Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

und vor der Thüre steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen, und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungethüm, das hat mit einer Holzkeule auf mich los geschlagen, und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: "bringt mir den Schelm her!" Da machte ich, daß ich fortkam. Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus, den vier Bremer Musikanten gefiels aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten und der das zuletzt erzählt hat, dem ist der Mund noch warm.

28.
Der singende Knochen.

Jn einem großen Wald lief ein mächtiges Wildschwein herum, das die Aecker umwühlte, das Vieh tödtete und den Menschen mit seinen Hauern den Leib aufriß, also daß sich niemand mehr in die Nähe des Waldes wagte und es zu einer Plage für das ganze Land ward. Der König bot auf was er konnte, aber noch jeder, der es einfangen oder tödten wollte, war schlimm weggekommen, so daß niemand kühn genug war, das Wagniß zu übernehmen. Endlich ließ der König bekannt machen, wer das Wildschwein erlege, solle seine einzige Tochter zur Gemahlin haben.

Nun waren zwei Brüder im Reich, Söhne eines armen Mannes, die meldeten sich dazu: der älteste, der listig und klug war, aus Hochmuth; der jüngste, der unschuldig und dumm war, aus

und vor der Thuͤre steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen, und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungethuͤm, das hat mit einer Holzkeule auf mich los geschlagen, und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: „bringt mir den Schelm her!“ Da machte ich, daß ich fortkam. Von nun an getrauten sich die Raͤuber nicht weiter in das Haus, den vier Bremer Musikanten gefiels aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten und der das zuletzt erzaͤhlt hat, dem ist der Mund noch warm.

28.
Der singende Knochen.

Jn einem großen Wald lief ein maͤchtiges Wildschwein herum, das die Aecker umwuͤhlte, das Vieh toͤdtete und den Menschen mit seinen Hauern den Leib aufriß, also daß sich niemand mehr in die Naͤhe des Waldes wagte und es zu einer Plage fuͤr das ganze Land ward. Der Koͤnig bot auf was er konnte, aber noch jeder, der es einfangen oder toͤdten wollte, war schlimm weggekommen, so daß niemand kuͤhn genug war, das Wagniß zu uͤbernehmen. Endlich ließ der Koͤnig bekannt machen, wer das Wildschwein erlege, solle seine einzige Tochter zur Gemahlin haben.

Nun waren zwei Bruͤder im Reich, Soͤhne eines armen Mannes, die meldeten sich dazu: der aͤlteste, der listig und klug war, aus Hochmuth; der juͤngste, der unschuldig und dumm war, aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="145"/>
und vor der Thu&#x0364;re steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen, und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungethu&#x0364;m, das hat mit einer Holzkeule auf mich los geschlagen, und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: &#x201E;bringt mir den Schelm her!&#x201C; Da machte ich, daß ich fortkam. Von nun an getrauten sich die Ra&#x0364;uber nicht weiter in das Haus, den vier Bremer Musikanten gefiels aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten und der das zuletzt erza&#x0364;hlt hat, dem ist der Mund noch warm.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">28.<lb/>
Der singende Knochen.</hi> </head><lb/>
        <p>Jn einem großen Wald lief ein ma&#x0364;chtiges Wildschwein herum, das die Aecker umwu&#x0364;hlte, das Vieh to&#x0364;dtete und den Menschen mit seinen Hauern den Leib aufriß, also daß sich niemand mehr in die Na&#x0364;he des Waldes wagte und es zu einer Plage fu&#x0364;r das ganze Land ward. Der Ko&#x0364;nig bot auf was er konnte, aber noch jeder, der es einfangen oder to&#x0364;dten wollte, war schlimm weggekommen, so daß niemand ku&#x0364;hn genug war, das Wagniß zu u&#x0364;bernehmen. Endlich ließ der Ko&#x0364;nig bekannt machen, wer das Wildschwein erlege, solle seine einzige Tochter zur Gemahlin haben.</p><lb/>
        <p>Nun waren zwei Bru&#x0364;der im Reich, So&#x0364;hne eines armen Mannes, die meldeten sich dazu: der a&#x0364;lteste, der listig und klug war, aus Hochmuth; der ju&#x0364;ngste, der unschuldig und dumm war, aus
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0209] und vor der Thuͤre steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen, und auf dem Hof liegt ein schwarzes Ungethuͤm, das hat mit einer Holzkeule auf mich los geschlagen, und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: „bringt mir den Schelm her!“ Da machte ich, daß ich fortkam. Von nun an getrauten sich die Raͤuber nicht weiter in das Haus, den vier Bremer Musikanten gefiels aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten und der das zuletzt erzaͤhlt hat, dem ist der Mund noch warm. 28. Der singende Knochen. Jn einem großen Wald lief ein maͤchtiges Wildschwein herum, das die Aecker umwuͤhlte, das Vieh toͤdtete und den Menschen mit seinen Hauern den Leib aufriß, also daß sich niemand mehr in die Naͤhe des Waldes wagte und es zu einer Plage fuͤr das ganze Land ward. Der Koͤnig bot auf was er konnte, aber noch jeder, der es einfangen oder toͤdten wollte, war schlimm weggekommen, so daß niemand kuͤhn genug war, das Wagniß zu uͤbernehmen. Endlich ließ der Koͤnig bekannt machen, wer das Wildschwein erlege, solle seine einzige Tochter zur Gemahlin haben. Nun waren zwei Bruͤder im Reich, Soͤhne eines armen Mannes, die meldeten sich dazu: der aͤlteste, der listig und klug war, aus Hochmuth; der juͤngste, der unschuldig und dumm war, aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/209
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/209>, abgerufen am 24.11.2024.