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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.

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oder griechischen oder serbischen Märchen einer Grundlage nach übereinkommt?

Von dem Gemeinsamen, das in der überall hervortretenden Erscheinung einiger scharf ausgeprägten Charaktere liegt, habe ich schon früher, in der Einleitung zu dem ersten Band der zweiten Ausgabe (L--LIV) geredet und will darauf zurück kommen. Der Dummling, ungeschickt zu allen Dingen, wozu Erfahrung, Witz und Gefügsamkeit gehören, wird anfangs zurück gesetzt, muß gemeine Arbeiten verrichten und Spott erdulden: er ist der Verachtete, der in der Asche am Herde seinen Platz, unter der Treppe seine Schlafstätte hat. So muß in der altfranzösischen Sage der starke Rennewart Küchendienste thun, und der britische Parzival, der einen Anflug davon hat, heißt der tumbe klare, doch eine höhere Kraft und Freudigkeit leuchtet bei den jugendlichen Helden schon durch. Jn den Märchen ist er gewöhnlich der jüngste von drei Brüdern, den die beiden andern mit Stolz und Hochmuth behandeln. Kommt es aber zur That, so erhebt er sich schnell, und er allein vermag die Aufgabe zu lösen, die den Vorzug unter ihnen bestimmt, denn ihm hat eine höhere Macht beigestanden und den Sieg verliehen. Unterliegt er dem Verrath und verliert das Leben, so verkündigt lange nachher der hervor gespülte, weiß gebleichte Knochen die Unthat, damit sie nicht ungestraft bleibe.

Ungeschickt und tölpelhaft sind die Riesen, klug und listig die Zwerge. Die Eigenschaften der letztern werden gesteigert in dem Däumling, dem alle die geheimen Kräfte eigen sind, die dem Finger, von dem er den Namen hat, beigelegt werden. Klug und verschlagen berückt er, äfft und neckt jedermann. Die Unfälle, in welche ihn seine winzige Gestalt bringt, weiß er zu überwinden. Das Glück ist ihm günstig und läßt die prahlerischen Lobsprüche, die er sich beilegt, in Erfüllung gehen. Als behendes Schneiderlein

oder griechischen oder serbischen Märchen einer Grundlage nach übereinkommt?

Von dem Gemeinsamen, das in der überall hervortretenden Erscheinung einiger scharf ausgeprägten Charaktere liegt, habe ich schon früher, in der Einleitung zu dem ersten Band der zweiten Ausgabe (L—LIV) geredet und will darauf zurück kommen. Der Dummling, ungeschickt zu allen Dingen, wozu Erfahrung, Witz und Gefügsamkeit gehören, wird anfangs zurück gesetzt, muß gemeine Arbeiten verrichten und Spott erdulden: er ist der Verachtete, der in der Asche am Herde seinen Platz, unter der Treppe seine Schlafstätte hat. So muß in der altfranzösischen Sage der starke Rennewart Küchendienste thun, und der britische Parzival, der einen Anflug davon hat, heißt der tumbe klâre, doch eine höhere Kraft und Freudigkeit leuchtet bei den jugendlichen Helden schon durch. Jn den Märchen ist er gewöhnlich der jüngste von drei Brüdern, den die beiden andern mit Stolz und Hochmuth behandeln. Kommt es aber zur That, so erhebt er sich schnell, und er allein vermag die Aufgabe zu lösen, die den Vorzug unter ihnen bestimmt, denn ihm hat eine höhere Macht beigestanden und den Sieg verliehen. Unterliegt er dem Verrath und verliert das Leben, so verkündigt lange nachher der hervor gespülte, weiß gebleichte Knochen die Unthat, damit sie nicht ungestraft bleibe.

Ungeschickt und tölpelhaft sind die Riesen, klug und listig die Zwerge. Die Eigenschaften der letztern werden gesteigert in dem Däumling, dem alle die geheimen Kräfte eigen sind, die dem Finger, von dem er den Namen hat, beigelegt werden. Klug und verschlagen berückt er, äfft und neckt jedermann. Die Unfälle, in welche ihn seine winzige Gestalt bringt, weiß er zu überwinden. Das Glück ist ihm günstig und läßt die prahlerischen Lobsprüche, die er sich beilegt, in Erfüllung gehen. Als behendes Schneiderlein

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[LXIV/0070] oder griechischen oder serbischen Märchen einer Grundlage nach übereinkommt? Von dem Gemeinsamen, das in der überall hervortretenden Erscheinung einiger scharf ausgeprägten Charaktere liegt, habe ich schon früher, in der Einleitung zu dem ersten Band der zweiten Ausgabe (L—LIV) geredet und will darauf zurück kommen. Der Dummling, ungeschickt zu allen Dingen, wozu Erfahrung, Witz und Gefügsamkeit gehören, wird anfangs zurück gesetzt, muß gemeine Arbeiten verrichten und Spott erdulden: er ist der Verachtete, der in der Asche am Herde seinen Platz, unter der Treppe seine Schlafstätte hat. So muß in der altfranzösischen Sage der starke Rennewart Küchendienste thun, und der britische Parzival, der einen Anflug davon hat, heißt der tumbe klâre, doch eine höhere Kraft und Freudigkeit leuchtet bei den jugendlichen Helden schon durch. Jn den Märchen ist er gewöhnlich der jüngste von drei Brüdern, den die beiden andern mit Stolz und Hochmuth behandeln. Kommt es aber zur That, so erhebt er sich schnell, und er allein vermag die Aufgabe zu lösen, die den Vorzug unter ihnen bestimmt, denn ihm hat eine höhere Macht beigestanden und den Sieg verliehen. Unterliegt er dem Verrath und verliert das Leben, so verkündigt lange nachher der hervor gespülte, weiß gebleichte Knochen die Unthat, damit sie nicht ungestraft bleibe. Ungeschickt und tölpelhaft sind die Riesen, klug und listig die Zwerge. Die Eigenschaften der letztern werden gesteigert in dem Däumling, dem alle die geheimen Kräfte eigen sind, die dem Finger, von dem er den Namen hat, beigelegt werden. Klug und verschlagen berückt er, äfft und neckt jedermann. Die Unfälle, in welche ihn seine winzige Gestalt bringt, weiß er zu überwinden. Das Glück ist ihm günstig und läßt die prahlerischen Lobsprüche, die er sich beilegt, in Erfüllung gehen. Als behendes Schneiderlein

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850, S. LXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1850/70>, abgerufen am 21.11.2024.