Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

mir nur was rechtes auf." Der König sagte:
"ich habe ein Viertel Mohnsamen säen lassen,
kannst du mir denselben wieder herbei schaffen,
daß kein Korn fehlt, so sollst du die Prinzessin
für deinen Herrn haben. Hoho! dachte Fix und
Fertig, das ist ein geringes für mich. Nahm
darauf ein Maaß, Sack und schneeweiße Tücher,
ging hinaus, und die letztern breitete er neben
das besäte Feld hin. Gar nicht lange, da ka-
men die Vögel, die im Walde bei ihrem Sin-
gen nicht waren verstört worden, und lasen den
Samen, Körnchen für Körnchen auf und trugen
ihn auf die weißen Tücher. Als sie alles auf-
gelesen hatten, schüttete es Fix und Fertig zu-
sammen in den Sack, nahm das Maaß unter
den Arm, ging zu dem König und maaß ihm
seinen ausgesäten Samen wieder zu, gedachte nun
die Prinzessin wäre schon sein -- aber gefehlt:
"noch eins, mein Sohn, sagte der König, meine
Tochter hat einstmals ihren goldnen Ring ver-
loren, denselben mußt du mir erst wiederschaffen,
eh du sie bekommen kannst." Fix und Fertig
machte sich keine Sorgen: "lassen Ew. Majestät
mir nur das Wasser und die Brücke zeigen, wo
der Ring verloren worden, so soll er bald her-
beigeschafft seyn." Als er hingebracht war, sah
er hinab, da schwamm der Fisch herzu, den er
auf seiner Reise in den Fluß gesetzt hatte, streck-
te den Kopf in die Höhe und sagte: "wart ei-

mir nur was rechtes auf.“ Der Koͤnig ſagte:
„ich habe ein Viertel Mohnſamen ſaͤen laſſen,
kannſt du mir denſelben wieder herbei ſchaffen,
daß kein Korn fehlt, ſo ſollſt du die Prinzeſſin
fuͤr deinen Herrn haben. Hoho! dachte Fix und
Fertig, das iſt ein geringes fuͤr mich. Nahm
darauf ein Maaß, Sack und ſchneeweiße Tuͤcher,
ging hinaus, und die letztern breitete er neben
das beſaͤte Feld hin. Gar nicht lange, da ka-
men die Voͤgel, die im Walde bei ihrem Sin-
gen nicht waren verſtoͤrt worden, und laſen den
Samen, Koͤrnchen fuͤr Koͤrnchen auf und trugen
ihn auf die weißen Tuͤcher. Als ſie alles auf-
geleſen hatten, ſchuͤttete es Fix und Fertig zu-
ſammen in den Sack, nahm das Maaß unter
den Arm, ging zu dem Koͤnig und maaß ihm
ſeinen ausgeſaͤten Samen wieder zu, gedachte nun
die Prinzeſſin waͤre ſchon ſein — aber gefehlt:
„noch eins, mein Sohn, ſagte der Koͤnig, meine
Tochter hat einſtmals ihren goldnen Ring ver-
loren, denſelben mußt du mir erſt wiederſchaffen,
eh du ſie bekommen kannſt.“ Fix und Fertig
machte ſich keine Sorgen: „laſſen Ew. Majeſtaͤt
mir nur das Waſſer und die Bruͤcke zeigen, wo
der Ring verloren worden, ſo ſoll er bald her-
beigeſchafft ſeyn.“ Als er hingebracht war, ſah
er hinab, da ſchwamm der Fiſch herzu, den er
auf ſeiner Reiſe in den Fluß geſetzt hatte, ſtreck-
te den Kopf in die Hoͤhe und ſagte: „wart ei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="61"/>
mir nur was rechtes auf.&#x201C; Der Ko&#x0364;nig &#x017F;agte:<lb/>
&#x201E;ich habe ein Viertel Mohn&#x017F;amen &#x017F;a&#x0364;en la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
kann&#x017F;t du mir den&#x017F;elben wieder herbei &#x017F;chaffen,<lb/>
daß kein Korn fehlt, &#x017F;o &#x017F;oll&#x017F;t du die Prinze&#x017F;&#x017F;in<lb/>
fu&#x0364;r deinen Herrn haben. Hoho! dachte Fix und<lb/>
