Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite
PAPINIANUS.
Eugenia Gracilis. Papinianus Hostilius.
Papinianus.
Ein Haubtmann.
Ach was erwarten wir! warumb die grauen Haar
Auff disen Tag verspart! was sind die langen Jahr
Als Staffeln zu der Angst/ die das gekränckte Leben
40.Nach so vil rauer Qual dem Abgrund übergeben?
Jn welchem Ehr und Ruhm und Stand und Glück versinckt/
Und unser hoffen selbst in tiffster Schmach ertrinckt.
Mein Sohn! ach wenn du mir die Augen zugedrücket!
Wenn du den kalten Leib zu letzter Grufft beschicket/
45.Eh dises Licht anbrach! hätt Jch nach höchster Lust
Das lib' Elyser-Feld mit Freuden-voller Brust/
Umbkräntzt mit deiner Ehr und hohem Glantz besuchet!
O wüntschen sonder Frucht!
Papinian. Wer nur dem Wechsel
fluchet/
Und bloß die Hoheit libt/ die auff-und untergeht:
50.Nicht anders als Dian, die jtzt in Flammen steht/
Bald aber zanckicht wird/ und ehe sie sich theilet
Schon vor der Sonn erblast/ und in jhr dunckel eilet/
Jn dem Sie gantz verschwindt: Der kennt das strenge Recht
Deß schnellen Lebens nicht. Was sterblich: Schwebet schlecht
55.Auff lauter Ebb und Flutt. Was uns pflag groß zu machen/
Was vor der Welt uns zirt; das sind geborgte Sachen.
Was druckt und was man druckt/ ist nur der leere Tand.
Jm Hertzen steht der Schatz den keiner Rauber-hand/
Jm Hertzen blüht der Ruhm/ den keine Macht entführet.
60.Was Mutter mich und dich auff unvergänglich ziret:
Nimmt uns kein Bassian. Heut ist der grosse Tag
Den wer uns trew und huld/ mit Lust bejauchzen mag.
Der Tag ists welcher dich zu einer Mutter machet/
Deß Sohnes/ der den Trotz der rauen Macht verlachet/
65.Deß Sohnes der vor stand/ und Gold/ Gewissen schätzt/
Und vor das Heilge Recht/ den reinen Leib auffsetzt.
Diß ist der Tag der mir die Ewigkeit bescheret.
Der mir was Zeit noch Leid zutreten kan/ gewehret.
Auff
PAPINIANUS.
Eugenia Gracilis. Papinianus Hoſtilius.
Papinianus.
Ein Haubtmann.
Ach was erwarten wir! warumb die grauen Haar
Auff diſen Tag verſpart! was ſind die langen Jahr
Als Staffeln zu der Angſt/ die das gekraͤnckte Leben
40.Nach ſo vil rauer Qual dem Abgrund uͤbergeben?
Jn welchem Ehr und Ruhm und Stand und Gluͤck verſinckt/
Und unſer hoffen ſelbſt in tiffſter Schmach ertrinckt.
Mein Sohn! ach wenn du mir die Augen zugedruͤcket!
Wenn du den kalten Leib zu letzter Grufft beſchicket/
45.Eh diſes Licht anbrach! haͤtt Jch nach hoͤchſter Luſt
Das lib’ Elyſer-Feld mit Freuden-voller Bruſt/
Umbkraͤntzt mit deiner Ehr und hohem Glantz beſuchet!
O wuͤntſchen ſonder Frucht!
Papinian. Wer nur dem Wechſel
fluchet/
Und bloß die Hoheit libt/ die auff-und untergeht:
50.Nicht anders als Dian, die jtzt in Flammen ſteht/
Bald aber zanckicht wird/ und ehe ſie ſich theilet
Schon vor der Sonn erblaſt/ und in jhr dunckel eilet/
Jn dem Sie gantz verſchwindt: Der kennt das ſtrenge Recht
Deß ſchnellen Lebens nicht. Was ſterblich: Schwebet ſchlecht
55.Auff lauter Ebb und Flutt. Was uns pflag groß zu machen/
Was vor der Welt uns zirt; das ſind geborgte Sachen.
