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Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Dort saß auch heute die Frau Conrectorin in sauber gebügeltem weißem Häubchen mit ponceaurothen Bändern und schenkte so eben Kaffee aus silberner Kanne, doch nicht bloß für sich.

Ja, ja, Vetter Isidörchen, sagte die Frau Conrectorin, sehen Sie, so lebe ich alle Tage, die Gott giebt, und bin vergnügt und zufrieden, wenn mich die Welt nur in Ruhe läßt, ich will auch nichts mehr von ihr. -- Von Ihnen aber ist's schön, daß Sie meine stillen Sonntage mit Ihrem Besuch erfreuen, man hat dann doch eine Ansprache und kann eins plaudern von vergangenen Tagen. -- Noch ein Täßchen gefällig, Herr Substitut oder Herr Archivar, -- wie muß man den eigentlich sagen? Sie sind ja wohl avancirt, wenn mir recht ist?

Sagen Sie immerzu Vetter, Frau Conrectorin, es ist einmal wieder nichts gewesen.

Ah, das ist aber schade, na denn ein andermal; man muß nie die Courage verlieren, und zuletzt kann's Ihnen ja gleich sein, Vetter Isidörchen; mit Ihrem Vermögen können Sie bequem leben. Ich dachte nur, weil Sie heute so besonders -- wie soll ich sagen? -- so festlich herausgemustert sind.

Sie spaßen, Frau Conrectorin.

Nun, nun, werden Sie nur nicht so roth, Vetter Isidörchen, es war ja nicht böse gemeint. Die weiße Weste steht Ihnen ganz gut, dazu die weißen Handschuhe, die schöne, feuerrothe Cravatte und der neue

Dort saß auch heute die Frau Conrectorin in sauber gebügeltem weißem Häubchen mit ponceaurothen Bändern und schenkte so eben Kaffee aus silberner Kanne, doch nicht bloß für sich.

Ja, ja, Vetter Isidörchen, sagte die Frau Conrectorin, sehen Sie, so lebe ich alle Tage, die Gott giebt, und bin vergnügt und zufrieden, wenn mich die Welt nur in Ruhe läßt, ich will auch nichts mehr von ihr. — Von Ihnen aber ist's schön, daß Sie meine stillen Sonntage mit Ihrem Besuch erfreuen, man hat dann doch eine Ansprache und kann eins plaudern von vergangenen Tagen. — Noch ein Täßchen gefällig, Herr Substitut oder Herr Archivar, — wie muß man den eigentlich sagen? Sie sind ja wohl avancirt, wenn mir recht ist?

Sagen Sie immerzu Vetter, Frau Conrectorin, es ist einmal wieder nichts gewesen.

Ah, das ist aber schade, na denn ein andermal; man muß nie die Courage verlieren, und zuletzt kann's Ihnen ja gleich sein, Vetter Isidörchen; mit Ihrem Vermögen können Sie bequem leben. Ich dachte nur, weil Sie heute so besonders — wie soll ich sagen? — so festlich herausgemustert sind.

Sie spaßen, Frau Conrectorin.

Nun, nun, werden Sie nur nicht so roth, Vetter Isidörchen, es war ja nicht böse gemeint. Die weiße Weste steht Ihnen ganz gut, dazu die weißen Handschuhe, die schöne, feuerrothe Cravatte und der neue

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[0008] Dort saß auch heute die Frau Conrectorin in sauber gebügeltem weißem Häubchen mit ponceaurothen Bändern und schenkte so eben Kaffee aus silberner Kanne, doch nicht bloß für sich. Ja, ja, Vetter Isidörchen, sagte die Frau Conrectorin, sehen Sie, so lebe ich alle Tage, die Gott giebt, und bin vergnügt und zufrieden, wenn mich die Welt nur in Ruhe läßt, ich will auch nichts mehr von ihr. — Von Ihnen aber ist's schön, daß Sie meine stillen Sonntage mit Ihrem Besuch erfreuen, man hat dann doch eine Ansprache und kann eins plaudern von vergangenen Tagen. — Noch ein Täßchen gefällig, Herr Substitut oder Herr Archivar, — wie muß man den eigentlich sagen? Sie sind ja wohl avancirt, wenn mir recht ist? Sagen Sie immerzu Vetter, Frau Conrectorin, es ist einmal wieder nichts gewesen. Ah, das ist aber schade, na denn ein andermal; man muß nie die Courage verlieren, und zuletzt kann's Ihnen ja gleich sein, Vetter Isidörchen; mit Ihrem Vermögen können Sie bequem leben. Ich dachte nur, weil Sie heute so besonders — wie soll ich sagen? — so festlich herausgemustert sind. Sie spaßen, Frau Conrectorin. Nun, nun, werden Sie nur nicht so roth, Vetter Isidörchen, es war ja nicht böse gemeint. Die weiße Weste steht Ihnen ganz gut, dazu die weißen Handschuhe, die schöne, feuerrothe Cravatte und der neue

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:31:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T10:31:15Z)

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Zitationshilfe: Grosse, Julius: Vetter Isidor. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 20. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 103–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grosse_isidor_1910/8>, abgerufen am 28.04.2024.