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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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sehen, mit Tönen und guter Rede. Womit eine Parallelstelle
des Meister Heinrich Mögelin (im Göttinger Ms. gleich ein-
gangs) zusammen zu nehmen, welcher beweisen will, daß un-
möglich und beschwerlich sey einem Laien, zu dichten von Gott
und den Wundern der Natur, leichtlich vergesse er sich mit
einem Wort, dann werde sein Gesang wund von der Meister
Strafen, vor den Fürsten solle niemand dichten als ein wahrer
Meister.

Ein Dichtstreit des Frauenlob mit andern Zeitgenossen be-
zog sich auf den Vorzug, welcher dem Wort "Frau" vor
"Weib" gebühre. (Cf. Maneße 2. 216.) Frauenlob erhöhte
ersteres und hat vermuthlich daher den Namen, nicht etwa
von den Minneliedern, die er weltlichen Frauen zu Ehren, oder
dem Leich, den er auf die himmlische gedichtet. (Vergl. indessen
Herman Damen DCCXXXII.) Gerade die Lieder in dem Je-
naischen Gesangbuch, welche sich hierauf beziehen, hat Docen,
als er Frauenlobs Gedichte zu vervollständigen angefangen,
nicht bekannt gemacht, was er vor allem hätte thun sollen;
im Weimarischen Codex kommen ebenfalls viele dahin gehörige,
zum Theil wohl dieselben vor, aber in sehr entstelltem Text.

über den Verfall der Kunst und der Minnepoesse, die Namen,
welche sie dabei nennen, gehören letzterer zum Theil ausschließlich.
6) Die späten Tabulaturen ermahnen zu Liedern aus der
ehristlichen und römischen Geschichte und zu andern höfli-
chen
Gedichten. Folz tadelt den Zorn und Schneider, daß
sie über "gemeine laiische Art" gedichtet, zweifelt aber wohl
nicht an ihrer Meistersängerschaft, wie denn auch H. Sachs in
der Summa seiner Gedicht ausdrücklich sagt, daß seine Mei-
sterlieder
außer ernsthaften Gegenständen auch kurzweilige,
fröhliche Schwänke behandelt hätten.
7) Viele der einzelnen, noch vorkommenden literärischen Be-
weise widerstreiten endlich. Ich räume aber gern ein, daß sol-
che Wettstreite in der ersten Periode wenigstens immer nur von
großen berühmten Meistersingern herrühren werden, die reichen
und fürstlichen befaßten sich nur mit Liebesliedern.
F

ſehen, mit Toͤnen und guter Rede. Womit eine Parallelſtelle
des Meiſter Heinrich Moͤgelin (im Goͤttinger Ms. gleich ein-
gangs) zuſammen zu nehmen, welcher beweiſen will, daß un-
moͤglich und beſchwerlich ſey einem Laien, zu dichten von Gott
und den Wundern der Natur, leichtlich vergeſſe er ſich mit
einem Wort, dann werde ſein Geſang wund von der Meiſter
Strafen, vor den Fuͤrſten ſolle niemand dichten als ein wahrer
Meiſter.

Ein Dichtſtreit des Frauenlob mit andern Zeitgenoſſen be-
zog ſich auf den Vorzug, welcher dem Wort „Frau“ vor
„Weib“ gebuͤhre. (Cf. Maneße 2. 216.) Frauenlob erhoͤhte
erſteres und hat vermuthlich daher den Namen, nicht etwa
von den Minneliedern, die er weltlichen Frauen zu Ehren, oder
dem Leich, den er auf die himmliſche gedichtet. (Vergl. indeſſen
Herman Damen DCCXXXII.) Gerade die Lieder in dem Je-
naiſchen Geſangbuch, welche ſich hierauf beziehen, hat Docen,
als er Frauenlobs Gedichte zu vervollſtaͤndigen angefangen,
nicht bekannt gemacht, was er vor allem haͤtte thun ſollen;
im Weimariſchen Codex kommen ebenfalls viele dahin gehoͤrige,
zum Theil wohl dieſelben vor, aber in ſehr entſtelltem Text.

