Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

mächtiger Fürst/ ein solcher Mensch werde sagen/
troll dich geschwind in aller hunderten taufenden
Namen in Abgrund der Höllen zu deinem Groß-
vatter hinunter/ der dich gesandt hat? und lasse mich
zufrieden; wer ist unter euch allen/ sprach sie da-
rauff zum gantzen Umbstandt/ dem nit solcher Ge-
stalt abgedanckt worden/ wann er mit der War-
heit/ die ohne das überall verhasst ist/ auffzuziehen
sich unterstanden? Solte ich dann allein der Narr
seyn/ mich mit der Warheit schleppen? und unser
aller Großvattern nicht nachfolgen dörffen? dessen
gröste Arcana die Lügen ist.

Eben so kahl kombts/ wann der alte Pfetzpfen-
ning zu meiner Verkleinerung vorgeben will/ die
Hoffart und der Wollust seyen meine Beyständt;
und zwar wann sie es seyn/ so thun sie erst was ihre
Schuldigkeit und die Vermehrung deß höllischen
Reichs von ihnen erfordert; das gibt mich aber
wunder/ daß er mir mißgönnen will/ was er selbst
nit entberen kan! weiset es nit das höllische Proto-
toll auß/ daß diese beyde manchen armen Tropffen
ins Hertz gestigen und den Geitz den Weeg beraitet/
ehe er/ der Geitz/ einmahl gedachte oder sich erkün-
nen dörffte einen solchen Menschen zu attaquirn?
Man schlage nur nach/ so wird man finden/ daß de-
nen so der Geitz verführt/ entweder zuvor die Hof-
fart eingeblassen/ sie müssen zuvor etwas haben/ ehe
sie sich sehen lassen zuprangen: oder daß ihnen die
Raitzung deß Wollusts gerathen/ sie müssen zuvor
etwas zusamen schächern/ ehe sie in Freuden und
Wollust leben köndten; warumb will mir dann nun
dieser mein schöner Großvatter die jenige nit helffen
lassen/ die ihm doch selbst so manchen guten Dienst

gethan/

maͤchtiger Fuͤrſt/ ein ſolcher Menſch werde ſagen/
troll dich geſchwind in aller hunderten taufenden
Namen in Abgrund der Hoͤllen zu deinem Groß-
vatter hinunter/ der dich geſandt hat? und laſſe mich
zufrieden; wer iſt unter euch allen/ ſprach ſie da-
rauff zum gantzen Umbſtandt/ dem nit ſolcher Ge-
ſtalt abgedanckt worden/ wann er mit der War-
heit/ die ohne das uͤberall verhaſſt iſt/ auffzuziehen
ſich unterſtanden? Solte ich dann allein der Narꝛ
ſeyn/ mich mit der Warheit ſchleppen? und unſer
aller Großvattern nicht nachfolgen doͤrffen? deſſen
groͤſte Arcana die Luͤgen iſt.

Eben ſo kahl kombts/ wann der alte Pfetzpfen-
ning zu meiner Verkleinerung vorgeben will/ die
Hoffart und der Wolluſt ſeyen meine Beyſtaͤndt;
und zwar wann ſie es ſeyn/ ſo thun ſie erſt was ihre
Schuldigkeit und die Vermehrung deß hoͤlliſchen
Reichs von ihnen erfordert; das gibt mich aber
wunder/ daß er mir mißgoͤnnen will/ was er ſelbſt
nit entberen kan! weiſet es nit das hoͤlliſche Proto-
toll auß/ daß dieſe beyde manchen armen Tropffen
ins Hertz geſtigen und den Geitz den Weeg beraitet/
ehe er/ der Geitz/ einmahl gedachte oder ſich erkuͤn-
nen doͤrffte einen ſolchen Menſchen zu attaquirn?
Man ſchlage nur nach/ ſo wird man finden/ daß de-
nen ſo der Geitz verfuͤhrt/ entweder zuvor die Hof-
fart eingeblaſſen/ ſie muͤſſen zuvor etwas haben/ ehe
ſie ſich ſehen laſſen zuprangen: oder daß ihnen die
Raitzung deß Wolluſts gerathen/ ſie muͤſſen zuvor
etwas zuſamen ſchaͤchern/ ehe ſie in Freuden und
Wolluſt leben koͤndten; warumb will mir dann nun
dieſer mein ſchoͤner Großvatter die jenige nit helffen
laſſen/ die ihm doch ſelbſt ſo manchen guten Dienſt

