsvocal, zumahl wenn das zweite wort in
pafſiver bedeutung ſteht, das erſte im verhältnis der prae-
poſ. von, mit, durch gedacht werden kann, z. b. ἱππό-
νομος (von pferden beweidet) gegenüber ἱππο-νόμος
(pferde weidend) λιθόβολος (ſtein-beworfen) λιθο-βὀλος
(ſteinwerfend): näheres bei Buttm. kl. gramm. §. 106, 9, 3.
In andern fällen ſchickt ſich dieſe unterſcheidung des
ſinnes nicht, z. b. in ῥοδό-κολπος ſteht das erſte wort wie
in ῥοδο-δάκτυλος, in μελανό-κομος wie in μελανο-κόμης
der abweichenden betonung ungeachtet. 3) der bindelaut
unterbleibt α) vor vocaliſchem anlaut: τοπ-άρχης, κυν-
αλώπηξ, γρυπ-αλώπηξ, ποδ-ώκης, doch nicht vor jedem,
zumahl ε und ει, ἀγαθο-εργός καλο-εργός, μονο-ειδής,
κυνο-ειδής, in der contraction kann aber auch η, ου ent-
ſpringen. β) zuweilen nach ν: μελαγ-χρής ſtatt μελανο-
χρής; μελαμ-φυλλος ſt. μελανόφυλλος (wie ahd. eim-par
f. eina-par, ſ. 954.) γ) wie im lat. bei ναυ-βάτης, ναύ-
κληρος und ähnlichen. 4) die ableitungsbuchſtaben haften
und namentlich weichen die reinvocaliſchen ableitungen
-ι und -υ nicht: πολιο-ειδής, εὐρυο-δίνης, ἰχθυο-νόμος,
ἰχθυο-φάγος, eher weicht ihnen der compoſitionsvocal:
ἰχθυ-φάγος, εὐρυ-δίνης, γλυκυ-δερκής, δορύ-μαχος, πλατύ-
φυλλος, ταχυ-πόρος, μελι-ηδής, πτολι-πόρθος, νυκτι-
φανής. Bemerkenswerth findet ſich auch hier αἱμο-χαρής
f. αἱματο-χαρής (wie ſangui-ſuga f. ſanguini-ſ.) *). 5) im
zweiten wort ändern adj. durch die compoſition -υς in
-ης: βαθύς, ἰσο-βαθής; βαρύς, γυιο-βαρής; θαρσύς,
λυκο-θαρσής; ἡδύς, μελι-ηδής etc. (vgl. Lobeck ad Phryn.
p. 534 ff.). Ebenſo verhält ſich φανός zum componierten
-φανής und das ſubſt. εἶδος zu -ειδής, das lat. animus
zu -animis, das ahd. hërza, muot zu -hërzi, muoti. Wir
wißen nicht, ob ein goth. adj. auf -us in der comp. zu
-is werden konnte (z. b. hardus, þaúrſus, balva-har-
*) andere beiſpiele dieſer ſogenannten genitivi imminuti hat
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