Was druckt und was man druckt/ iſt nur der leere Tand.
Jm Hertzen ſteht der Schatz den keiner Rauber-hand/
Jm Hertzen bluͤht der Ruhm/ den keine Macht entfuͤhret.
60.Was Mutter mich und dich auff unvergaͤnglich ziret:
Nim̃t uns kein Basſian. Heut iſt der groſſe Tag
Den wer uns trew und huld/ mit Luſt bejauchzen mag.
Der Tag iſts welcher dich zu einer Mutter machet/
Deß Sohnes/ der den Trotz der rauen Macht verlachet/
65.Deß Sohnes der vor ſtand/ und Gold/ Gewiſſen ſchaͤtzt/
Und vor das Heilge Recht/ den reinen Leib auffſetzt.
Diß iſt der Tag der mir die Ewigkeit beſcheret.
Der mir was Zeit noch Leid zutreten kan/ gewehret.
Auff
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0107"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">PAPINIANUS.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">Eugenia Gracilis. Papinianus Ho&#x017F;tilius.<lb/>
Papinianus.</hi> <hi rendition="#fr">Ein Haubtmann.</hi> </hi> </stage><lb/>
          <sp>
            <p>Ach was erwarten wir! warumb die grauen Haar<lb/>
Auff di&#x017F;en Tag ver&#x017F;part! was &#x017F;ind die langen Jahr<lb/>
Als Staffeln zu der Ang&#x017F;t/ die das gekra&#x0364;nckte Leben<lb/><note place="left">40.</note>Nach &#x017F;o vil rauer Qual dem Abgrund u&#x0364;bergeben?<lb/>
Jn welchem Ehr und Ruhm und Stand und Glu&#x0364;ck ver&#x017F;inckt/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd un&#x017F;er hoffen &#x017F;elb&#x017F;t in tiff&#x017F;ter Schmach ertrinckt.<lb/>
Mein Sohn! ach wenn du mir die Augen zugedru&#x0364;cket!<lb/>
Wenn du den kalten Leib zu letzter Grufft be&#x017F;chicket/<lb/><note place="left">45.</note>Eh di&#x017F;es Licht anbrach! ha&#x0364;tt Jch nach ho&#x0364;ch&#x017F;ter Lu&#x017F;t<lb/>
Das lib&#x2019; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Ely&#x017F;er</hi>-</hi>Feld mit Freuden-voller Bru&#x017F;t/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>mbkra&#x0364;ntzt mit deiner Ehr und hohem Glantz be&#x017F;uchet!<lb/>
O wu&#x0364;nt&#x017F;chen &#x017F;onder Frucht!</p>
          </sp>
          <sp who="#MPP">
            <speaker> <hi rendition="#aq">Papinian.</hi> </speaker>
            <p>Wer nur dem Wech&#x017F;el<lb/><hi rendition="#et">fluchet/</hi><lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd bloß die Hoheit libt/ die auff-und untergeht:<lb/><note place="left">50.</note>Nicht anders als <hi rendition="#aq">Dian,</hi> die jtzt in Flammen &#x017F;teht/<lb/>
Bald aber zanckicht wird/ und ehe &#x017F;ie &#x017F;ich theilet<lb/>
Schon vor der Sonn erbla&#x017F;t/ und in jhr dunckel eilet/<lb/>
Jn dem Sie gantz ver&#x017F;chwindt: Der kennt das &#x017F;trenge Recht<lb/>
Deß &#x017F;chnellen Lebens nicht. Was &#x017F;terblich: Schwebet &#x017F;chlecht<lb/><note place="left">55.</note>Auff lauter Ebb und Flutt. Was uns pflag groß zu machen/<lb/>
Was vor der Welt uns zirt; das &#x017F;ind geborgte Sachen.<lb/>
Was druckt und was man druckt/ i&#x017F;t nur der leere Tand.<lb/>
