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Gumppenberg, Hanns von: Deutsche Lyrik von gestern. München, 1891 (= Münchener Flugschriften, Bd. 3).

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Jch möcht' ein Lied ersinnen,
Das dieser Weiche gleich:
Und kann den Klang nicht finden
So wunderbutterweich!

Eine ähnliche Natur war Theodor Storm: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte:

Die Waldesfee.
Hoch ruht die Bergeshalde,
Darunter ruht der Wind:
Die Zweige hangen herunter --
Darunter ruht ein Kind.
Sie sitzt im Thymiane,
Sie sitzt in lauter Duft:
Sie sitzt im Fliegenschwarme,
Und schaut nur in die Luft.
Die Spatzen lachen von ferne --
Wer hätt' es nur geglaubt?
Sie hat die grünen Augen
Der Waldesfee geraubt.

Träumerisch war auch Adolf Bekk, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht:

Glück.
Schlich im Feld, und Aehren ließ ich
Glitschern, zwitschern durch die Hand:
Ach, ein blaues, liebes blaues
Blümlein da mein eigen fand!
Schlich am Weg: ein Falter hüpfte
Holdig goldig von dem Sand,
Schwankte, schwebte, strebte, bebte,
Wo ein zartes Kleeblatt stand!
Jch möcht' ein Lied ersinnen,
Das dieser Weiche gleich:
Und kann den Klang nicht finden
So wunderbutterweich!

Eine ähnliche Natur war Theodor Storm: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte:

Die Waldesfee.
Hoch ruht die Bergeshalde,
Darunter ruht der Wind:
Die Zweige hangen herunter —
Darunter ruht ein Kind.
Sie sitzt im Thymiane,
Sie sitzt in lauter Duft:
Sie sitzt im Fliegenschwarme,
Und schaut nur in die Luft.
Die Spatzen lachen von ferne —
Wer hätt' es nur geglaubt?
Sie hat die grünen Augen
Der Waldesfee geraubt.

Träumerisch war auch Adolf Bekk, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht:

Glück.
Schlich im Feld, und Aehren ließ ich
Glitschern, zwitschern durch die Hand:
Ach, ein blaues, liebes blaues
Blümlein da mein eigen fand!
Schlich am Weg: ein Falter hüpfte
Holdig goldig von dem Sand,
Schwankte, schwebte, strebte, bebte,
Wo ein zartes Kleeblatt stand!
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[5/0005] Jch möcht' ein Lied ersinnen, Das dieser Weiche gleich: Und kann den Klang nicht finden So wunderbutterweich! Eine ähnliche Natur war Theodor Storm: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte: Die Waldesfee. Hoch ruht die Bergeshalde, Darunter ruht der Wind: Die Zweige hangen herunter — Darunter ruht ein Kind. Sie sitzt im Thymiane, Sie sitzt in lauter Duft: Sie sitzt im Fliegenschwarme, Und schaut nur in die Luft. Die Spatzen lachen von ferne — Wer hätt' es nur geglaubt? Sie hat die grünen Augen Der Waldesfee geraubt. Träumerisch war auch Adolf Bekk, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht: Glück. Schlich im Feld, und Aehren ließ ich Glitschern, zwitschern durch die Hand: Ach, ein blaues, liebes blaues Blümlein da mein eigen fand! Schlich am Weg: ein Falter hüpfte Holdig goldig von dem Sand, Schwankte, schwebte, strebte, bebte, Wo ein zartes Kleeblatt stand!

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Universität Duisburg-Essen, Projekt Lyriktheorie (Dr. Rudolf Brandmeyer): Bereitstellung der Texttranskription. (2018-04-05T14:03:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Gumppenberg, Hanns von: Deutsche Lyrik von gestern. München, 1891 (= Münchener Flugschriften, Bd. 3), S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gumppenberg_lyrik_1891/5>, abgerufen am 21.11.2024.