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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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sagte ja, aber er müßte erst einen Korb voll
Gold ihren Eltern auf dem Rücken hintragen,
dieweil wollte sie die Hochzeit bestellen. Dar-
nach sagte sie zu ihren Schwestern, sie sollten
ihr nur Hülfe von daheim kommen lassen, setz-
te sie in einen Korb und deckte ihn ganz mit
Gold zu: "den trag nun fort, aber untersteh
dich nicht unterwegs zu ruhen, denn ich sehs
hier durch mein Bretchen, wenn dus thust."
Er nahm den Korb auf den Rücken und ging
fort, der ward ihm aber so schwer, daß er ihn
fast todt drückte, da wollte er ein wenig ruhen,
aber gleich rief eine im Korb: "ich seh durch
mein Bretchen, daß du ruhst, willst du gleich
weiter!" Da meinte er seine Braut rief, mach-
te sich wieder auf, und so oft er ruhen wollte,
rief es wieder, und da mußte er weiter. Die
Braut aber daheim nahm einen Todtenkopf,
thät ihm einen Schmuck auf, und setzte ihn
oben vors Bodenloch; dann lud sie die Freunde
des Hexenmeisters zu der Hochzeit ein, und wie
das geschehen war, steckte sie sich in ein Faß
mit Honig, schnitt das Bett auf und wälzte
sich in den Federn, daß sie niemand erkennen
konnte, so wunderlich sah sie aus und damit
ging sie hinaus auf den Weg. Bald begegne-
te ihr ein Theil der Gäste, die fragten sie:

"Du Fitchers Vogel! wo kommst du her!" --
"Ich komm von Fitze Fitchers Hause her." --

ſagte ja, aber er muͤßte erſt einen Korb voll
Gold ihren Eltern auf dem Ruͤcken hintragen,
dieweil wollte ſie die Hochzeit beſtellen. Dar-
nach ſagte ſie zu ihren Schweſtern, ſie ſollten
ihr nur Huͤlfe von daheim kommen laſſen, ſetz-
te ſie in einen Korb und deckte ihn ganz mit
Gold zu: „den trag nun fort, aber unterſteh
dich nicht unterwegs zu ruhen, denn ich ſehs
hier durch mein Bretchen, wenn dus thuſt.“
Er nahm den Korb auf den Ruͤcken und ging
fort, der ward ihm aber ſo ſchwer, daß er ihn
faſt todt druͤckte, da wollte er ein wenig ruhen,
aber gleich rief eine im Korb: „ich ſeh durch
mein Bretchen, daß du ruhſt, willſt du gleich
weiter!“ Da meinte er ſeine Braut rief, mach-
te ſich wieder auf, und ſo oft er ruhen wollte,
rief es wieder, und da mußte er weiter. Die
Braut aber daheim nahm einen Todtenkopf,
thaͤt ihm einen Schmuck auf, und ſetzte ihn
oben vors Bodenloch; dann lud ſie die Freunde
des Hexenmeiſters zu der Hochzeit ein, und wie
das geſchehen war, ſteckte ſie ſich in ein Faß
mit Honig, ſchnitt das Bett auf und waͤlzte
ſich in den Federn, daß ſie niemand erkennen
konnte, ſo wunderlich ſah ſie aus und damit
ging ſie hinaus auf den Weg. Bald begegne-
te ihr ein Theil der Gaͤſte, die fragten ſie:

„Du Fitchers Vogel! wo kommſt du her!“ —
„Ich komm von Fitze Fitchers Hauſe her.“ —

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[202/0236] ſagte ja, aber er muͤßte erſt einen Korb voll Gold ihren Eltern auf dem Ruͤcken hintragen, dieweil wollte ſie die Hochzeit beſtellen. Dar- nach ſagte ſie zu ihren Schweſtern, ſie ſollten ihr nur Huͤlfe von daheim kommen laſſen, ſetz- te ſie in einen Korb und deckte ihn ganz mit Gold zu: „den trag nun fort, aber unterſteh dich nicht unterwegs zu ruhen, denn ich ſehs hier durch mein Bretchen, wenn dus thuſt.“ Er nahm den Korb auf den Ruͤcken und ging fort, der ward ihm aber ſo ſchwer, daß er ihn faſt todt druͤckte, da wollte er ein wenig ruhen, aber gleich rief eine im Korb: „ich ſeh durch mein Bretchen, daß du ruhſt, willſt du gleich weiter!“ Da meinte er ſeine Braut rief, mach- te ſich wieder auf, und ſo oft er ruhen wollte, rief es wieder, und da mußte er weiter. Die Braut aber daheim nahm einen Todtenkopf, thaͤt ihm einen Schmuck auf, und ſetzte ihn oben vors Bodenloch; dann lud ſie die Freunde des Hexenmeiſters zu der Hochzeit ein, und wie das geſchehen war, ſteckte ſie ſich in ein Faß mit Honig, ſchnitt das Bett auf und waͤlzte ſich in den Federn, daß ſie niemand erkennen konnte, ſo wunderlich ſah ſie aus und damit ging ſie hinaus auf den Weg. Bald begegne- te ihr ein Theil der Gaͤſte, die fragten ſie: „Du Fitchers Vogel! wo kommſt du her!“ — „Ich komm von Fitze Fitchers Hauſe her.“ —

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/236>, abgerufen am 21.11.2024.