Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Nußschale, diente ihm lange Zeit treu-
lich, zuletzt aber ließ er sich auch verleiten, ging
in das Haus, machte sich lustig, tanzte und
verlor die Heerde. Da mußte er seinen Ab-
schied nehmen, der Herr aber schenkte ihm ei-
nen Esel, wenn er zu dem sprach: "rüttel und
schüttel dich, wirf Gold hinter dich und vor
dich" da regnete es Gold von allen Seiten.
Der Schneider ging vergnügt nach Haus, im
Wirthshaus aber vertauschte ihm der Wirth
den Esel mit einem gemeinen und wie er nach
Haus kam und seinen Vater reicher machen
wollte, wars vorbei und er um sein Glück
gebracht.

Endlich ward der dritte Sohn mit der Aus-
stattung in die Welt geschickt und der versprachs
besser zu machen. Er diente dem Herrn in der
Nußschale getreulich, und damit er nicht in das
gefährliche Haus gerathe, verstopfte er sich die
Ohren mit Baumwolle und als das Jahr her-
um war, überlieferte er ihm die ganze Heerde,
und kein Stück fehlte. Da sagte der Herr:
"ich muß dich besonders belohnen, da hast du
einen Ranzen darin steckt ein Knüppel, und so-
bald du sprichst: Knüppel aus dem Ranzen, so
springt er heraus und weht die Leute durch und
durch." Der Schneider machte sich damit auf
den Heimweg und kehrte bei dem Wirth ein,
der seinen beiden Brüdern ihre Geschenke abge-

in der Nußſchale, diente ihm lange Zeit treu-
lich, zuletzt aber ließ er ſich auch verleiten, ging
in das Haus, machte ſich luſtig, tanzte und
verlor die Heerde. Da mußte er ſeinen Ab-
ſchied nehmen, der Herr aber ſchenkte ihm ei-
nen Eſel, wenn er zu dem ſprach: „ruͤttel und
ſchuͤttel dich, wirf Gold hinter dich und vor
dich“ da regnete es Gold von allen Seiten.
Der Schneider ging vergnuͤgt nach Haus, im
Wirthshaus aber vertauſchte ihm der Wirth
den Eſel mit einem gemeinen und wie er nach
Haus kam und ſeinen Vater reicher machen
wollte, wars vorbei und er um ſein Gluͤck
gebracht.

Endlich ward der dritte Sohn mit der Aus-
ſtattung in die Welt geſchickt und der verſprachs
beſſer zu machen. Er diente dem Herrn in der
Nußſchale getreulich, und damit er nicht in das
gefaͤhrliche Haus gerathe, verſtopfte er ſich die
Ohren mit Baumwolle und als das Jahr her-
um war, uͤberlieferte er ihm die ganze Heerde,
und kein Stuͤck fehlte. Da ſagte der Herr:
„ich muß dich beſonders belohnen, da haſt du
einen Ranzen darin ſteckt ein Knuͤppel, und ſo-
bald du ſprichſt: Knuͤppel aus dem Ranzen, ſo
ſpringt er heraus und weht die Leute durch und
durch.“ Der Schneider machte ſich damit auf
den Heimweg und kehrte bei dem Wirth ein,
der ſeinen beiden Bruͤdern ihre Geſchenke abge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="170"/>
in der Nuß&#x017F;chale, diente ihm lange Zeit treu-<lb/>
lich, zuletzt aber ließ er &#x017F;ich auch verleiten, ging<lb/>
in das Haus, machte &#x017F;ich lu&#x017F;tig, tanzte und<lb/>
verlor die Heerde. Da mußte er &#x017F;einen Ab-<lb/>
&#x017F;chied nehmen, der Herr aber &#x017F;chenkte ihm ei-<lb/>
nen E&#x017F;el, wenn er zu dem &#x017F;prach: &#x201E;ru&#x0364;ttel und<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;ttel dich, wirf Gold hinter dich und vor<lb/>
dich&#x201C; da regnete es Gold von allen Seiten.<lb/>
Der Schneider ging vergnu&#x0364;gt nach Haus, im<lb/>
Wirthshaus aber vertau&#x017F;chte ihm der Wirth<lb/>
den E&#x017F;el mit einem gemeinen und wie er nach<lb/>
Haus kam und &#x017F;einen Vater reicher machen<lb/>
wollte, wars vorbei und er um &#x017F;ein Glu&#x0364;ck<lb/>
gebracht.</p><lb/>
          <p>Endlich ward der dritte Sohn mit der Aus-<lb/>
&#x017F;tattung in die Welt ge&#x017F;chickt und der ver&#x017F;prachs<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er zu machen. Er diente dem Herrn in der<lb/>
Nuß&#x017F;chale getreulich, und damit er nicht in das<lb/>
gefa&#x0364;hrliche Haus gerathe, ver&#x017F;topfte er &#x017F;ich die<lb/>
Ohren mit Baumwolle und als das Jahr her-<lb/>
um war, u&#x0364;berlieferte er ihm die ganze Heerde,<lb/>
und kein Stu&#x0364;ck fehlte. Da &#x017F;agte der Herr:<lb/>
&#x201E;ich muß dich be&#x017F;onders belohnen, da ha&#x017F;t du<lb/>
einen Ranzen darin &#x017F;teckt ein Knu&#x0364;ppel, und &#x017F;o-<lb/>
bald du &#x017F;prich&#x017F;t: Knu&#x0364;ppel aus dem Ranzen, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;pringt er heraus und weht die Leute durch und<lb/>
durch.&#x201C; Der Schneider machte &#x017F;ich damit auf<lb/>
den Heimweg und kehrte bei dem Wirth ein,<lb/>
der &#x017F;einen beiden Bru&#x0364;dern ihre Ge&#x017F;chenke abge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0204] in der Nußſchale, diente ihm lange Zeit treu- lich, zuletzt aber ließ er ſich auch verleiten, ging in das Haus, machte ſich luſtig, tanzte und verlor die Heerde. Da mußte er ſeinen Ab- ſchied nehmen, der Herr aber ſchenkte ihm ei- nen Eſel, wenn er zu dem ſprach: „ruͤttel und ſchuͤttel dich, wirf Gold hinter dich und vor dich“ da regnete es Gold von allen Seiten. Der Schneider ging vergnuͤgt nach Haus, im Wirthshaus aber vertauſchte ihm der Wirth den Eſel mit einem gemeinen und wie er nach Haus kam und ſeinen Vater reicher machen wollte, wars vorbei und er um ſein Gluͤck gebracht. Endlich ward der dritte Sohn mit der Aus- ſtattung in die Welt geſchickt und der verſprachs beſſer zu machen. Er diente dem Herrn in der Nußſchale getreulich, und damit er nicht in das gefaͤhrliche Haus gerathe, verſtopfte er ſich die Ohren mit Baumwolle und als das Jahr her- um war, uͤberlieferte er ihm die ganze Heerde, und kein Stuͤck fehlte. Da ſagte der Herr: „ich muß dich beſonders belohnen, da haſt du einen Ranzen darin ſteckt ein Knuͤppel, und ſo- bald du ſprichſt: Knuͤppel aus dem Ranzen, ſo ſpringt er heraus und weht die Leute durch und durch.“ Der Schneider machte ſich damit auf den Heimweg und kehrte bei dem Wirth ein, der ſeinen beiden Bruͤdern ihre Geſchenke abge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/204
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/204>, abgerufen am 21.11.2024.