Gryphius, Andreas: Großmüttiger Rechts-Gelehrter/ Oder Sterbender Æmilius Paulus Papinianus. Breslau, 1659.PAPINIANUS. Schreibt man ein härter Recht! Sie müssen diß nur achten;Durch dessen Untergang Sie sincken und verschmachten. Die Libe der Gewalt geht weit vor Blut und Kind. Doch Sie ists (werthe Fraw) die kein Gesetze bindt. 215.Sie siht auff einem Thron zwey Jhrer Söhne blühen/ Der Ein ist ja jhr Kind/ durch Sorg und aufferzihen/ Der Ander durch Geburt. Sie herrscht durch beyder Macht/ Wolan! Sie nehme beyd' auff gleiche Weis' in acht. Geh' auß dem Mittel weg nicht auff die eine Seiten/ 220.Sie laß Jhr eigen Fleisch sich nicht in jrre leiten. Iulia. Zeugt Fürsten jener Welt! du vorhin Ehgemahl 225.Und numehr Göttern gleich! Wir wissen keine Wahl. Hört beyde Söhn' und glaubt! Wir wissen nicht zu fagen: Zu welchem Wir mehr Lib' und wahre Neigung tragen. Bassian. O Mutter! wär' es so! wol stünd es umb das Reich! Wol auch umb Sie und Uns! Wir herrschten beyde gleich! Entbränt in eine Lib'/ hergegen muß man klagen: Daß es der Bruder nur zu viel auff Sie darff wagen. Was stöst er jtzt nicht umb? Nur weil es uns belibt: 230.Und Jhm der Mutter Gunst was frecher Sinnen gibt! Iulia. Fürst! ewig werthes Kind! Wir knien vor beyder Füssen/ Und wüntschen (ists geschehn!) durch unser Blut zu hüssen/ Er mäss' uns diß nicht zu/ was nie von uns gedacht. Ein Hof-Verläumbder hat uns in diß Netz gebracht. 235.Ein toller frecher Mann/ der Euer beyder Leben Verfolgt/ und sich selb-selbst wil auff den Thron erheben. Geta. Auff Mutter von der Erd! Es ist nicht weinens Zeit Wenn jeder wider uns und unser Unschuld schreyt. Wenn jeder Sie durch uns sucht in das Grab zu stürtzen/ 240.Ja selbst deß Brudern Macht durch beyder Fall zu kürtzen. Iulia. Jst denn die Brüder-Lib' in beyder Hertzen kalt? Geta. Hir brennt Sie! Bassian libt leider nur Gewalt. Bassian. Hir brant Sie! Geta dämpfft sie mit list/ ha[t] und zancken. (wird wancken Geta. Der seinem Bruder trew/ wenn Reich und Thron Bassian B jv
PAPINIANUS. Schreibt man ein haͤrter Recht! Sie muͤſſen diß nur achten;Durch deſſen Untergang Sie ſincken und verſchmachten. Die Libe der Gewalt geht weit vor Blut und Kind. Doch Sie iſts (werthe Fraw) die kein Geſetze bindt. 215.Sie ſiht auff einem Thron zwey Jhrer Soͤhne bluͤhen/ Der Ein iſt ja jhr Kind/ durch Sorg und aufferzihen/ Der Ander durch Geburt. Sie herꝛſcht durch beyder Macht/ Wolan! Sie nehme beyd’ auff gleiche Weiſ’ in acht. Geh’ auß dem Mittel weg nicht auff die eine Seiten/ 220.Sie laß Jhr eigen Fleiſch ſich nicht in jrre leiten. Iulia. Zeugt Fuͤrſten jener Welt! du vorhin Ehgemahl 225.Und numehr Goͤttern gleich! Wir wiſſen keine Wahl. Hoͤrt beyde Soͤhn’ und glaubt! Wir wiſſen nicht zu fagen: Zu welchem Wir mehr Lib’ und wahre Neigung tragen. Basſian. O Mutter! waͤr’ es ſo! wol ſtuͤnd es umb das Reich! Wol auch umb Sie und Uns! Wir herꝛſchten beyde gleich! Entbraͤnt in eine Lib’/ hergegen muß man klagen: Daß es der Bruder nur zu viel auff Sie darff wagen. Was ſtoͤſt er jtzt nicht umb? Nur weil es uns belibt: 230.Und Jhm der Mutter Gunſt was frecher Sinnen gibt! Iulia. Fuͤrſt! ewig werthes Kind! Wir knien vor beyder Fuͤſſen/ Und wuͤntſchen (iſts geſchehn!) durch unſer Blut zu huͤſſen/ Er maͤſſ’ uns diß nicht zu/ was nie von uns gedacht. Ein Hof-Verlaͤumbder hat uns in diß Netz gebracht. 