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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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gethan/ was aber den Fraß und die Füllerey anbe-
langt/ kan ich nichts davor/ daß er Geitz seine Un-
tersassen so hart hält/ daß sie sich ihrer wie die mei-
nige nit eben so wohl auch annehmen dörffen; ich
zwar halte sie darzu/ weil es meiner Profession ist;
und er läst sie die seinige auch nit außschlagen/ wann
es nur nit über ihren Seckel gehet; und ich sage dan-
noch nicht/ daß er etwas ungereimts daran begehe/
sintemahl es in unserem höllischen Reich ein altes
Herkommen/ daß je ein Mitglied dem andern die
Hand bieten: und wir allesamen gleichsamb wie ein
Kette aneinander hangen sollen; betreffend meines
Anherrn Titul/ daß er nemblich je und allweg/ wie
dann auch noch/ die Wurtzel alles übels genennet
worden/ und daß ich besorglich ihne durch mein Auf-
nemmen verkleinern: oder ihm gar vorgezogen wer-
den möchte; darüber ist mein Antwort/ daß ich ihm
seine gebührende und wolhergebrachte Ehr/ die ihm
die Menschenkinder selbst geben/ weder mißgönne
noch ihm solche abzurauben trachte; allein wird
mich auch niemand unter allen höllischen Geistern
verdencken/ wann ich mich befleisse/ durch meine ei-
gene Qualitäten meinen Großvatter zu übertreffen
oder ihm doch wenigst gleich geschätzt zuwerden;
welches ihm dann mehr zur Ehr als Schand gerai-
chen wird/ weil ich auß ihm meinen Ursprung zuha-
ben bekenne; zwar hat er meines Herkommens hal-
ber etwas irrigs auff die Bahn gebracht/ weil er sich
meiner schämet; in dem ich nicht wie er vorgibt/ deß
Wollusts/ sonder eigentlich seines Sohns deß Uber-
flusses Tochter bin; welcher mich auß der Hoffart
deß allergrösten Fürsten ält[e]sten Tochter: und eben
damals den Wollust auß der Thorheit erzeiget; die-

weil

gethan/ was aber den Fraß und die Fuͤllerey anbe-
langt/ kan ich nichts davor/ daß er Geitz ſeine Un-
terſaſſen ſo hart haͤlt/ daß ſie ſich ihrer wie die mei-
nige nit eben ſo wohl auch annehmen doͤrffen; ich
zwar halte ſie darzu/ weil es meiner Profeſſion iſt;
und er laͤſt ſie die ſeinige auch nit außſchlagen/ wann
es nur nit uͤber ihren Seckel gehet; und ich ſage dan-
noch nicht/ daß er etwas ungereimts daran begehe/
ſintemahl es in unſerem hoͤlliſchen Reich ein altes
Herkommen/ daß je ein Mitglied dem andern die
Hand bieten: und wir alleſamen gleichſamb wie ein
Kette aneinander hangen ſollen; betreffend meines
Anherꝛn Titul/ daß er nemblich je und allweg/ wie
dann auch noch/ die Wurtzel alles uͤbels genennet
worden/ und daß ich beſorglich ihne durch mein Auf-
nemmen verkleinern: oder ihm gar vorgezogen wer-
den moͤchte; daruͤber iſt mein Antwort/ daß ich ihm
ſeine gebuͤhrende und wolhergebrachte Ehr/ die ihm
die Menſchenkinder ſelbſt geben/ weder mißgoͤnne
noch ihm ſolche abzurauben trachte; allein wird
mich auch niemand unter allen hoͤlliſchen Geiſtern
verdencken/ wann ich mich befleiſſe/ durch meine ei-
gene Qualitaͤten meinen Großvatter zu uͤbertreffen
oder ihm doch wenigſt gleich geſchaͤtzt zuwerden;
welches ihm dann mehr zur Ehr als Schand gerai-
chen wird/ weil ich auß ihm meinen Urſprung zuha-
ben bekenne; zwar hat er meines Herkommens hal-
ber etwas irrigs auff die Bahn gebracht/ weil er ſich
meiner ſchaͤmet; in dem ich nicht wie er vorgibt/ deß
Wolluſts/ ſonder eigentlich ſeines Sohns deß Uber-
fluſſes Tochter bin; welcher mich auß der Hoffart
deß allergroͤſten Fuͤrſten ält[e]ſten Tochter: und eben
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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/25>, abgerufen am 21.11.2024.