uͤber den Verfall der Kunſt und der Minnepoeſſe, die Namen,
welche ſie dabei nennen, gehoͤren letzterer zum Theil ausſchließlich.
6) Die ſpaͤten Tabulaturen ermahnen zu Liedern aus der
ehriſtlichen und roͤmiſchen Geſchichte und zu andern hoͤfli-
chen
Gedichten. Folz tadelt den Zorn und Schneider, daß
ſie uͤber „gemeine laiiſche Art“ gedichtet, zweifelt aber wohl
nicht an ihrer Meiſterſaͤngerſchaft, wie denn auch H. Sachs in
der Summa ſeiner Gedicht ausdruͤcklich ſagt, daß ſeine Mei-
ſterlieder
außer ernſthaften Gegenſtaͤnden auch kurzweilige,
froͤhliche Schwaͤnke behandelt haͤtten.
7) Viele der einzelnen, noch vorkommenden literaͤriſchen Be-
weiſe widerſtreiten endlich. Ich raͤume aber gern ein, daß ſol-
che Wettſtreite in der erſten Periode wenigſtens immer nur von
großen beruͤhmten Meiſterſingern herruͤhren werden, die reichen
und fuͤrſtlichen befaßten ſich nur mit Liebesliedern.
F
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[81/0091] ſehen, mit Toͤnen und guter Rede. Womit eine Parallelſtelle des Meiſter Heinrich Moͤgelin (im Goͤttinger Ms. gleich ein- gangs) zuſammen zu nehmen, welcher beweiſen will, daß un- moͤglich und beſchwerlich ſey einem Laien, zu dichten von Gott und den Wundern der Natur, leichtlich vergeſſe er ſich mit einem Wort, dann werde ſein Geſang wund von der Meiſter Strafen, vor den Fuͤrſten ſolle niemand dichten als ein wahrer Meiſter. Ein Dichtſtreit des Frauenlob mit andern Zeitgenoſſen be- zog ſich auf den Vorzug, welcher dem Wort „Frau“ vor „Weib“ gebuͤhre. (Cf. Maneße 2. 216.) Frauenlob erhoͤhte erſteres und hat vermuthlich daher den Namen, nicht etwa von den Minneliedern, die er weltlichen Frauen zu Ehren, oder dem Leich, den er auf die himmliſche gedichtet. (Vergl. indeſſen Herman Damen DCCXXXII.) Gerade die Lieder in dem Je- naiſchen Geſangbuch, welche ſich hierauf beziehen, hat Docen, als er Frauenlobs Gedichte zu vervollſtaͤndigen angefangen, nicht bekannt gemacht, was er vor allem haͤtte thun ſollen; im Weimariſchen Codex kommen ebenfalls viele dahin gehoͤrige, zum Theil wohl dieſelben vor, aber in ſehr entſtelltem Text. 66) 66) uͤber den Verfall der Kunſt und der Minnepoeſſe, die Namen, welche ſie dabei nennen, gehoͤren letzterer zum Theil ausſchließlich. 6) Die ſpaͤten Tabulaturen ermahnen zu Liedern aus der ehriſtlichen und roͤmiſchen Geſchichte und zu andern hoͤfli- chen Gedichten. Folz tadelt den Zorn und Schneider, daß ſie uͤber „gemeine laiiſche Art“ gedichtet, zweifelt aber wohl nicht an ihrer Meiſterſaͤngerſchaft, wie denn auch H. Sachs in der Summa ſeiner Gedicht ausdruͤcklich ſagt, daß ſeine Mei- ſterlieder außer ernſthaften Gegenſtaͤnden auch kurzweilige, froͤhliche Schwaͤnke behandelt haͤtten. 7) Viele der einzelnen, noch vorkommenden literaͤriſchen Be- weiſe widerſtreiten endlich. Ich raͤume aber gern ein, daß ſol- che Wettſtreite in der erſten Periode wenigſtens immer nur von großen beruͤhmten Meiſterſingern herruͤhren werden, die reichen und fuͤrſtlichen befaßten ſich nur mit Liebesliedern. F

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/91>, abgerufen am 21.11.2024.