Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.Scheerenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu 'ich schleife die Scheere, und drehe geschwind, und hänge mein Mäntelchen nach dem Wind'. Hans blieb stehen, und sah ihm zu; endlich redete er ihn an, und sprach 'euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seyd'. 'Ja', antwortete der Scheerenschleifer, 'das Handwerk hat einen güldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schöne Gans gekauft?' 'Die hab ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht.' 'Und das Schwein?' 'Das hab ich für eine Kuh gekriegt.' 'Und die Kuh?' 'Die hab ich für ein Pferd bekommen.' 'Und das Pferd?' 'Dafür hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.' 'Und das Gold?' 'Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst.' 'Jhr habt euch jederzeit zu helfen gewußt', sprach der Schleifer, 'könnt ihrs nun dahin bringen, daß ihr das Geld in der Tasche springen hört, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Glück gemacht.' 'Wie soll ich das anfangen?' sprach Hans. 'Jhr müßt ein Schleifer werden, wie ich; dazu gehört eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist ein wenig schadhaft, dafür sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben; wollt ihr das?' 'Wie könnt ihr noch fragen', antwortete Hans, 'ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft ich in die Scheerenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu ‘ich schleife die Scheere, und drehe geschwind, und haͤnge mein Maͤntelchen nach dem Wind’. Hans blieb stehen, und sah ihm zu; endlich redete er ihn an, und sprach ‘euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seyd’. ‘Ja’, antwortete der Scheerenschleifer, ‘das Handwerk hat einen guͤldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schoͤne Gans gekauft?’ ‘Die hab ich nicht gekauft, sondern fuͤr mein Schwein eingetauscht.’ ‘Und das Schwein?’ ‘Das hab ich fuͤr eine Kuh gekriegt.’ ‘Und die Kuh?’ ‘Die hab ich fuͤr ein Pferd bekommen.’ ‘Und das Pferd?’ ‘Dafuͤr hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.’ ‘Und das Gold?’ ‘Ei, das war mein Lohn fuͤr sieben Jahre Dienst.’ ‘Jhr habt euch jederzeit zu helfen gewußt’, sprach der Schleifer, ‘koͤnnt ihrs nun dahin bringen, daß ihr das Geld in der Tasche springen hoͤrt, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Gluͤck gemacht.’ ‘Wie soll ich das anfangen?’ sprach Hans. ‘Jhr muͤßt ein Schleifer werden, wie ich; dazu gehoͤrt eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist ein wenig schadhaft, dafuͤr sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben; wollt ihr das?’ ‘Wie koͤnnt ihr noch fragen’, antwortete Hans, ‘ich werde ja zum gluͤcklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft ich in die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0532" n="501"/> Scheerenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘ich schleife die Scheere, und drehe geschwind,</l><lb/> <l>und haͤnge mein Maͤntelchen nach dem Wind’.</l><lb/> </lg> <p>Hans blieb stehen, und sah ihm zu; endlich redete er ihn an, und sprach ‘euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seyd’. ‘Ja’, antwortete der Scheerenschleifer, ‘das Handwerk hat einen guͤldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schoͤne Gans gekauft?’ ‘Die hab ich nicht gekauft, sondern fuͤr mein Schwein eingetauscht.’ ‘Und das Schwein?’ ‘Das hab ich fuͤr eine Kuh gekriegt.’ ‘Und die Kuh?’ ‘Die hab ich fuͤr ein Pferd bekommen.’ ‘Und das Pferd?’ ‘Dafuͤr hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.’ ‘Und das Gold?’ ‘Ei, das war mein Lohn fuͤr sieben Jahre Dienst.’ ‘Jhr habt euch jederzeit zu helfen gewußt’, sprach der Schleifer, ‘koͤnnt ihrs nun dahin bringen, daß ihr das Geld in der Tasche springen hoͤrt, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Gluͤck gemacht.’ ‘Wie soll ich das anfangen?’ sprach Hans. ‘Jhr muͤßt ein Schleifer werden, wie ich; dazu gehoͤrt eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist ein wenig schadhaft, dafuͤr sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben; wollt ihr das?’ ‘Wie koͤnnt ihr noch fragen’, antwortete Hans, ‘ich werde ja zum gluͤcklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft ich in die </p> </div> </body> </text> </TEI> [501/0532]
Scheerenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu
‘ich schleife die Scheere, und drehe geschwind,
und haͤnge mein Maͤntelchen nach dem Wind’.
Hans blieb stehen, und sah ihm zu; endlich redete er ihn an, und sprach ‘euch gehts wohl, weil ihr so lustig bei eurem Schleifen seyd’. ‘Ja’, antwortete der Scheerenschleifer, ‘das Handwerk hat einen guͤldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, so oft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Aber wo habt ihr die schoͤne Gans gekauft?’ ‘Die hab ich nicht gekauft, sondern fuͤr mein Schwein eingetauscht.’ ‘Und das Schwein?’ ‘Das hab ich fuͤr eine Kuh gekriegt.’ ‘Und die Kuh?’ ‘Die hab ich fuͤr ein Pferd bekommen.’ ‘Und das Pferd?’ ‘Dafuͤr hab ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.’ ‘Und das Gold?’ ‘Ei, das war mein Lohn fuͤr sieben Jahre Dienst.’ ‘Jhr habt euch jederzeit zu helfen gewußt’, sprach der Schleifer, ‘koͤnnt ihrs nun dahin bringen, daß ihr das Geld in der Tasche springen hoͤrt, wenn ihr aufsteht, so habt ihr euer Gluͤck gemacht.’ ‘Wie soll ich das anfangen?’ sprach Hans. ‘Jhr muͤßt ein Schleifer werden, wie ich; dazu gehoͤrt eigentlich nichts, als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst. Da hab ich einen, der ist ein wenig schadhaft, dafuͤr sollt ihr mir aber auch weiter nichts als eure Gans geben; wollt ihr das?’ ‘Wie koͤnnt ihr noch fragen’, antwortete Hans, ‘ich werde ja zum gluͤcklichsten Menschen auf Erden; habe ich Geld, so oft ich in die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |