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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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man sie eben so empfangen hat, und freut
sich daran ohne einen Grund dafür: so herr-
lich ist die Sitte, ja auch das hat diese
Poesie mit allem unvergänglichen gemein,
daß man ihr selbst gegen einen andern Wil-
len geneigt seyn muß. Leicht wird man
übrigens bemerken, daß sie nur da gehaftet,
wo überhaupt eine regere Empfänglichkeit
für Poesie oder eine noch nicht von den Ver-
kehrtheiten des Lebens ausgelöschte Phantasie
gewesen. Wir wollen in gleichem Sinn hier
die Märchen nicht rühmen, oder gar gegen
eine entgegengesetzte Meinung vertheidigen:
jenes bloße Daseyn reicht hin, sie zu schüz-
zen. Was so mannichfach und immer wie-
der von neuem erfreut, bewegt und belehrt
hat, das trägt seine Nothwendigkeit in sich,
und ist gewiß aus jener ewigen Quelle ge-
kommen, die alles Leben bethaut, und wenn
auch nur ein einziger Tropfen, den ein klei-
nes zusammenhaltendes Blatt gefaßt, doch
in dem ersten Morgenroth schimmernd.

Innerlich geht durch diese Dichtungen
dieselbe Reinheit, um derentwillen uns Kin-
der so wunderbar und seelig erscheinen; sie
haben gleichsam dieselben bläulich-weißen,

man ſie eben ſo empfangen hat, und freut
ſich daran ohne einen Grund dafuͤr: ſo herr-
lich iſt die Sitte, ja auch das hat dieſe
Poeſie mit allem unvergaͤnglichen gemein,
daß man ihr ſelbſt gegen einen andern Wil-
len geneigt ſeyn muß. Leicht wird man
uͤbrigens bemerken, daß ſie nur da gehaftet,
wo uͤberhaupt eine regere Empfaͤnglichkeit
fuͤr Poeſie oder eine noch nicht von den Ver-
kehrtheiten des Lebens ausgeloͤſchte Phantaſie
geweſen. Wir wollen in gleichem Sinn hier
die Maͤrchen nicht ruͤhmen, oder gar gegen
eine entgegengeſetzte Meinung vertheidigen:
jenes bloße Daſeyn reicht hin, ſie zu ſchuͤz-
zen. Was ſo mannichfach und immer wie-
der von neuem erfreut, bewegt und belehrt
hat, das traͤgt ſeine Nothwendigkeit in ſich,
und iſt gewiß aus jener ewigen Quelle ge-
kommen, die alles Leben bethaut, und wenn
auch nur ein einziger Tropfen, den ein klei-
nes zuſammenhaltendes Blatt gefaßt, doch
in dem erſten Morgenroth ſchimmernd.

Innerlich geht durch dieſe Dichtungen
dieſelbe Reinheit, um derentwillen uns Kin-
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[VIII/0014] man ſie eben ſo empfangen hat, und freut ſich daran ohne einen Grund dafuͤr: ſo herr- lich iſt die Sitte, ja auch das hat dieſe Poeſie mit allem unvergaͤnglichen gemein, daß man ihr ſelbſt gegen einen andern Wil- len geneigt ſeyn muß. Leicht wird man uͤbrigens bemerken, daß ſie nur da gehaftet, wo uͤberhaupt eine regere Empfaͤnglichkeit fuͤr Poeſie oder eine noch nicht von den Ver- kehrtheiten des Lebens ausgeloͤſchte Phantaſie geweſen. Wir wollen in gleichem Sinn hier die Maͤrchen nicht ruͤhmen, oder gar gegen eine entgegengeſetzte Meinung vertheidigen: jenes bloße Daſeyn reicht hin, ſie zu ſchuͤz- zen. Was ſo mannichfach und immer wie- der von neuem erfreut, bewegt und belehrt hat, das traͤgt ſeine Nothwendigkeit in ſich, und iſt gewiß aus jener ewigen Quelle ge- kommen, die alles Leben bethaut, und wenn auch nur ein einziger Tropfen, den ein klei- nes zuſammenhaltendes Blatt gefaßt, doch in dem erſten Morgenroth ſchimmernd. Innerlich geht durch dieſe Dichtungen dieſelbe Reinheit, um derentwillen uns Kin- der ſo wunderbar und ſeelig erſcheinen; ſie haben gleichſam dieſelben blaͤulich-weißen,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/14>, abgerufen am 21.11.2024.