Es war einmal ein König, der schickte sei- ne drei Söhne in die Welt, und welcher von ihnen das feinste Linnengarn mitbrächte, der sollte nach seinem Tode das Reich haben. Und damit sie wüßten, wo hinaus sie zögen, stellte er sich vor sein Schloß und blies drei Federn in die Luft, nach deren Flug sollten sie sich richten. Die eine flog nach Westen, der folgte der älteste, die andere nach Osten, der folgte der zweite, die dritte aber fiel auf einen Stein, nicht weit von dem Pallast, da mußte der drit- te Prinz, der Dummling zurück bleiben, und die andern lachten ihn aus und sagten: er soll- te bei dem Stein das Linnengarn aufsuchen. Der Dummling aber setzte sich auf den Stein und weinte, und wie er so hin und her wank- te, schob sich der Stein fort, und darunter lag eine Marmorplatte mit einem Ring. Der Dummling hob sie auf, und da war eine Trep- pe, die führte hinunter, darauf ging er fort und kam in ein unterirdisches Gewölbe, da saß ein Mädchen und spann Flachs. Es fragte ihn, warum er so verweinte Augen hätte, da klagte er ihm sein Leid, daß er das feinste Linnen su- chen solle, und doch nicht darnach ausziehen dürfe, da haspelte ihm das Mädchen sein Garn
III. Die drei Federn.
Es war einmal ein Koͤnig, der ſchickte ſei- ne drei Soͤhne in die Welt, und welcher von ihnen das feinſte Linnengarn mitbraͤchte, der ſollte nach ſeinem Tode das Reich haben. Und damit ſie wuͤßten, wo hinaus ſie zoͤgen, ſtellte er ſich vor ſein Schloß und blies drei Federn in die Luft, nach deren Flug ſollten ſie ſich richten. Die eine flog nach Weſten, der folgte der aͤlteſte, die andere nach Oſten, der folgte der zweite, die dritte aber fiel auf einen Stein, nicht weit von dem Pallaſt, da mußte der drit- te Prinz, der Dummling zuruͤck bleiben, und die andern lachten ihn aus und ſagten: er ſoll- te bei dem Stein das Linnengarn aufſuchen. Der Dummling aber ſetzte ſich auf den Stein und weinte, und wie er ſo hin und her wank- te, ſchob ſich der Stein fort, und darunter lag eine Marmorplatte mit einem Ring. Der Dummling hob ſie auf, und da war eine Trep- pe, die fuͤhrte hinunter, darauf ging er fort und kam in ein unterirdiſches Gewoͤlbe, da ſaß ein Maͤdchen und ſpann Flachs. Es fragte ihn, warum er ſo verweinte Augen haͤtte, da klagte er ihm ſein Leid, daß er das feinſte Linnen ſu- chen ſolle, und doch nicht darnach ausziehen duͤrfe, da haspelte ihm das Maͤdchen ſein Garn
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III.
Die drei Federn.
Es war einmal ein Koͤnig, der ſchickte ſei-
ne drei Soͤhne in die Welt, und welcher von
ihnen das feinſte Linnengarn mitbraͤchte, der
ſollte nach ſeinem Tode das Reich haben. Und
damit ſie wuͤßten, wo hinaus ſie zoͤgen, ſtellte
er ſich vor ſein Schloß und blies drei Federn
in die Luft, nach deren Flug ſollten ſie ſich
richten. Die eine flog nach Weſten, der folgte
der aͤlteſte, die andere nach Oſten, der folgte
der zweite, die dritte aber fiel auf einen Stein,
nicht weit von dem Pallaſt, da mußte der drit-
te Prinz, der Dummling zuruͤck bleiben, und
die andern lachten ihn aus und ſagten: er ſoll-
te bei dem Stein das Linnengarn aufſuchen.
Der Dummling aber ſetzte ſich auf den Stein
und weinte, und wie er ſo hin und her wank-
te, ſchob ſich der Stein fort, und darunter lag
eine Marmorplatte mit einem Ring. Der
Dummling hob ſie auf, und da war eine Trep-
pe, die fuͤhrte hinunter, darauf ging er fort
und kam in ein unterirdiſches Gewoͤlbe, da ſaß
ein Maͤdchen und ſpann Flachs. Es fragte ihn,
warum er ſo verweinte Augen haͤtte, da klagte
er ihm ſein Leid, daß er das feinſte Linnen ſu-
chen ſolle, und doch nicht darnach ausziehen
duͤrfe, da haspelte ihm das Maͤdchen ſein Garn
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/334>, abgerufen am 24.11.2024.
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