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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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De prudentia status oeconomici.
und selbst Hand anlegen. Der Herr von Stanian erzehlet oben in sei-
ner Beschreibung, von der Schweitz, daß die Weiber daselbst so arbeitsam
wären, welches ihm sehr wohl gefallen, und sagt er, daher käme es, daß
man wenig von amours bey ihnen hörete, weil die Weiber immer ar-
beiteten. Daß aber unsere vornehmen Weiber immer kranck werden,
kommt eben daher, weil sie nicht arbeiten, sondern nur spielen, essen und trin-
cken. Ihre gröste motion ist, daß sie manchmahl tantzen. Wenn sie
ja nichts selbst wollten arbeiten, so könnten sie doch wenigstens nachge-
hen, und commandiren, nicht anders, als wie ein Officiet nicht selbst brau-
chet Hand anzulegen, und doch durch einen Winck verursachen kan, daß
alles geschehen muß. Die Alten aber haben selbst gearbeitet und gespon-
nen. Fleury erzehlet von denen Jüdischen Weibern, daß sie gesponnen und
gewebet, und was sie gewebet, das haben sie hernach an die benachbar-
ten Völcker verkaufft. Weil nun die oeconomie variiret, auch im Land-
Leben, denn eine andere wird erfordert in der Schweitz, eine andere in
Franckreich etc. so hat man auch eigene Hauß-Bücher. Des Coleri
Hauß-Buch gehet auf Sachsen, und hat Fritsch vor einiger Zeit eine edi-
tion
sehr vermehret davon heraus gegeben. Man hat eigene Schriff-
ten von Schlesischer Haußhaltung, daher haben unsere alten Teutschen
das Sprichwort gehabt: Man sollte nicht über seinen Mist freyen: denn
wenn du eine fremde Frau in dein Land bekömmst, die will alles machen,
wie es in ihrem Lande zugehet, welches sich doch nicht thun läst. Das
Stadt-Leben variiret auch, anders hält man Hauß in Dreßden, anders
in Leipzig, anders in Halle. Daher wird keine gute Ehe werden, wenn
ein Land-Edelmann eine vom Hof heyrathet, denn die will alles auf das
propreste eingerichtet haben, und ruinirt dadurch den Edelmann; Daher
ist die Frage leicht zu entscheiden, welche Callieres in seinem Tractat la
fortune des gens de Cour
aufgeworffen hat: Ob es nehmlich besser sey
eine Vornehme, oder eine von seinem Stande zu heyrathen. Denn
wenn man auch eine Vornehme bekomme, welche schönes Vermögen
habe, so werde man dadurch nicht grösser, sondern sie verthue alles, was
sie habe, und des Mannes Vermögen auch mit; ja man habe auch bey
einer solchen keinen grossen Respect. Die Königin Elisabeth hat daher
nicht gerne gesehen, daß ein Lord eine andere Frau geheyrathet, so nicht
eine Engeländerin gewesen; Sie hat auch verlanget, daß keiner ohne ihr
Wissen sollte eine Fremde heyrathen. Man rechnet unter die Sottisen
von Portugall, daß sie Frantzösische Weiber geheyrathet, und da sie vor-
hero sobrie gelebet, so sind sie dadurch in einen luxum gerathen, wodurch
die vornehmsten Familien in Portugall ruiniret worden. Also muß

man

De prudentia ſtatus œconomici.
und ſelbſt Hand anlegen. Der Herr von Stanian erzehlet oben in ſei-
ner Beſchreibung, von der Schweitz, daß die Weiber daſelbſt ſo arbeitſam
waͤren, welches ihm ſehr wohl gefallen, und ſagt er, daher kaͤme es, daß
man wenig von amours bey ihnen hoͤrete, weil die Weiber immer ar-
beiteten. Daß aber unſere vornehmen Weiber immer kranck werden,
kommt eben daher, weil ſie nicht arbeiten, ſondern nur ſpielen, eſſen und trin-
cken. Ihre groͤſte motion iſt, daß ſie manchmahl tantzen. Wenn ſie
ja nichts ſelbſt wollten arbeiten, ſo koͤnnten ſie doch wenigſtens nachge-
hen, und commandiren, nicht anders, als wie ein Officiet nicht ſelbſt brau-
chet Hand anzulegen, und doch durch einen Winck verurſachen kan, daß
alles geſchehen muß. Die Alten aber haben ſelbſt gearbeitet und geſpon-
nen. Fleury erzehlet von denen Juͤdiſchen Weibern, daß ſie geſponnen und
gewebet, und was ſie gewebet, das haben ſie hernach an die benachbar-
ten Voͤlcker verkaufft. Weil nun die œconomie variiret, auch im Land-
Leben, denn eine andere wird erfordert in der Schweitz, eine andere in
Franckreich ꝛc. ſo hat man auch eigene Hauß-Buͤcher. Des Coleri
Hauß-Buch gehet auf Sachſen, und hat Fritſch vor einiger Zeit eine edi-
tion
ſehr vermehret davon heraus gegeben. Man hat eigene Schriff-
ten von Schleſiſcher Haußhaltung, daher haben unſere alten Teutſchen
das Sprichwort gehabt: Man ſollte nicht uͤber ſeinen Miſt freyen: denn
wenn du eine fremde Frau in dein Land bekoͤmmſt, die will alles machen,
wie es in ihrem Lande zugehet, welches ſich doch nicht thun laͤſt. Das
Stadt-Leben variiret auch, anders haͤlt man Hauß in Dreßden, anders
in Leipzig, anders in Halle. Daher wird keine gute Ehe werden, wenn
ein Land-Edelmann eine vom Hof heyrathet, denn die will alles auf das
propreſte eingerichtet haben, und ruinirt dadurch den Edelmann; Daher
iſt die Frage leicht zu entſcheiden, welche Callieres in ſeinem Tractat la
fortune des gens de Cour
aufgeworffen hat: Ob es nehmlich beſſer ſey
eine Vornehme, oder eine von ſeinem Stande zu heyrathen. Denn
wenn man auch eine Vornehme bekomme, welche ſchoͤnes Vermoͤgen
habe, ſo werde man dadurch nicht groͤſſer, ſondern ſie verthue alles, was
ſie habe, und des Mannes Vermoͤgen auch mit; ja man habe auch bey
einer ſolchen keinen groſſen Reſpect. Die Koͤnigin Eliſabeth hat daher
nicht gerne geſehen, daß ein Lord eine andere Frau geheyrathet, ſo nicht
eine Engelaͤnderin geweſen; Sie hat auch verlanget, daß keiner ohne ihr
Wiſſen ſollte eine Fremde heyrathen. Man rechnet unter die Sottiſen
von Portugall, daß ſie Frantzoͤſiſche Weiber geheyrathet, und da ſie vor-
hero ſobriè gelebet, ſo ſind ſie dadurch in einen luxum gerathen, wodurch
die vornehmſten Familien in Portugall ruiniret worden. Alſo muß

