Daß ein Regent sich des Titels von den Landen, die er, ohne Widerspruch anderer, würklich besitzt a], oder von neuem erwirbt, bedienen könne, leidet keinen Zweifel, und sie werden ihm sodann auch von andern ohne Bedenken beigelegt b]. Bey Abtretung einiger Lande von andern Nazionen wird dies mehrenteils aus- drücklich mit bedungen. Wenn eine Nazion durch Krieg oder andere Revolutionen zu dem Besitz eines Landes gelangt, und die Titulatur davon annimt, so pflegen andere gemeiniglich so lange anzustehn, ihr solche zu geben, bis dieselbe durch Friedensschlüsse oder andere Verträge von dem vorigen Besitzer förmlich an- erkant worden ist c], wenn ein anderes Volk nicht sonst noch besondere Rechte dabey hat.
Oefters führen die Souverains aber auch Titel von Landen, auf die sie nur ein künftiges Recht haben d], oder worauf sie Ansprüche machen e], oder welche sie blos ehemals besessen haben f]. Dieienigen, welche sich auf Ansprüche gründen, werden von dem andern, der sie besitzt gewönlich nicht anerkant, sondern man widerspricht ihnen bey vorkommenden Gelegenheiten g]. Um die Streitigkeiten, welche deshalb bey Verträgen oder andern öffentlichen Verhandlungen vorzukommen pflegen, zu vermeiden, ist es gewönlich, daß man, unbeschadet der beiderseitigen Gerechtsame entweder bey Verlesung der Volmachten etc. die Titulaturen ganz wegläßt, oder dabey bedingt, daß deren Gebrauch oder Nichtgebrauch keinem Theile schädlich seyn soll h]. Auch in Ansehung der erst zu hoffen habenden oder ehe- mals besessenen Lande, kommt es auf die besitzende Nazion an, ob sie zugeben will, daß der andere sich
des
Von den Titeln, Wapen
§. 11. Titel von Landen.
Daß ein Regent ſich des Titels von den Landen, die er, ohne Widerſpruch anderer, wuͤrklich beſitzt a], oder von neuem erwirbt, bedienen koͤnne, leidet keinen Zweifel, und ſie werden ihm ſodann auch von andern ohne Bedenken beigelegt b]. Bey Abtretung einiger Lande von andern Nazionen wird dies mehrenteils aus- druͤcklich mit bedungen. Wenn eine Nazion durch Krieg oder andere Revolutionen zu dem Beſitz eines Landes gelangt, und die Titulatur davon annimt, ſo pflegen andere gemeiniglich ſo lange anzuſtehn, ihr ſolche zu geben, bis dieſelbe durch Friedensſchluͤſſe oder andere Vertraͤge von dem vorigen Beſitzer foͤrmlich an- erkant worden iſt c], wenn ein anderes Volk nicht ſonſt noch beſondere Rechte dabey hat.
Oefters fuͤhren die Souverains aber auch Titel von Landen, auf die ſie nur ein kuͤnftiges Recht haben d], oder worauf ſie Anſpruͤche machen e], oder welche ſie blos ehemals beſeſſen haben f]. Dieienigen, welche ſich auf Anſpruͤche gruͤnden, werden von dem andern, der ſie beſitzt gewoͤnlich nicht anerkant, ſondern man widerſpricht ihnen bey vorkommenden Gelegenheiten g]. Um die Streitigkeiten, welche deshalb bey Vertraͤgen oder andern oͤffentlichen Verhandlungen vorzukommen pflegen, zu vermeiden, iſt es gewoͤnlich, daß man, unbeſchadet der beiderſeitigen Gerechtſame entweder bey Verleſung der Volmachten ꝛc. die Titulaturen ganz weglaͤßt, oder dabey bedingt, daß deren Gebrauch oder Nichtgebrauch keinem Theile ſchaͤdlich ſeyn ſoll h]. Auch in Anſehung der erſt zu hoffen habenden oder ehe- mals beſeſſenen Lande, kommt es auf die beſitzende Nazion an, ob ſie zugeben will, daß der andere ſich
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[458/0472]
Von den Titeln, Wapen
§. 11.
Titel von Landen.
Daß ein Regent ſich des Titels von den Landen,
die er, ohne Widerſpruch anderer, wuͤrklich beſitzt a],
oder von neuem erwirbt, bedienen koͤnne, leidet keinen
Zweifel, und ſie werden ihm ſodann auch von andern
ohne Bedenken beigelegt b]. Bey Abtretung einiger
Lande von andern Nazionen wird dies mehrenteils aus-
druͤcklich mit bedungen. Wenn eine Nazion durch
Krieg oder andere Revolutionen zu dem Beſitz eines
Landes gelangt, und die Titulatur davon annimt, ſo
pflegen andere gemeiniglich ſo lange anzuſtehn, ihr
ſolche zu geben, bis dieſelbe durch Friedensſchluͤſſe oder
andere Vertraͤge von dem vorigen Beſitzer foͤrmlich an-
erkant worden iſt c], wenn ein anderes Volk nicht ſonſt
noch beſondere Rechte dabey hat.
Oefters fuͤhren die Souverains aber auch Titel von
Landen, auf die ſie nur ein kuͤnftiges Recht haben d],
oder worauf ſie Anſpruͤche machen e], oder welche ſie
blos ehemals beſeſſen haben f]. Dieienigen, welche
ſich auf Anſpruͤche gruͤnden, werden von dem andern,
der ſie beſitzt gewoͤnlich nicht anerkant, ſondern man
widerſpricht ihnen bey vorkommenden Gelegenheiten g].
Um die Streitigkeiten, welche deshalb bey Vertraͤgen
oder andern oͤffentlichen Verhandlungen vorzukommen
pflegen, zu vermeiden, iſt es gewoͤnlich, daß man,
unbeſchadet der beiderſeitigen Gerechtſame entweder bey
Verleſung der Volmachten ꝛc. die Titulaturen ganz
weglaͤßt, oder dabey bedingt, daß deren Gebrauch oder
Nichtgebrauch keinem Theile ſchaͤdlich ſeyn ſoll h].
Auch in Anſehung der erſt zu hoffen habenden oder ehe-
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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/472>, abgerufen am 22.11.2024.
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