Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.Vom gemeinsch. u. geteilten, unvolkommenen d] Daß die Beraubung des Lehns wegen eines Lehnsfeh- lers nur alsdann Statt habe wenn diese Strafe in dem Lehnsvertrage darauf ausdrücklich gesetzt ist, behauptet unter andern auch Wolff Inst. I. Nat. et Gent. P. II. c. 16. §. 747. Wenn indes der Vasall der, beson- dere Ergebenheit erfodernden, Lehnsverbindlichkeit nicht nur nicht gemäs sondern durch offenbare Beleidigungen des Lehnsherrn, geradezu entgegen sich beträgt, kann man diesen wohl kaum der Ungerechtigkeit beschuldigen wenn er auch seiner Seits, durch Einziehung des Lehns, den Vertrag aufhebt. Bey Gelegenheit der Streitigkei- ten zwischen Rußland und Polen wegen Curland äusserte ersteres: Si vn prince feudataire ne peut, sans etre coupable d'vn crime de felonie, etre prive de fiefs qu'il a acquis legalement, de quel droit soutien- dra-t-on que le Duc Ernest Iean doit etre prive de ses Duches sans avoir ete entendu, ni juge et sans avoir commis de crime ni contre le roi, ni contre la republique. Mosers Versuch 1. Th. S. 154. e] Wenn übrigens, nach Abgang des ganzen belehuten Hauses, oder sonst aus rechtmässigen Ursachen der Anfall des nutzbaren Eigenthums erfolgt, so kann die Nazion, der das Obereigenthum zusteht, wider ihren Willen zur anderweiten Verleihung, in der Regel mit Recht keines- weges genöthigt werden, doch erklärte die Kaiserin von Rußland 1730. wegen Curland: daß sie niemals in die Incorporation willigen, sondern das Land bey seinem Recht handhaben würde, einen eignen Herzog zu haben, der es als ein polnisches Lehn erkenne. Mosers Ver- such 1. Th. S. 145. vergl. 5. Th. S. 184. f] So muß der Johanniter-Orden dem König von Sicilien wegen des Lehns von Malta iährlich einen Falken über- reichen und bey ieder sicilianischen Thronveränderung von neuem die Lehn nehmen. Hier verdienen die, wegen der Lehnsabhängigkeit des Königreichs Neapel vom päpst- Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen d] Daß die Beraubung des Lehns wegen eines Lehnsfeh- lers nur alsdann Statt habe wenn dieſe Strafe in dem Lehnsvertrage darauf ausdruͤcklich geſetzt iſt, behauptet unter andern auch Wolff Inſt. I. Nat. et Gent. P. II. c. 16. §. 747. Wenn indes der Vaſall der, beſon- dere Ergebenheit erfodernden, Lehnsverbindlichkeit nicht nur nicht gemaͤs ſondern durch offenbare Beleidigungen des Lehnsherrn, geradezu entgegen ſich betraͤgt, kann man dieſen wohl kaum der Ungerechtigkeit beſchuldigen wenn er auch ſeiner Seits, durch Einziehung des Lehns, den Vertrag aufhebt. Bey Gelegenheit der Streitigkei- ten zwiſchen Rußland und Polen wegen Curland aͤuſſerte erſteres: Si vn prince feudataire ne peut, ſans être coupable d’vn crime de felonie, être privé de fiefs qu’il a acquis légalement, de quel droit ſoutien- dra-t-on que le Duc Erneſt Iean doit être privé de ſes Duches ſans avoir été entendu, ni jugé et ſans avoir commis de crime ni contre le roi, ni contre la republique. Moſers Verſuch 1. Th. S. 154. e] Wenn uͤbrigens, nach Abgang des ganzen belehuten Hauſes, oder ſonſt aus rechtmaͤſſigen Urſachen der Anfall des nutzbaren Eigenthums erfolgt, ſo kann die Nazion, der das Obereigenthum zuſteht, wider ihren Willen zur anderweiten Verleihung, in der Regel mit Recht keines- weges genoͤthigt werden, doch erklaͤrte die Kaiſerin von Rußland 1730. wegen Curland: daß ſie niemals in die Incorporation willigen, ſondern das Land bey ſeinem Recht handhaben wuͤrde, einen eignen Herzog zu haben, der es als ein polniſches Lehn erkenne. Moſers Ver- ſuch 1. Th. S. 145. vergl. 