Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.zierter, je schlechter sie bezahlt werden, und sie unterlassen 20) Die merkwürdigste und deutlichste mir bekannte Stelle, worin
die sämmtlichen sieben freien Töchter auf den Meistergesang angewendet werden, ist in einem Gesang in dem langen Re- genbogen, bald zu Ende des Weimarischen Codex. Ich würde ihn gern mittheilen, wenn es der Raum erlaubte. Daß aber, so bald wir den Meistergesang richtig, d. h. historisch betrach- ten, sein Wesen von dem Studium der sieben Künste, unab- hängig ist, wird noch unten vorkommen, Note 66. Man vergl. Regenbog Maneße 2. 197. Canzler 2. 246 u. Wagenseil 552. 553. zierter, je ſchlechter ſie bezahlt werden, und ſie unterlaſſen 20) Die merkwuͤrdigſte und deutlichſte mir bekannte Stelle, worin
die ſaͤmmtlichen ſieben freien Toͤchter auf den Meiſtergeſang angewendet werden, iſt in einem Geſang in dem langen Re- genbogen, bald zu Ende des Weimariſchen Codex. Ich wuͤrde ihn gern mittheilen, wenn es der Raum erlaubte. Daß aber, ſo bald wir den Meiſtergeſang richtig, d. h. hiſtoriſch betrach- ten, ſein Weſen von dem Studium der ſieben Kuͤnſte, unab- haͤngig iſt, wird noch unten vorkommen, Note 66. Man vergl. Regenbog Maneße 2. 197. Canzler 2. 246 u. Wagenſeil 552. 553. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="32"/> zierter, je ſchlechter ſie bezahlt werden, und ſie unterlaſſen<lb/> dabei nie zu ſagen, daß ihr Lob ein wahres ſey und ſie das<lb/> der Schlechten verabſcheuen. Sie moͤgen aus allen freien<lb/> Kuͤnſten ſchoͤpfen, um neue reizende Gleichniſſe zu erfinden,<lb/> ihr Anfehen kann nun nicht mehr erhalten werden. Der Mei-<lb/> ſter kehret ſich ganz ſeinem Gemuͤth zu, die Luſt, große Ro-<lb/> mane zu reimen, verliert ſich, aber die Luſt, den Weltlauf zu<lb/> ergruͤnden, die goͤttlichen und menſchlichen Dinge zu betrach-<lb/> ten wird immer reger <note place="foot" n="20)">Die merkwuͤrdigſte und deutlichſte mir bekannte Stelle, worin<lb/> die ſaͤmmtlichen ſieben freien Toͤchter auf den Meiſtergeſang<lb/> angewendet werden, iſt in einem Geſang in dem langen Re-<lb/> genbogen, bald zu Ende des Weimariſchen Codex. Ich wuͤrde<lb/> ihn gern mittheilen, wenn es der Raum erlaubte. Daß aber,<lb/> ſo bald wir den Meiſtergeſang richtig, d. h. hiſtoriſch betrach-<lb/> ten, ſein Weſen von dem Studium der ſieben Kuͤnſte, unab-<lb/> haͤngig iſt, wird noch unten vorkommen, Note 66. Man vergl.<lb/> Regenbog Maneße 2. 197. <hi rendition="#g">Canzler 2. 246 u. Wagenſeil</hi><lb/> 552. 553.</note>, ohne Zweifel waren die meiſten<lb/> Dichter mit der Frucht ihrer Arbeit hoͤchſt vergnuͤgt. Dabei<lb/> verſieht ſich von ſelbſt, daß ſie die Form der Worte aufs<lb/> hoͤchſte trieben und durch deren geheimnißvolle Stellung das<lb/> Geheimnißreiche (nicht ohne Grund) zu ehren ſtrebten, eben ſo<lb/> glaublich iſt es, daß ſie ihre aͤußerliche Verbindung unter ein-<lb/> ander weit entfernt fahren zu laſſen, in manchen Ceremonien<lb/> zu befeſtigen ſuchten. Man darf die im vierzehnten Jahrhun-<lb/> dert erſchienenen Meiſterlieder nicht ſogleich ſchlecht heißen, noch<lb/> weniger ihre Verfaſſer herunterſetzen. Unter dieſen lebten aͤcht<lb/> poetiſche Gemuͤther, Frauenlobs Werke ſind uͤberreich, wun-<lb/> derbar und von einer Verworrenheit, aus der ſie ſich gleichſam<lb/> zu ihrem eigenen Schmerz nicht zu loͤſen vermoͤgen. Nicht ſo<lb/> wohl er, wenn wir nach dem Uebriggebliebenen urtheilen, (ob-<lb/> gleich ſein ganz anders zu erklaͤrender Name, und die Sage<lb/> darauf hinweiſen), ſondern andere mit ihm gleichzeitige, fallen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0042]
zierter, je ſchlechter ſie bezahlt werden, und ſie unterlaſſen
dabei nie zu ſagen, daß ihr Lob ein wahres ſey und ſie das
der Schlechten verabſcheuen. Sie moͤgen aus allen freien
Kuͤnſten ſchoͤpfen, um neue reizende Gleichniſſe zu erfinden,
ihr Anfehen kann nun nicht mehr erhalten werden. Der Mei-
ſter kehret ſich ganz ſeinem Gemuͤth zu, die Luſt, große Ro-
mane zu reimen, verliert ſich, aber die Luſt, den Weltlauf zu
ergruͤnden, die goͤttlichen und menſchlichen Dinge zu betrach-
ten wird immer reger 20), ohne Zweifel waren die meiſten
Dichter mit der Frucht ihrer Arbeit hoͤchſt vergnuͤgt. Dabei
verſieht ſich von ſelbſt, daß ſie die Form der Worte aufs
hoͤchſte trieben und durch deren geheimnißvolle Stellung das
Geheimnißreiche (nicht ohne Grund) zu ehren ſtrebten, eben ſo
glaublich iſt es, daß ſie ihre aͤußerliche Verbindung unter ein-
ander weit entfernt fahren zu laſſen, in manchen Ceremonien
zu befeſtigen ſuchten. Man darf die im vierzehnten Jahrhun-
dert erſchienenen Meiſterlieder nicht ſogleich ſchlecht heißen, noch
weniger ihre Verfaſſer herunterſetzen. Unter dieſen lebten aͤcht
poetiſche Gemuͤther, Frauenlobs Werke ſind uͤberreich, wun-
derbar und von einer Verworrenheit, aus der ſie ſich gleichſam
zu ihrem eigenen Schmerz nicht zu loͤſen vermoͤgen. Nicht ſo
wohl er, wenn wir nach dem Uebriggebliebenen urtheilen, (ob-
gleich ſein ganz anders zu erklaͤrender Name, und die Sage
darauf hinweiſen), ſondern andere mit ihm gleichzeitige, fallen
20) Die merkwuͤrdigſte und deutlichſte mir bekannte Stelle, worin
die ſaͤmmtlichen ſieben freien Toͤchter auf den Meiſtergeſang
angewendet werden, iſt in einem Geſang in dem langen Re-
genbogen, bald zu Ende des Weimariſchen Codex. Ich wuͤrde
ihn gern mittheilen, wenn es der Raum erlaubte. Daß aber,
ſo bald wir den Meiſtergeſang richtig, d. h. hiſtoriſch betrach-
ten, ſein Weſen von dem Studium der ſieben Kuͤnſte, unab-
haͤngig iſt, wird noch unten vorkommen, Note 66. Man vergl.
Regenbog Maneße 2. 197. Canzler 2. 246 u. Wagenſeil
552. 553.
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