man
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[151/0171] De prudentia ſtatus œconomici. und ſelbſt Hand anlegen. Der Herr von Stanian erzehlet oben in ſei- ner Beſchreibung, von der Schweitz, daß die Weiber daſelbſt ſo arbeitſam waͤren, welches ihm ſehr wohl gefallen, und ſagt er, daher kaͤme es, daß man wenig von amours bey ihnen hoͤrete, weil die Weiber immer ar- beiteten. Daß aber unſere vornehmen Weiber immer kranck werden, kommt eben daher, weil ſie nicht arbeiten, ſondern nur ſpielen, eſſen und trin- cken. Ihre groͤſte motion iſt, daß ſie manchmahl tantzen. Wenn ſie ja nichts ſelbſt wollten arbeiten, ſo koͤnnten ſie doch wenigſtens nachge- hen, und commandiren, nicht anders, als wie ein Officiet nicht ſelbſt brau- chet Hand anzulegen, und doch durch einen Winck verurſachen kan, daß alles geſchehen muß. Die Alten aber haben ſelbſt gearbeitet und geſpon- nen. Fleury erzehlet von denen Juͤdiſchen Weibern, daß ſie geſponnen und gewebet, und was ſie gewebet, das haben ſie hernach an die benachbar- ten Voͤlcker verkaufft. Weil nun die œconomie variiret, auch im Land- Leben, denn eine andere wird erfordert in der Schweitz, eine andere in Franckreich ꝛc. ſo hat man auch eigene Hauß-Buͤcher. Des Coleri Hauß-Buch gehet auf Sachſen, und hat Fritſch vor einiger Zeit eine edi- tion ſehr vermehret davon heraus gegeben. Man hat eigene Schriff- ten von Schleſiſcher Haußhaltung, daher haben unſere alten Teutſchen das Sprichwort gehabt: Man ſollte nicht uͤber ſeinen Miſt freyen: denn wenn du eine fremde Frau in dein Land bekoͤmmſt, die will alles machen, wie es in ihrem Lande zugehet, welches ſich doch nicht thun laͤſt. Das Stadt-Leben variiret auch, anders haͤlt man Hauß in Dreßden, anders in Leipzig, anders in Halle. Daher wird keine gute Ehe werden, wenn ein Land-Edelmann eine vom Hof heyrathet, denn die will alles auf das propreſte eingerichtet haben, und ruinirt dadurch den Edelmann; Daher iſt die Frage leicht zu entſcheiden, welche Callieres in ſeinem Tractat la fortune des gens de Cour aufgeworffen hat: Ob es nehmlich beſſer ſey eine Vornehme, oder eine von ſeinem Stande zu heyrathen. Denn wenn man auch eine Vornehme bekomme, welche ſchoͤnes Vermoͤgen habe, ſo werde man dadurch nicht groͤſſer, ſondern ſie verthue alles, was ſie habe, und des Mannes Vermoͤgen auch mit; ja man habe auch bey einer ſolchen keinen groſſen Reſpect. Die Koͤnigin Eliſabeth hat daher nicht gerne geſehen, daß ein Lord eine andere Frau geheyrathet, ſo nicht eine Engelaͤnderin geweſen; Sie hat auch verlanget, daß keiner ohne ihr Wiſſen ſollte eine Fremde heyrathen. Man rechnet unter die Sottiſen von Portugall, daß ſie Frantzoͤſiſche Weiber geheyrathet, und da ſie vor- hero ſobriè gelebet, ſo ſind ſie dadurch in einen luxum gerathen, wodurch die vornehmſten Familien in Portugall ruiniret worden. Alſo muß man

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/171>, abgerufen am 23.11.2024.