5. Th. S. 184. f] So muß der Johanniter-Orden dem Koͤnig von Sicilien wegen des Lehns von Malta iaͤhrlich einen Falken uͤber- reichen und bey ieder ſicilianiſchen Thronveraͤnderung von neuem die Lehn nehmen. Hier verdienen die, wegen der Lehnsabhaͤngigkeit des Koͤnigreichs Neapel vom paͤpſt- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0176" n="162"/> <fw place="top" type="header">Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen</fw><lb/> <note place="end" n="d]">Daß die Beraubung des Lehns wegen eines Lehnsfeh-<lb/> lers nur alsdann Statt habe wenn dieſe Strafe in dem<lb/> Lehnsvertrage darauf ausdruͤcklich geſetzt iſt, behauptet<lb/> unter andern auch <hi rendition="#fr">Wolff</hi> <hi rendition="#aq">Inſt. I. Nat. et Gent. P. II.<lb/> c.</hi> 16. §. 747. 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Vom gemeinſch. u. geteilten, unvolkommenen
d] Daß die Beraubung des Lehns wegen eines Lehnsfeh-
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Lehnsvertrage darauf ausdruͤcklich geſetzt iſt, behauptet
unter andern auch Wolff Inſt. I. Nat. et Gent. P. II.
c. 16. §. 747. Wenn indes der Vaſall der, beſon-
dere Ergebenheit erfodernden, Lehnsverbindlichkeit nicht
nur nicht gemaͤs ſondern durch offenbare Beleidigungen
des Lehnsherrn, geradezu entgegen ſich betraͤgt, kann
man dieſen wohl kaum der Ungerechtigkeit beſchuldigen
wenn er auch ſeiner Seits, durch Einziehung des Lehns,
den Vertrag aufhebt. Bey Gelegenheit der Streitigkei-
ten zwiſchen Rußland und Polen wegen Curland aͤuſſerte
erſteres: Si vn prince feudataire ne peut, ſans être
coupable d’vn crime de felonie, être privé de fiefs
qu’il a acquis légalement, de quel droit ſoutien-
dra-t-on que le Duc Erneſt Iean doit être privé
de ſes Duches ſans avoir été entendu, ni jugé et
ſans avoir commis de crime ni contre le roi, ni contre
la republique. Moſers Verſuch 1. Th. S. 154.
e] Wenn uͤbrigens, nach Abgang des ganzen belehuten
Hauſes, oder ſonſt aus rechtmaͤſſigen Urſachen der Anfall
des nutzbaren Eigenthums erfolgt, ſo kann die Nazion,
der das Obereigenthum zuſteht, wider ihren Willen zur
anderweiten Verleihung, in der Regel mit Recht keines-
weges genoͤthigt werden, doch erklaͤrte die Kaiſerin von
Rußland 1730. wegen Curland: daß ſie niemals in
die Incorporation willigen, ſondern das Land bey ſeinem
Recht handhaben wuͤrde, einen eignen Herzog zu haben,
der es als ein polniſches Lehn erkenne. Moſers Ver-
ſuch 1. Th. S. 145. vergl. 5. Th. S. 184.
f] So muß der Johanniter-Orden dem Koͤnig von Sicilien
wegen des Lehns von Malta iaͤhrlich einen Falken uͤber-
reichen und bey ieder ſicilianiſchen Thronveraͤnderung von
neuem die Lehn nehmen. Hier verdienen die, wegen
der Lehnsabhaͤngigkeit des Koͤnigreichs Neapel vom paͤpſt-
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