Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.meine Tochter?' Das Eselein drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und sprach 'aus der Maßen wohl, sie ist so schön wie ich noch keine gesehen habe.' 'Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen' sagte der König. 'Das ist mir eben recht' sprach das Eselein, und setzte sich an ihre Seite, aß und trank, und wußte sich fein und säuberlich zu betragen. Als das edle Thierlein eine gute Zeit an des Königs Hof geblieben war, dachte es 'was hilft das alles, du mußt wieder heim,' ließ den Kopf traurig hängen, trat vor den König, und verlangte seinen Abschied. Der König hatte es aber lieb gewonnen, und sprach 'Eselein, was ist dir, du schaust ja sauer, wie ein Essigkrug, bleib bei mir,ich will dir geben, was du verlangst; willst du Gold?' 'Nein' sagte das Eselein, und schüttelte mit dem Kopf. 'Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?' 'Nein.' 'Willst du mein halbes Reich?' 'Ach nein.' Da sprach der König 'wenn ich nur wüßte was dich vergnügt machen könnte; willst du meine schöne Tochter zur Frau?' 'Ach ja,' sagte das Eselein, 'die möchte ich wohl haben,' war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewünscht hatte. Also ward eine große und prächtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Bräutigam in ihr Schlafkämmerlein geführt wurden, wollte der König wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betrüge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Bräutigam den Riegel vor die Thüre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein wären, da warf er auf einmal seine Eselhaut ab, und stand da als ein schöner königlicher meine Tochter?’ Das Eselein drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und sprach ‘aus der Maßen wohl, sie ist so schoͤn wie ich noch keine gesehen habe.’ ‘Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen’ sagte der Koͤnig. ‘Das ist mir eben recht’ sprach das Eselein, und setzte sich an ihre Seite, aß und trank, und wußte sich fein und saͤuberlich zu betragen. Als das edle Thierlein eine gute Zeit an des Koͤnigs Hof geblieben war, dachte es ‘was hilft das alles, du mußt wieder heim,’ ließ den Kopf traurig haͤngen, trat vor den Koͤnig, und verlangte seinen Abschied. Der Koͤnig hatte es aber lieb gewonnen, und sprach ‘Eselein, was ist dir, du schaust ja sauer, wie ein Essigkrug, bleib bei mir,ich will dir geben, was du verlangst; willst du Gold?’ ‘Nein’ sagte das Eselein, und schuͤttelte mit dem Kopf. ‘Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?’ ‘Nein.’ ‘Willst du mein halbes Reich?’ ‘Ach nein.’ Da sprach der Koͤnig ‘wenn ich nur wuͤßte was dich vergnuͤgt machen koͤnnte; willst du meine schoͤne Tochter zur Frau?’ ‘Ach ja,’ sagte das Eselein, ‘die moͤchte ich wohl haben,’ war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewuͤnscht hatte. Also ward eine große und praͤchtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Braͤutigam in ihr Schlafkaͤmmerlein gefuͤhrt wurden, wollte der Koͤnig wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betruͤge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Braͤutigam den Riegel vor die Thuͤre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein waͤren, da warf er auf einmal seine Eselhaut ab, und stand da als ein schoͤner koͤniglicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0304" n="288"/> meine Tochter?’ Das Eselein drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und sprach ‘aus der Maßen wohl, sie ist so schoͤn wie ich noch keine gesehen habe.’ ‘Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen’ sagte der Koͤnig. ‘Das ist mir eben recht’ sprach das Eselein, und setzte sich an ihre Seite, aß und trank, und wußte sich fein und saͤuberlich zu betragen. Als das edle Thierlein eine gute Zeit an des Koͤnigs Hof geblieben war, dachte es ‘was hilft das alles, du mußt wieder heim,’ ließ den Kopf traurig haͤngen, trat vor den Koͤnig, und verlangte seinen Abschied. Der Koͤnig hatte es aber lieb gewonnen, und sprach ‘Eselein, was ist dir, du schaust ja sauer, wie ein Essigkrug, bleib bei mir,ich will dir geben, was du verlangst; willst du Gold?’ ‘Nein’ sagte das Eselein, und schuͤttelte mit dem Kopf. ‘Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?’ ‘Nein.’ ‘Willst du mein halbes Reich?’ ‘Ach nein.’ Da sprach der Koͤnig ‘wenn ich nur wuͤßte was dich vergnuͤgt machen koͤnnte; willst du meine schoͤne Tochter zur Frau?’ ‘Ach ja,’ sagte das Eselein, ‘die moͤchte ich wohl haben,’ war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewuͤnscht hatte. Also ward eine große und praͤchtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Braͤutigam in ihr Schlafkaͤmmerlein gefuͤhrt wurden, wollte der Koͤnig wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betruͤge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Braͤutigam den Riegel vor die Thuͤre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein waͤren, da warf er auf einmal seine Eselhaut ab, und stand da als ein schoͤner koͤniglicher </p> </div> </body> </text> </TEI> [288/0304]
meine Tochter?’ Das Eselein drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und sprach ‘aus der Maßen wohl, sie ist so schoͤn wie ich noch keine gesehen habe.’ ‘Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen’ sagte der Koͤnig. ‘Das ist mir eben recht’ sprach das Eselein, und setzte sich an ihre Seite, aß und trank, und wußte sich fein und saͤuberlich zu betragen. Als das edle Thierlein eine gute Zeit an des Koͤnigs Hof geblieben war, dachte es ‘was hilft das alles, du mußt wieder heim,’ ließ den Kopf traurig haͤngen, trat vor den Koͤnig, und verlangte seinen Abschied. Der Koͤnig hatte es aber lieb gewonnen, und sprach ‘Eselein, was ist dir, du schaust ja sauer, wie ein Essigkrug, bleib bei mir,ich will dir geben, was du verlangst; willst du Gold?’ ‘Nein’ sagte das Eselein, und schuͤttelte mit dem Kopf. ‘Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?’ ‘Nein.’ ‘Willst du mein halbes Reich?’ ‘Ach nein.’ Da sprach der Koͤnig ‘wenn ich nur wuͤßte was dich vergnuͤgt machen koͤnnte; willst du meine schoͤne Tochter zur Frau?’ ‘Ach ja,’ sagte das Eselein, ‘die moͤchte ich wohl haben,’ war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewuͤnscht hatte. Also ward eine große und praͤchtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Braͤutigam in ihr Schlafkaͤmmerlein gefuͤhrt wurden, wollte der Koͤnig wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betruͤge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Braͤutigam den Riegel vor die Thuͤre, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein waͤren, da warf er auf einmal seine Eselhaut ab, und stand da als ein schoͤner koͤniglicher
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