Schmied sein Geräth verdirbt und als Küchenknecht bei den Braten gestellt wird, den er abißt, wie Sigurd das Drachenherz, das er dem Reigen braten soll; er geht auf den Harz, fängt Wölfe, um die Leute damit zu schrecken, wie Siegfried den Bären (Niebel. 3800 ff.). Schon in der Sprache ist der Die- ner ein Schalk und der Hofdiener fällt mit dem Hofnarren zusammen. Soini, der finnische Riesen- eulenspiegel hieß gerade auch Kalkki (Diener). Drei Nächte alt, trat er sein Windelband auf und man sah, daß ihm nicht zu trauen war, also wurde er ausgeboten. Ein Schmied nahm ihn in seinen Dienst, dem sollte er sein Kind hüten, aber er griff dem Kind die Augen aus, tödtete es nachher und ver- brannte die Wiege. Drauf setzte ihn der Schmied über einen Zaun, den er flechten sollte, da holte er Fichten im Wald und flocht sie mit Schlangen zu- sammen; nun mußte er Vieh weiden, die Hausfrau aus Rache backte ihm einen Stein ins Brot, so daß er sich sein Messer stumpfte; erzürnt rief er Bären und Wölfe, daß sie die Heerde fräßen, aus den Küh- beinen und Ochsenhörnern aber machte er sich Blas- hörner und trieb die Wölfe und Bären statt der an- dern Heerde heim.
Der nordische Grettir, als er Gänse und Rosse hüten soll, spielt ähnliche Streiche (bernsku-braugd, Kinderstreiche). Das Heldenmäßige bricht in der Ju- gendroheit und Nichtachtung des gewöhnlichen Men- schentreibens hervor, wie auch Florens im Octavian dem Clemens die Ochsen verschleudert.
Eine andere Erzählung aus Hessen ist viel unvoll- ständiger, hat aber ihr eigenes. Kürdchen Bin- geling hat an seiner Mutter Brust sieben Jahre getrunken, davon er so gewaltig groß geworden und so viel hat essen können, daß er nicht zu ersättigen ist; alle Menschen aber hat er gequält und genarrt. Nun versammelt sich die ganze Gemeinde, will ihn fangen und tödten, er aber merkts, setzt sich unter das Thor und sperrt den Weg, (gerade wie Gargan- tua den Berg Gargant nicht weit von Nantes schafft), so daß ohne Hacken und Schippen, kein Mensch durch- kam und er ruhig weiter geht. Nun ist er in einem andern Dorf, aber noch derselbe Schlingel und da
Schmied ſein Geraͤth verdirbt und als Kuͤchenknecht bei den Braten geſtellt wird, den er abißt, wie Sigurd das Drachenherz, das er dem Reigen braten ſoll; er geht auf den Harz, faͤngt Woͤlfe, um die Leute damit zu ſchrecken, wie Siegfried den Baͤren (Niebel. 3800 ff.). Schon in der Sprache iſt der Die- ner ein Schalk und der Hofdiener faͤllt mit dem Hofnarren zuſammen. Soini, der finniſche Rieſen- eulenſpiegel hieß gerade auch Kalkki (Diener). Drei Naͤchte alt, trat er ſein Windelband auf und man ſah, daß ihm nicht zu trauen war, alſo wurde er ausgeboten. Ein Schmied nahm ihn in ſeinen Dienſt, dem ſollte er ſein Kind huͤten, aber er griff dem Kind die Augen aus, toͤdtete es nachher und ver- brannte die Wiege. Drauf ſetzte ihn der Schmied uͤber einen Zaun, den er flechten ſollte, da holte er Fichten im Wald und flocht ſie mit Schlangen zu- ſammen; nun mußte er Vieh weiden, die Hausfrau aus Rache backte ihm einen Stein ins Brot, ſo daß er ſich ſein Meſſer ſtumpfte; erzuͤrnt rief er Baͤren und Woͤlfe, daß ſie die Heerde fraͤßen, aus den Kuͤh- beinen und Ochſenhoͤrnern aber machte er ſich Blas- hoͤrner und trieb die Woͤlfe und Baͤren ſtatt der an- dern Heerde heim.