Fertig, das i&#x017F;t ein geringes fu&#x0364;r mich. Nahm<lb/>
darauf ein Maaß, Sack und &#x017F;chneeweiße Tu&#x0364;cher,<lb/>
ging hinaus, und die letztern breitete er neben<lb/>
das be&#x017F;a&#x0364;te Feld hin. Gar nicht lange, da ka-<lb/>
men die Vo&#x0364;gel, die im Walde bei ihrem Sin-<lb/>
gen nicht waren ver&#x017F;to&#x0364;rt worden, und la&#x017F;en den<lb/>
Samen, Ko&#x0364;rnchen fu&#x0364;r Ko&#x0364;rnchen auf und trugen<lb/>
ihn auf die weißen Tu&#x0364;cher. Als &#x017F;ie alles auf-<lb/>
gele&#x017F;en hatten, &#x017F;chu&#x0364;ttete es Fix und Fertig zu-<lb/>
&#x017F;ammen in den Sack, nahm das Maaß unter<lb/>
den Arm, ging zu dem Ko&#x0364;nig und maaß ihm<lb/>
&#x017F;einen ausge&#x017F;a&#x0364;ten Samen wieder zu, gedachte nun<lb/>
die Prinze&#x017F;&#x017F;in wa&#x0364;re &#x017F;chon &#x017F;ein &#x2014; aber gefehlt:<lb/>
&#x201E;noch eins, mein Sohn, &#x017F;agte der Ko&#x0364;nig, meine<lb/>
Tochter hat ein&#x017F;tmals ihren goldnen Ring ver-<lb/>
loren, den&#x017F;elben mußt du mir er&#x017F;t wieder&#x017F;chaffen,<lb/>
eh du &#x017F;ie bekommen kann&#x017F;t.&#x201C; Fix und Fertig<lb/>
machte &#x017F;ich keine Sorgen: &#x201E;la&#x017F;&#x017F;en Ew. Maje&#x017F;ta&#x0364;t<lb/>
mir nur das Wa&#x017F;&#x017F;er und die Bru&#x0364;cke zeigen, wo<lb/>
der Ring verloren worden, &#x017F;o &#x017F;oll er bald her-<lb/>
beige&#x017F;chafft &#x017F;eyn.&#x201C; Als er hingebracht war, &#x017F;ah<lb/>
er hinab, da &#x017F;chwamm der Fi&#x017F;ch herzu, den er<lb/>
auf &#x017F;einer Rei&#x017F;e in den Fluß ge&#x017F;etzt hatte, &#x017F;treck-<lb/>
te den Kopf in die Ho&#x0364;he und &#x017F;agte: &#x201E;wart ei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0095] mir nur was rechtes auf.“ Der Koͤnig ſagte: „ich habe ein Viertel Mohnſamen ſaͤen laſſen, kannſt du mir denſelben wieder herbei ſchaffen, daß kein Korn fehlt, ſo ſollſt du die Prinzeſſin fuͤr deinen Herrn haben. Hoho! dachte Fix und Fertig, das iſt ein geringes fuͤr mich. Nahm darauf ein Maaß, Sack und ſchneeweiße Tuͤcher, ging hinaus, und die letztern breitete er neben das beſaͤte Feld hin. Gar nicht lange, da ka- men die Voͤgel, die im Walde bei ihrem Sin- gen nicht waren verſtoͤrt worden, und laſen den Samen, Koͤrnchen fuͤr Koͤrnchen auf und trugen ihn auf die weißen Tuͤcher. Als ſie alles auf- geleſen hatten, ſchuͤttete es Fix und Fertig zu- ſammen in den Sack, nahm das Maaß unter den Arm, ging zu dem Koͤnig und maaß ihm ſeinen ausgeſaͤten Samen wieder zu, gedachte nun die Prinzeſſin waͤre ſchon ſein — aber gefehlt: „noch eins, mein Sohn, ſagte der Koͤnig, meine Tochter hat einſtmals ihren goldnen Ring ver- loren, denſelben mußt du mir erſt wiederſchaffen, eh du ſie bekommen kannſt.“ Fix und Fertig machte ſich keine Sorgen: „laſſen Ew. Majeſtaͤt mir nur das Waſſer und die Bruͤcke zeigen, wo der Ring verloren worden, ſo ſoll er bald her- beigeſchafft ſeyn.“ Als er hingebracht war, ſah er hinab, da ſchwamm der Fiſch herzu, den er auf ſeiner Reiſe in den Fluß geſetzt hatte, ſtreck- te den Kopf in die Hoͤhe und ſagte: „wart ei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/95
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/95>, abgerufen am 21.11.2024.