Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen. Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil das ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte, und wandern sollte, so schenkte ihm sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen Sack, und sagte 'es liegt ein Knüppel darin.' 'Den Sack kann ich umhängen, und er kann mir gute Dienste leisten, aber was soll der Knüppel darin, der macht ihn nur schwer.' 'Das will ich dir sagen,' antwortete der Meister, 'hat dir jemand etwas zu Leid gethan, so sprich nur 'Knüppel, aus dem Sack,' so springt dir der Knüppel heraus unter die Leute, und tanzt ihnen so lustig auf dem Rücken herum, daß sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen können; und eher läßt er nicht ab als bis du sagst 'Knüppel, in den Sack,' der Gesell dankte ihm, hieng den Sack um, und wenn ihm jemand zu nahe kam, und auf den Leib wollte, so sprach er 'Knüppel aus dem Sack,' alsbald sprang der Knüppel heraus, und klopfte einem nach dem andern den Rock oder Wams auf dem Rücken aus, und wartete nicht erst bis er ihn ausgezogen hatte; und das gieng so geschwind, daß eh sichs einer versah die Reihe schon an ihm die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen. Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil das ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte, und wandern sollte, so schenkte ihm sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen Sack, und sagte ‘es liegt ein Knüppel darin.’ ‘Den Sack kann ich umhängen, und er kann mir gute Dienste leisten, aber was soll der Knüppel darin, der macht ihn nur schwer.’ ‘Das will ich dir sagen,’ antwortete der Meister, ‘hat dir jemand etwas zu Leid gethan, so sprich nur ‘Knüppel, aus dem Sack,’ so springt dir der Knüppel heraus unter die Leute, und tanzt ihnen so lustig auf dem Rücken herum, daß sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen können; und eher läßt er nicht ab als bis du sagst ‘Knüppel, in den Sack,’ der Gesell dankte ihm, hieng den Sack um, und wenn ihm jemand zu nahe kam, und auf den Leib wollte, so sprach er ‘Knüppel aus dem Sack,’ alsbald sprang der Knüppel heraus, und klopfte einem nach dem andern den Rock oder Wams auf dem Rücken aus, und wartete nicht erst bis er ihn ausgezogen hatte; und das gieng so geschwind, daß eh sichs einer versah die Reihe schon an ihm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0272" n="223"/> die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen.</p><lb/> <p>Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil das ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte, und wandern sollte, so schenkte ihm sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen Sack, und sagte ‘es liegt ein Knüppel darin.’ ‘Den Sack kann ich umhängen, und er kann mir gute Dienste leisten, aber was soll der Knüppel darin, der macht ihn nur schwer.’ ‘Das will ich dir sagen,’ antwortete der Meister, ‘hat dir jemand etwas zu Leid gethan, so sprich nur ‘Knüppel, aus dem Sack,’ so springt dir der Knüppel heraus unter die Leute, und tanzt ihnen so lustig auf dem Rücken herum, daß sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen können; und eher läßt er nicht ab als bis du sagst ‘Knüppel, in den Sack,’ der Gesell dankte ihm, hieng den Sack um, und wenn ihm jemand zu nahe kam, und auf den Leib wollte, so sprach er ‘Knüppel aus dem Sack,’ alsbald sprang der Knüppel heraus, und klopfte einem nach dem andern den Rock oder Wams auf dem Rücken aus, und wartete nicht erst bis er ihn ausgezogen hatte; und das gieng so geschwind, daß eh sichs einer versah die Reihe schon an ihm </p> </div> </body> </text> </TEI> [223/0272]
die Verwandten um Verzeihung, die so arm heim giengen, als sie gekommen waren. Es blieb nichts übrig, der Alte mußte wieder nach der Nadel greifen, und der Junge sich bei einem Müller verdingen.
Der dritte Bruder war zu einem Drechsler in die Lehre gegangen, und weil das ein kunstreiches Handwerk ist, mußte er am längsten lernen. Seine Brüder aber meldeten ihm in einem Briefe wie schlimm es ihnen ergangen wäre, und wie sie der Wirth noch am letzten Abende um ihre schönen Wünschdinge gebracht hätte. Als der Drechsler nun ausgelernt hatte, und wandern sollte, so schenkte ihm sein Meister, weil er sich so wohl gehalten, einen Sack, und sagte ‘es liegt ein Knüppel darin.’ ‘Den Sack kann ich umhängen, und er kann mir gute Dienste leisten, aber was soll der Knüppel darin, der macht ihn nur schwer.’ ‘Das will ich dir sagen,’ antwortete der Meister, ‘hat dir jemand etwas zu Leid gethan, so sprich nur ‘Knüppel, aus dem Sack,’ so springt dir der Knüppel heraus unter die Leute, und tanzt ihnen so lustig auf dem Rücken herum, daß sie sich acht Tage lang nicht regen und bewegen können; und eher läßt er nicht ab als bis du sagst ‘Knüppel, in den Sack,’ der Gesell dankte ihm, hieng den Sack um, und wenn ihm jemand zu nahe kam, und auf den Leib wollte, so sprach er ‘Knüppel aus dem Sack,’ alsbald sprang der Knüppel heraus, und klopfte einem nach dem andern den Rock oder Wams auf dem Rücken aus, und wartete nicht erst bis er ihn ausgezogen hatte; und das gieng so geschwind, daß eh sichs einer versah die Reihe schon an ihm
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/272 |
Zitationshilfe: | Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/272>, abgerufen am 17.06.2024. |