235.Ein toller frecher Mann/ der Euer beyder Leben Verfolgt/ und ſich ſelb-ſelbſt wil auff den Thron erheben. Geta. Auff Mutter von der Erd! Es iſt nicht weinens Zeit Wenn jeder wider uns und unſer Unſchuld ſchreyt. Wenn jeder Sie durch uns ſucht in das Grab zu ſtuͤrtzen/ 240.Ja ſelbſt deß Brudern Macht durch beyder Fall zu kuͤrtzen. Iulia. Jſt denn die Bruͤder-Lib’ in beyder Hertzen kalt? Geta. Hir brennt Sie! Basſian libt leider nur Gewalt. Basſian. Hir brant Sie! Geta daͤmpfft ſie mit liſt/ ha[t] und zancken. (wird wancken Geta. Der ſeinem Bruder trew/ wenn Reich und Thron Basſian B jv
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Schreibt man ein haͤrter Recht! Sie muͤſſen diß nur achten;
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Die Libe der Gewalt geht weit vor Blut und Kind.
Doch Sie iſts (werthe Fraw) die kein Geſetze bindt.
Sie ſiht auff einem Thron zwey Jhrer Soͤhne bluͤhen/
Der Ein iſt ja jhr Kind/ durch Sorg und aufferzihen/
Der Ander durch Geburt. Sie herꝛſcht durch beyder Macht/
Wolan! Sie nehme beyd’ auff gleiche Weiſ’ in acht.
Geh’ auß dem Mittel weg nicht auff die eine Seiten/
Sie laß Jhr eigen Fleiſch ſich nicht in jrre leiten.
Iulia. Zeugt Fuͤrſten jener Welt! du vorhin Ehgemahl
Und numehr Goͤttern gleich! Wir wiſſen keine Wahl.
Hoͤrt beyde Soͤhn’ und glaubt! Wir wiſſen nicht zu fagen:
Zu welchem Wir mehr Lib’ und wahre Neigung tragen.
Basſian. O Mutter! waͤr’ es ſo! wol ſtuͤnd es umb das Reich!
Wol auch umb Sie und Uns! Wir herꝛſchten beyde gleich!
Entbraͤnt in eine Lib’/ hergegen muß man klagen:
Daß es der Bruder nur zu viel auff Sie darff wagen.
Was ſtoͤſt er jtzt nicht umb? Nur weil es uns belibt:
Und Jhm der Mutter Gunſt was frecher Sinnen gibt!
Iulia. Fuͤrſt! ewig werthes Kind! Wir knien vor beyder
Fuͤſſen/
Und wuͤntſchen (iſts geſchehn!) durch unſer Blut zu huͤſſen/
Er maͤſſ’ uns diß nicht zu/ was nie von uns gedacht.
Ein Hof-Verlaͤumbder hat uns in diß Netz gebracht.
Ein toller frecher Mann/ der Euer beyder Leben
Verfolgt/ und ſich ſelb-ſelbſt wil auff den Thron erheben.
Geta. Auff Mutter von der Erd! Es iſt nicht weinens Zeit
Wenn jeder wider uns und unſer Unſchuld ſchreyt.
Wenn jeder Sie durch uns ſucht in das Grab zu ſtuͤrtzen/
Ja ſelbſt deß Brudern Macht durch beyder Fall zu kuͤrtzen.
Iulia. Jſt denn die Bruͤder-Lib’ in beyder Hertzen kalt?
Geta. Hir brennt Sie! Basſian libt leider nur Gewalt.
Basſian. Hir brant Sie! Geta daͤmpfft ſie mit liſt/ hat
und zancken. (wird wancken
Geta. Der ſeinem Bruder trew/ wenn Reich und Thron
Basſian
B jv
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