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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
wider Willen keine Nazion in der Regel gezwungen
werden, ihr Eigenthum einer andern auf irgend eine
Art zu überlassen a]. Doch giebt es allerdings Aus-
nahmen wo in Nothfällen z. B. zu Beendigung eines
Krieges, oder wenn das algemeine Wohl oder die Er-
haltung eines Staats es sonst unumgänglich erfodert,
das andere Volk zur Einwilligung genöthigt werden
kan. So lange aber diese noch fehlt kann die Erwer-
bung als beständig nicht angesehn werden. Zuweilen
muß ein Staat, durch besondere Umstände veranlaßt,
sich in voraus verbindlich machen, künftig eine ver-
langende Veräusserung unter gewissen annehmlichen
Bedingungen einzugehn b].

a] Quid enim rationi, quid divino humanoque iuri mi-
nus congruum,
sagt daher König Karl XI. von Schwe-
den 1689 in einem Beschwerdeschreiben an den Kaiser
gegen Dänemark in den damaligen Streitigkeiten wegen
Holstein-Schleswig, quam vt quis possessionibus suis
legitimis per vim dejiciatur et ad sua alienis commu-
tanda invitus adigatur. Quod prodi poterit exem-
plum perniciosius ad fas nefasque omne miscendum
et vt potentiores quaevis sibi licere in infirmiores
credant? Lünig literae proc. Europ. P. III. p.
219.
b] Die Beschuldigungen wegen abgenöthigten Tausches der
baierischen Lande in den neusten Zeiten sind bekant. Zu
den bedungenen Abtretungen rechnet Moser unter andern
die Uebereinkunft zwischen Preussen und Sachsen im
Dresdner Frieden 1742. und Hubertsburger 1763. we-
gen des Zolls zu Fürstenberg und Dorfs Schidlo. Mo-
sers Versuch 5. Th. S. 435.
§. 19.
Einseitige Vertheilung andrer Länder.

Hieraus folgt von selbst, daß es andern Nazionen
eben so wenig erlaubt sey, über die Lande eines dritten

Volks

oder den abgeleiteten Erwerbungsarten.
wider Willen keine Nazion in der Regel gezwungen
werden, ihr Eigenthum einer andern auf irgend eine
Art zu uͤberlaſſen a]. Doch giebt es allerdings Aus-
nahmen wo in Nothfaͤllen z. B. zu Beendigung eines
Krieges, oder wenn das algemeine Wohl oder die Er-
haltung eines Staats es ſonſt unumgaͤnglich erfodert,
das andere Volk zur Einwilligung genoͤthigt werden
kan. So lange aber dieſe noch fehlt kann die Erwer-
bung als beſtaͤndig nicht angeſehn werden. Zuweilen
muß ein Staat, durch beſondere Umſtaͤnde veranlaßt,
ſich in voraus verbindlich machen, kuͤnftig eine ver-
langende Veraͤuſſerung unter gewiſſen annehmlichen
Bedingungen einzugehn b].

a] Quid enim rationi, quid divino humanoque iuri mi-
nus congruum,
ſagt daher Koͤnig Karl XI. von Schwe-
den 1689 in einem Beſchwerdeſchreiben an den Kaiſer
gegen Daͤnemark in den damaligen Streitigkeiten wegen
Holſtein-Schleswig, quam vt quis poſſeſſionibus ſuis
legitimis per vim dejiciatur et ad ſua alienis commu-
tanda invitus adigatur. Quod prodi poterit exem-
plum pernicioſius ad fas nefasque omne miſcendum
et vt potentiores quaevis ſibi licere in infirmiores
credant? Lünig literae proc. Europ. P. III. p.
219.
b] Die Beſchuldigungen wegen abgenoͤthigten Tauſches der
baieriſchen Lande in den neuſten Zeiten ſind bekant. Zu
den bedungenen Abtretungen rechnet Moſer unter andern
die Uebereinkunft zwiſchen Preuſſen und Sachſen im
Dresdner Frieden 1742. und Hubertsburger 1763. we-
gen des Zolls zu Fuͤrſtenberg und Dorfs Schidlo. Mo-
ſers Verſuch 5. Th. S. 435.
§. 19.
Einſeitige Vertheilung andrer Laͤnder.

Hieraus folgt von ſelbſt, daß es andern Nazionen
eben ſo wenig erlaubt ſey, uͤber die Lande eines dritten

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[109/0123] oder den abgeleiteten Erwerbungsarten. wider Willen keine Nazion in der Regel gezwungen werden, ihr Eigenthum einer andern auf irgend eine Art zu uͤberlaſſen a]. Doch giebt es allerdings Aus- nahmen wo in Nothfaͤllen z. B. zu Beendigung eines Krieges, oder wenn das algemeine Wohl oder die Er- haltung eines Staats es ſonſt unumgaͤnglich erfodert, das andere Volk zur Einwilligung genoͤthigt werden kan. So lange aber dieſe noch fehlt kann die Erwer- bung als beſtaͤndig nicht angeſehn werden. Zuweilen muß ein Staat, durch beſondere Umſtaͤnde veranlaßt, ſich in voraus verbindlich machen, kuͤnftig eine ver- langende Veraͤuſſerung unter gewiſſen annehmlichen Bedingungen einzugehn b]. a] Quid enim rationi, quid divino humanoque iuri mi- nus congruum, ſagt daher Koͤnig Karl XI. von Schwe- den 1689 in einem Beſchwerdeſchreiben an den Kaiſer gegen Daͤnemark in den damaligen Streitigkeiten wegen Holſtein-Schleswig, quam vt quis poſſeſſionibus ſuis legitimis per vim dejiciatur et ad ſua alienis commu- tanda invitus adigatur. Quod prodi poterit exem- plum pernicioſius ad fas nefasque omne miſcendum et vt potentiores quaevis ſibi licere in infirmiores credant? Lünig literae proc. Europ. P. III. p. 219. b] Die Beſchuldigungen wegen abgenoͤthigten Tauſches der baieriſchen Lande in den neuſten Zeiten ſind bekant. Zu den bedungenen Abtretungen rechnet Moſer unter andern die Uebereinkunft zwiſchen Preuſſen und Sachſen im Dresdner Frieden 1742. und Hubertsburger 1763. we- gen des Zolls zu Fuͤrſtenberg und Dorfs Schidlo. Mo- ſers Verſuch 5. Th. S. 435. §. 19. Einſeitige Vertheilung andrer Laͤnder. Hieraus folgt von ſelbſt, daß es andern Nazionen eben ſo wenig erlaubt ſey, uͤber die Lande eines dritten Volks

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/123>, abgerufen am 24.11.2024.