setzlich in den Haaren!" -- "Ach! lieber Mann, ich stand vor einem großen Marktbrun- nen, die Leute jammerten weil kein Wasser darin war, und fragten mich, ob ich keine Hül- fe wisse, da guckte ich hinein, er war so tief, daß mir schwindlicht wurde, ich wollte mich hal- ten und da bin ich dir in die Haare gerathen." -- "Du hättest nur sagen sollen, sie müßten den weißen Stein herausholen, der unten liegt, aber laß mich mit deinen Träumen in Ruh." Er legte sich wieder und schnarchte bald so ab- scheulich wie vorher. Die Frau gedacht: du mußt es noch einmal wagen, und riß auch das dritte Goldhaar heraus und warfs hinunter. Der Teufel fuhr in die Höh und wollte übel wirthschaften, die Frau aber besänftigte ihn, küßte ihn und sagte: "das sind böse Träume! Ein Mann zeigte mir einen Feigenbaum, der verdorren wollte und klagte, daß er keine Früch- te trage, da wollte ich an dem Baum schütteln, ob wohl noch etwas herabfalle, und da habe ich deine Haare geschüttelt." -- "Das wäre auch umsonst gewesen, an der Wurzel nagt ei- ne Maus, wenn die nicht getödtet wird, so ist der Baum verloren, ist die erst todt, dann wird er schon wieder frisch werden, und Früchte tra- gen; aber plag mich nicht mehr mit deinen Träumen, ich will schlafen, und wenn du mich noch einmal aufweckst, so kriegst du eine Ohr-
ſetzlich in den Haaren!“ — „Ach! lieber Mann, ich ſtand vor einem großen Marktbrun- nen, die Leute jammerten weil kein Waſſer darin war, und fragten mich, ob ich keine Huͤl- fe wiſſe, da guckte ich hinein, er war ſo tief, daß mir ſchwindlicht wurde, ich wollte mich hal- ten und da bin ich dir in die Haare gerathen.“ — „Du haͤtteſt nur ſagen ſollen, ſie muͤßten den weißen Stein herausholen, der unten liegt, aber laß mich mit deinen Traͤumen in Ruh.“ Er legte ſich wieder und ſchnarchte bald ſo ab- ſcheulich wie vorher. Die Frau gedacht: du mußt es noch einmal wagen, und riß auch das dritte Goldhaar heraus und warfs hinunter. Der Teufel fuhr in die Hoͤh und wollte uͤbel wirthſchaften, die Frau aber beſaͤnftigte ihn, kuͤßte ihn und ſagte: „das ſind boͤſe Traͤume! Ein Mann zeigte mir einen Feigenbaum, der verdorren wollte und klagte, daß er keine Fruͤch- te trage, da wollte ich an dem Baum ſchuͤtteln, ob wohl noch etwas herabfalle, und da habe ich deine Haare geſchuͤttelt.“ — „Das waͤre auch umſonſt geweſen, an der Wurzel nagt ei- ne Maus, wenn die nicht getoͤdtet wird, ſo iſt der Baum verloren, iſt die erſt todt, dann wird er ſchon wieder friſch werden, und Fruͤchte tra- gen; aber plag mich nicht mehr mit deinen Traͤumen, ich will ſchlafen, und wenn du mich noch einmal aufweckſt, ſo kriegſt du eine Ohr-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0160"n="126"/>ſetzlich in den Haaren!“—„Ach! lieber<lb/>
Mann, ich ſtand vor einem großen Marktbrun-<lb/>
nen, die Leute jammerten weil kein Waſſer<lb/>
darin war, und fragten mich, ob ich keine Huͤl-<lb/>
fe wiſſe, da guckte ich hinein, er war ſo tief,<lb/>
daß mir ſchwindlicht wurde, ich wollte mich hal-<lb/>
ten und da bin ich dir in die Haare gerathen.“<lb/>—„Du haͤtteſt nur ſagen ſollen, ſie muͤßten<lb/>
den weißen Stein herausholen, der unten liegt,<lb/>
aber laß mich mit deinen Traͤumen in Ruh.“<lb/>
Er legte ſich wieder und ſchnarchte bald ſo ab-<lb/>ſcheulich wie vorher. Die Frau gedacht: du<lb/>
mußt es noch einmal wagen, und riß auch das<lb/>
dritte Goldhaar heraus und warfs hinunter.<lb/>
Der Teufel fuhr in die Hoͤh und wollte uͤbel<lb/>
wirthſchaften, die Frau aber beſaͤnftigte ihn,<lb/>
kuͤßte ihn und ſagte: „das ſind boͤſe Traͤume!<lb/>
Ein Mann zeigte mir einen Feigenbaum, der<lb/>
verdorren wollte und klagte, daß er keine Fruͤch-<lb/>
te trage, da wollte ich an dem Baum ſchuͤtteln,<lb/>
ob wohl noch etwas herabfalle, und da habe<lb/>
ich deine Haare geſchuͤttelt.“—„Das waͤre<lb/>
auch umſonſt geweſen, an der Wurzel nagt ei-<lb/>
ne Maus, wenn die nicht getoͤdtet wird, ſo iſt<lb/>
der Baum verloren, iſt die erſt todt, dann wird<lb/>
er ſchon wieder friſch werden, und Fruͤchte tra-<lb/>
gen; aber plag mich nicht mehr mit deinen<lb/>
Traͤumen, ich will ſchlafen, und wenn du mich<lb/>
noch einmal aufweckſt, ſo kriegſt du eine Ohr-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[126/0160]
ſetzlich in den Haaren!“ — „Ach! lieber
Mann, ich ſtand vor einem großen Marktbrun-
nen, die Leute jammerten weil kein Waſſer
darin war, und fragten mich, ob ich keine Huͤl-
fe wiſſe, da guckte ich hinein, er war ſo tief,
daß mir ſchwindlicht wurde, ich wollte mich hal-
ten und da bin ich dir in die Haare gerathen.“
— „Du haͤtteſt nur ſagen ſollen, ſie muͤßten
den weißen Stein herausholen, der unten liegt,
aber laß mich mit deinen Traͤumen in Ruh.“
Er legte ſich wieder und ſchnarchte bald ſo ab-
ſcheulich wie vorher. Die Frau gedacht: du
mußt es noch einmal wagen, und riß auch das
dritte Goldhaar heraus und warfs hinunter.
Der Teufel fuhr in die Hoͤh und wollte uͤbel
wirthſchaften, die Frau aber beſaͤnftigte ihn,
kuͤßte ihn und ſagte: „das ſind boͤſe Traͤume!
Ein Mann zeigte mir einen Feigenbaum, der
verdorren wollte und klagte, daß er keine Fruͤch-
te trage, da wollte ich an dem Baum ſchuͤtteln,
ob wohl noch etwas herabfalle, und da habe
ich deine Haare geſchuͤttelt.“ — „Das waͤre
auch umſonſt geweſen, an der Wurzel nagt ei-
ne Maus, wenn die nicht getoͤdtet wird, ſo iſt
der Baum verloren, iſt die erſt todt, dann wird
er ſchon wieder friſch werden, und Fruͤchte tra-
gen; aber plag mich nicht mehr mit deinen
Traͤumen, ich will ſchlafen, und wenn du mich
noch einmal aufweckſt, ſo kriegſt du eine Ohr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/160>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.