gethan/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024"/>
ma&#x0364;chtiger Fu&#x0364;r&#x017F;t/ ein &#x017F;olcher Men&#x017F;ch werde &#x017F;agen/<lb/>
troll dich ge&#x017F;chwind in aller hunderten taufenden<lb/>
Namen in Abgrund der Ho&#x0364;llen zu deinem Groß-<lb/>
vatter hinunter/ der dich ge&#x017F;andt hat? und la&#x017F;&#x017F;e mich<lb/>
zufrieden; wer i&#x017F;t unter euch allen/ &#x017F;prach &#x017F;ie da-<lb/>
rauff zum gantzen Umb&#x017F;tandt/ dem nit &#x017F;olcher Ge-<lb/>
&#x017F;talt abgedanckt worden/ wann er mit der War-<lb/>
heit/ die ohne das u&#x0364;berall verha&#x017F;&#x017F;t i&#x017F;t/ auffzuziehen<lb/>
&#x017F;ich unter&#x017F;tanden? Solte ich dann allein der Nar&#xA75B;<lb/>
&#x017F;eyn/ mich mit der Warheit &#x017F;chleppen? und un&#x017F;er<lb/>
aller Großvattern nicht nachfolgen do&#x0364;rffen? de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;te <hi rendition="#aq">Arcana</hi> die Lu&#x0364;gen i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Eben &#x017F;o kahl kombts/ wann der alte Pfetzpfen-<lb/>
ning zu meiner Verkleinerung vorgeben will/ die<lb/>
Hoffart und der Wollu&#x017F;t &#x017F;eyen meine Bey&#x017F;ta&#x0364;ndt;<lb/>
und zwar wann &#x017F;ie es &#x017F;eyn/ &#x017F;o thun &#x017F;ie er&#x017F;t was ihre<lb/>
Schuldigkeit und die Vermehrung deß ho&#x0364;lli&#x017F;chen<lb/>
Reichs von ihnen erfordert; das gibt mich aber<lb/>
wunder/ daß er mir mißgo&#x0364;nnen will/ was er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
nit entberen kan! wei&#x017F;et es nit das ho&#x0364;lli&#x017F;che Proto-<lb/>
toll auß/ daß die&#x017F;e beyde manchen armen Tropffen<lb/>
ins Hertz ge&#x017F;tigen und den Geitz den Weeg beraitet/<lb/>
ehe er/ der Geitz/ einmahl gedachte oder &#x017F;ich erku&#x0364;n-<lb/>
nen do&#x0364;rffte einen &#x017F;olchen Men&#x017F;chen zu <hi rendition="#aq">attaquirn?</hi><lb/>
Man &#x017F;chlage nur nach/ &#x017F;o wird man finden/ daß de-<lb/>
nen &#x017F;o der Geitz verfu&#x0364;hrt/ entweder zuvor die Hof-<lb/>
fart eingebla&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zuvor etwas haben/ ehe<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en zuprangen: oder daß ihnen die<lb/>
Raitzung deß Wollu&#x017F;ts gerathen/ &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zuvor<lb/>
etwas zu&#x017F;amen &#x017F;cha&#x0364;chern/ ehe &#x017F;ie in Freuden und<lb/>
Wollu&#x017F;t leben ko&#x0364;ndten; warumb will mir dann nun<lb/>
die&#x017F;er mein &#x017F;cho&#x0364;ner Großvatter die jenige nit helffen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ die ihm doch &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o manchen guten Dien&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gethan/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0024] maͤchtiger Fuͤrſt/ ein ſolcher Menſch werde ſagen/ troll dich geſchwind in aller hunderten taufenden Namen in Abgrund der Hoͤllen zu deinem Groß- vatter hinunter/ der dich geſandt hat? und laſſe mich zufrieden; wer iſt unter euch allen/ ſprach ſie da- rauff zum gantzen Umbſtandt/ dem nit ſolcher Ge- ſtalt abgedanckt worden/ wann er mit der War- heit/ die ohne das uͤberall verhaſſt iſt/ auffzuziehen ſich unterſtanden? Solte ich dann allein der Narꝛ ſeyn/ mich mit der Warheit ſchleppen? und unſer aller Großvattern nicht nachfolgen doͤrffen? deſſen groͤſte Arcana die Luͤgen iſt. Eben ſo kahl kombts/ wann der alte Pfetzpfen- ning zu meiner Verkleinerung vorgeben will/ die Hoffart und der Wolluſt ſeyen meine Beyſtaͤndt; und zwar wann ſie es ſeyn/ ſo thun ſie erſt was ihre Schuldigkeit und die Vermehrung deß hoͤlliſchen Reichs von ihnen erfordert; das gibt mich aber wunder/ daß er mir mißgoͤnnen will/ was er ſelbſt nit entberen kan! weiſet es nit das hoͤlliſche Proto- toll auß/ daß dieſe beyde manchen armen Tropffen ins Hertz geſtigen und den Geitz den Weeg beraitet/ ehe er/ der Geitz/ einmahl gedachte oder ſich erkuͤn- nen doͤrffte einen ſolchen Menſchen zu attaquirn? Man ſchlage nur nach/ ſo wird man finden/ daß de- nen ſo der Geitz verfuͤhrt/ entweder zuvor die Hof- fart eingeblaſſen/ ſie muͤſſen zuvor etwas haben/ ehe ſie ſich ſehen laſſen zuprangen: oder daß ihnen die Raitzung deß Wolluſts gerathen/ ſie muͤſſen zuvor etwas zuſamen ſchaͤchern/ ehe ſie in Freuden und Wolluſt leben koͤndten; warumb will mir dann nun dieſer mein ſchoͤner Großvatter die jenige nit helffen laſſen/ die ihm doch ſelbſt ſo manchen guten Dienſt gethan/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/24
Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/24>, abgerufen am 03.12.2024.