Jm Hertzen &#x017F;teht der Schatz den keiner Rauber-hand/<lb/>
Jm Hertzen blu&#x0364;ht der Ruhm/ den keine Macht entfu&#x0364;hret.<lb/><note place="left">60.</note>Was Mutter mich und dich auff unverga&#x0364;nglich ziret:<lb/>
Nim&#x0303;t uns kein <hi rendition="#aq">Bas&#x017F;ian.</hi> Heut i&#x017F;t der gro&#x017F;&#x017F;e Tag<lb/>
Den wer uns trew und huld/ mit Lu&#x017F;t bejauchzen mag.<lb/>
Der Tag i&#x017F;ts welcher dich zu einer Mutter machet/<lb/>
Deß Sohnes/ der den Trotz der rauen Macht verlachet/<lb/><note place="left">65.</note>Deß Sohnes der vor &#x017F;tand/ und Gold/ Gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;cha&#x0364;tzt/<lb/><hi rendition="#fr">U</hi>nd vor das Heilge Recht/ den reinen Leib auff&#x017F;etzt.<lb/>
Diß i&#x017F;t der Tag der mir die Ewigkeit be&#x017F;cheret.<lb/>
Der mir was Zeit noch Leid zutreten kan/ gewehret.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Auff</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0107] PAPINIANUS. Eugenia Gracilis. Papinianus Hoſtilius. Papinianus. Ein Haubtmann. Ach was erwarten wir! warumb die grauen Haar Auff diſen Tag verſpart! was ſind die langen Jahr Als Staffeln zu der Angſt/ die das gekraͤnckte Leben Nach ſo vil rauer Qual dem Abgrund uͤbergeben? Jn welchem Ehr und Ruhm und Stand und Gluͤck verſinckt/ Und unſer hoffen ſelbſt in tiffſter Schmach ertrinckt. Mein Sohn! ach wenn du mir die Augen zugedruͤcket! Wenn du den kalten Leib zu letzter Grufft beſchicket/ Eh diſes Licht anbrach! haͤtt Jch nach hoͤchſter Luſt Das lib’ Elyſer-Feld mit Freuden-voller Bruſt/ Umbkraͤntzt mit deiner Ehr und hohem Glantz beſuchet! O wuͤntſchen ſonder Frucht! Papinian. Wer nur dem Wechſel fluchet/ Und bloß die Hoheit libt/ die auff-und untergeht: Nicht anders als Dian, die jtzt in Flammen ſteht/ Bald aber zanckicht wird/ und ehe ſie ſich theilet Schon vor der Sonn erblaſt/ und in jhr dunckel eilet/ Jn dem Sie gantz verſchwindt: Der kennt das ſtrenge Recht Deß ſchnellen Lebens nicht. Was ſterblich: Schwebet ſchlecht Auff lauter Ebb und Flutt. Was uns pflag groß zu machen/ Was vor der Welt uns zirt; das ſind geborgte Sachen. Was druckt und was man druckt/ iſt nur der leere Tand. Jm Hertzen ſteht der Schatz den keiner Rauber-hand/ Jm Hertzen bluͤht der Ruhm/ den keine Macht entfuͤhret. Was Mutter mich und dich auff unvergaͤnglich ziret: Nim̃t uns kein Basſian. Heut iſt der groſſe Tag Den wer uns trew und huld/ mit Luſt bejauchzen mag. Der Tag iſts welcher dich zu einer Mutter machet/ Deß Sohnes/ der den Trotz der rauen Macht verlachet/ Deß Sohnes der vor ſtand/ und Gold/ Gewiſſen ſchaͤtzt/ Und vor das Heilge Recht/ den reinen Leib auffſetzt. Diß iſt der Tag der mir die Ewigkeit beſcheret. Der mir was Zeit noch Leid zutreten kan/ gewehret. Auff

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/107
Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_rechtsgelehrter_1659/107>, abgerufen am 24.05.2024.