Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch.
unleidenlichen Gestanck die Zech bezahlte/ also daß
auch meine Teuffel selbst schier nicht mehr bey mir
bleiben konten; damals legten sie mich in ein Ley-
lach/ und zerplotzten mich so unbarmbertzig/ daß mir
alle innerliche Glieder sampt der Seelen herauß hät-
ten fahren mögen. Worvon ich dermassen auß mir
selber kam/ und deß Gebrauchs meiner Sinnen be-
raubt wurde/ daß ich gleichsam wie todt da lag/ ich
weiß auch nicht was sie ferners mit mir gemacht ha-
ben/ so gar war ich allerdings dahin.

Das VI. Capitel.

ALs ich wieder zu mir selber kam/ befand ich mich
nicht mehr in dem öden Keller bey den Teuffeln/
sondern in einem schönen Saal/ unter den Händen
dreyer der allergarstigsten alten Weiber/ so der Erd-
boden je getragen; ich hielte sie anfänglich/ als ich
die Augen ein wenig öffnete/ vor natürliche höllische
Geister/ hätte ich aber die alte Heydnische Poeten
schon gelesen gehabt/ so hätte ich sie vor die Eumeni-
des,
oder wenigst die eine eigentlich vor die Thisipho-
ne
gehalten/ welche mich wie den Athamantem mei-
ner Sinn zu berauben/ auß der Höllen ankommen
wäre/ weil ich zuvor wol wuste/ daß ich darumb da
war/ zum Narren zu werden: Diese hatte ein paar
Augen wie zween Jrrwisch/ und zwischen denselben
eine lange magere Habichs-Nas/ deren Ende oder
Spitz die undere Lefftzen allerdings erreichte/ nur
zween Zähn sahe ich in ihrem Maul/ sie waren aber
so vollkommen/ lang/ rund und dick/ daß sich jeder bey
nahe der Gestalt nach mit dem Goldfinger/ der Farb
nach aber sich mit dem Gold selbst hätte vergleichen

lassen

Zweytes Buch.
unleidenlichen Geſtanck die Zech bezahlte/ alſo daß
auch meine Teuffel ſelbſt ſchier nicht mehr bey mir
bleiben konten; damals legten ſie mich in ein Ley-
lach/ und zerplotzten mich ſo unbarmbertzig/ daß mir
alle innerliche Glieder ſampt der Seelen herauß haͤt-
ten fahren moͤgen. Worvon ich dermaſſen auß mir
ſelber kam/ und deß Gebrauchs meiner Sinnen be-
raubt wurde/ daß ich gleichſam wie todt da lag/ ich
weiß auch nicht was ſie ferners mit mir gemacht ha-
ben/ ſo gar war ich allerdings dahin.

Das VI. Capitel.

ALs ich wieder zu mir ſelber kam/ befand ich mich
nicht mehr in dem oͤden Keller bey den Teuffeln/
ſondern in einem ſchoͤnen Saal/ unter den Haͤnden
dreyer der allergarſtigſten alten Weiber/ ſo der Erd-
boden je getragen; ich hielte ſie anfaͤnglich/ als ich
die Augen ein wenig oͤffnete/ vor natuͤrliche hoͤlliſche
Geiſter/ haͤtte ich aber die alte Heydniſche Poëten
ſchon geleſen gehabt/ ſo haͤtte ich ſie vor die Eumeni-
des,
oder wenigſt die eine eigentlich vor die Thiſipho-
ne
gehalten/ welche mich wie den Athamantem mei-
ner Sinn zu berauben/ auß der Hoͤllen ankommen
waͤre/ weil ich zuvor wol wuſte/ daß ich darumb da
war/ zum Narꝛen zu werden: Dieſe hatte ein paar
Augen wie zween Jrꝛwiſch/ und zwiſchen denſelben
eine lange magere Habichs-Nas/ deren Ende oder
Spitz die undere Lefftzen allerdings erꝛeichte/ nur
zween Zaͤhn ſahe ich in ihrem Maul/ ſie waren aber
ſo vollkommen/ lang/ rund und dick/ daß ſich jeder bey
nahe der Geſtalt nach mit dem Goldfinger/ der Farb
nach aber ſich mit dem Gold ſelbſt haͤtte vergleichen

laſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0145" n="139"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/>
unleidenlichen Ge&#x017F;tanck die Zech bezahlte/ al&#x017F;o daß<lb/>
auch meine Teuffel &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chier nicht mehr bey mir<lb/>
bleiben konten; damals legten &#x017F;ie mich in ein Ley-<lb/>
lach/ und zerplotzten mich &#x017F;o unbarmbertzig/ daß mir<lb/>
alle innerliche Glieder &#x017F;ampt der Seelen herauß ha&#x0364;t-<lb/>
ten fahren mo&#x0364;gen. Worvon ich derma&#x017F;&#x017F;en auß mir<lb/>
&#x017F;elber kam/ und deß Gebrauchs meiner Sinnen be-<lb/>
raubt wurde/ daß ich gleich&#x017F;am wie todt da lag/ ich<lb/>
weiß auch nicht was &#x017F;ie ferners mit mir gemacht ha-<lb/>
ben/ &#x017F;o gar war ich allerdings dahin.</p>
      </div><lb/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#fr">Das</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">VI.</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Capitel.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>Ls ich wieder zu mir &#x017F;elber kam/ befand ich mich<lb/>
nicht mehr in dem o&#x0364;den Keller bey den Teuffeln/<lb/>
&#x017F;ondern in einem &#x017F;cho&#x0364;nen Saal/ unter den Ha&#x0364;nden<lb/>
dreyer der allergar&#x017F;tig&#x017F;ten alten Weiber/ &#x017F;o der Erd-<lb/>
boden je getragen; ich hielte &#x017F;ie anfa&#x0364;nglich/ als ich<lb/>
die Augen ein wenig o&#x0364;ffnete/ vor natu&#x0364;rliche ho&#x0364;lli&#x017F;che<lb/>
Gei&#x017F;ter/ ha&#x0364;tte ich aber die alte Heydni&#x017F;che <hi rendition="#aq">Poët</hi>en<lb/>
&#x017F;chon gele&#x017F;en gehabt/ &#x017F;o ha&#x0364;tte ich &#x017F;ie vor die <hi rendition="#aq">Eumeni-<lb/>
des,</hi> oder wenig&#x017F;t die eine eigentlich vor die <hi rendition="#aq">Thi&#x017F;ipho-<lb/>
ne</hi> gehalten/ welche mich wie den <hi rendition="#aq">Athamantem</hi> mei-<lb/>
ner Sinn zu berauben/ auß der Ho&#x0364;llen ankommen<lb/>
wa&#x0364;re/ weil ich zuvor wol wu&#x017F;te/ daß ich darumb da<lb/>
war/ zum Nar&#xA75B;en zu werden: Die&#x017F;e hatte ein paar<lb/>
Augen wie zween Jr&#xA75B;wi&#x017F;ch/ und zwi&#x017F;chen den&#x017F;elben<lb/>
eine lange magere Habichs-Nas/ deren Ende oder<lb/>
Spitz die undere Lefftzen allerdings er&#xA75B;eichte/ nur<lb/>
zween Za&#x0364;hn &#x017F;ahe ich in ihrem Maul/ &#x017F;ie waren aber<lb/>
&#x017F;o vollkommen/ lang/ rund und dick/ daß &#x017F;ich jeder bey<lb/>
nahe der Ge&#x017F;talt nach mit dem Goldfinger/ der Farb<lb/>
nach aber &#x017F;ich mit dem Gold &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x0364;tte vergleichen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">la&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0145] Zweytes Buch. unleidenlichen Geſtanck die Zech bezahlte/ alſo daß auch meine Teuffel ſelbſt ſchier nicht mehr bey mir bleiben konten; damals legten ſie mich in ein Ley- lach/ und zerplotzten mich ſo unbarmbertzig/ daß mir alle innerliche Glieder ſampt der Seelen herauß haͤt- ten fahren moͤgen. Worvon ich dermaſſen auß mir ſelber kam/ und deß Gebrauchs meiner Sinnen be- raubt wurde/ daß ich gleichſam wie todt da lag/ ich weiß auch nicht was ſie ferners mit mir gemacht ha- ben/ ſo gar war ich allerdings dahin. Das VI. Capitel. ALs ich wieder zu mir ſelber kam/ befand ich mich nicht mehr in dem oͤden Keller bey den Teuffeln/ ſondern in einem ſchoͤnen Saal/ unter den Haͤnden dreyer der allergarſtigſten alten Weiber/ ſo der Erd- boden je getragen; ich hielte ſie anfaͤnglich/ als ich die Augen ein wenig oͤffnete/ vor natuͤrliche hoͤlliſche Geiſter/ haͤtte ich aber die alte Heydniſche Poëten ſchon geleſen gehabt/ ſo haͤtte ich ſie vor die Eumeni- des, oder wenigſt die eine eigentlich vor die Thiſipho- ne gehalten/ welche mich wie den Athamantem mei- ner Sinn zu berauben/ auß der Hoͤllen ankommen waͤre/ weil ich zuvor wol wuſte/ daß ich darumb da war/ zum Narꝛen zu werden: Dieſe hatte ein paar Augen wie zween Jrꝛwiſch/ und zwiſchen denſelben eine lange magere Habichs-Nas/ deren Ende oder Spitz die undere Lefftzen allerdings erꝛeichte/ nur zween Zaͤhn ſahe ich in ihrem Maul/ ſie waren aber ſo vollkommen/ lang/ rund und dick/ daß ſich jeder bey nahe der Geſtalt nach mit dem Goldfinger/ der Farb nach aber ſich mit dem Gold ſelbſt haͤtte vergleichen laſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/145
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/145>, abgerufen am 24.11.2024.