Der nordiſche Grettir, als er Gaͤnſe und Roſſe huͤten ſoll, ſpielt aͤhnliche Streiche (bernſku-braugd, Kinderſtreiche). Das Heldenmaͤßige bricht in der Ju- gendroheit und Nichtachtung des gewoͤhnlichen Men- ſchentreibens hervor, wie auch Florens im Octavian dem Clemens die Ochſen verſchleudert.
Eine andere Erzaͤhlung aus Heſſen iſt viel unvoll- ſtaͤndiger, hat aber ihr eigenes. Kuͤrdchen Bin- geling hat an ſeiner Mutter Bruſt ſieben Jahre getrunken, davon er ſo gewaltig groß geworden und ſo viel hat eſſen koͤnnen, daß er nicht zu erſaͤttigen iſt; alle Menſchen aber hat er gequaͤlt und genarrt. Nun verſammelt ſich die ganze Gemeinde, will ihn fangen und toͤdten, er aber merkts, ſetzt ſich unter das Thor und ſperrt den Weg, (gerade wie Gargan- tua den Berg Gargant nicht weit von Nantes ſchafft), ſo daß ohne Hacken und Schippen, kein Menſch durch- kam und er ruhig weiter geht. Nun iſt er in einem andern Dorf, aber noch derſelbe Schlingel und da
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[VIII/0327]
Schmied ſein Geraͤth verdirbt und als Kuͤchenknecht
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Sigurd das Drachenherz, das er dem Reigen braten
ſoll; er geht auf den Harz, faͤngt Woͤlfe, um die
Leute damit zu ſchrecken, wie Siegfried den Baͤren
(Niebel. 3800 ff.). Schon in der Sprache iſt der Die-
ner ein Schalk und der Hofdiener faͤllt mit dem
Hofnarren zuſammen. Soini, der finniſche Rieſen-
eulenſpiegel hieß gerade auch Kalkki (Diener).
Drei Naͤchte alt, trat er ſein Windelband auf und
man ſah, daß ihm nicht zu trauen war, alſo wurde
er ausgeboten. Ein Schmied nahm ihn in ſeinen
Dienſt, dem ſollte er ſein Kind huͤten, aber er griff
dem Kind die Augen aus, toͤdtete es nachher und ver-
brannte die Wiege. Drauf ſetzte ihn der Schmied
uͤber einen Zaun, den er flechten ſollte, da holte er
Fichten im Wald und flocht ſie mit Schlangen zu-
ſammen; nun mußte er Vieh weiden, die Hausfrau
aus Rache backte ihm einen Stein ins Brot, ſo daß
er ſich ſein Meſſer ſtumpfte; erzuͤrnt rief er Baͤren
und Woͤlfe, daß ſie die Heerde fraͤßen, aus den Kuͤh-
beinen und Ochſenhoͤrnern aber machte er ſich Blas-
hoͤrner und trieb die Woͤlfe und Baͤren ſtatt der an-
dern Heerde heim.
Der nordiſche Grettir, als er Gaͤnſe und Roſſe
huͤten ſoll, ſpielt aͤhnliche Streiche (bernſku-braugd,
Kinderſtreiche). Das Heldenmaͤßige bricht in der Ju-
gendroheit und Nichtachtung des gewoͤhnlichen Men-
ſchentreibens hervor, wie auch Florens im Octavian
dem Clemens die Ochſen verſchleudert.
Eine andere Erzaͤhlung aus Heſſen iſt viel unvoll-
ſtaͤndiger, hat aber ihr eigenes. Kuͤrdchen Bin-
geling hat an ſeiner Mutter Bruſt ſieben Jahre
getrunken, davon er ſo gewaltig groß geworden und
ſo viel hat eſſen koͤnnen, daß er nicht zu erſaͤttigen
iſt; alle Menſchen aber hat er gequaͤlt und genarrt.
Nun verſammelt ſich die ganze Gemeinde, will ihn
fangen und toͤdten, er aber merkts, ſetzt ſich unter
das Thor und ſperrt den Weg, (gerade wie Gargan-
tua den Berg Gargant nicht weit von Nantes ſchafft),
ſo daß ohne Hacken und Schippen, kein Menſch durch-
kam und er ruhig weiter geht. Nun iſt er in einem
andern Dorf, aber noch derſelbe Schlingel und da
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/327>, abgerufen am 23.12.2024.
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