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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V.
man sich vor fremden Weibern in acht nehmen, es wäre denn, daß man
eine Abigail bekäme, welche sich in alles sollte schicken; aber bey diesen
Weibern ist dieses nicht zu praesumiren, weil man unter tausenden keine
Abigail findet.

Wie vieles auf
gutes Gesinde
ankomme?

§. 7. Wer will sein Hauß wohl in acht nehmen muß ein choix
unter seinen Knechten halten, und kan einer nicht alle Knechte gebrau-
chen. Die Kinder ziehen wir, Knechte aber wehlen wir, also muß man
eine rechte Wahl halten. Hat einer keine treue arbeitsame Knechte, so
gehet das gantze Hauß zu Grunde. Die gemeinen Leute haben selten
eine gute Auferziehung; daher muß man unter denenselben solche weh-
len, so ein Christenthum haben, und nach denen Zehen Gebothen leben.
Deßwegen ist es gut, wenn man öffentliche Häuser hat, in welchen die
Waysen-Kinder erzogen werden zur Religion, Erbarkeit und Redlich-
keit, damit man gut Gesinde bekommt, welches die Herren nicht betrie-
get und bestiehlet. Man wundert sich, wenn man lieset, daß Abraham
zu seiner Zeit so ein reicher Mann gewesen; wenn man aber auch pro-
videntiam divinam
bey Seite setzet, und nur sein Gesinde consideriret, so
findet man, daß Eleaser ein treuer Knecht war, welcher mehr auf des
Herrn, als auf seinen eigenen Nutzen sahe. Hat ein Herr gut Gesind,
so wird er sehr erleichtert werden wegen der Aufsicht, hat er aber böses
Gesind, so werden hundert Augen nicht gnug vigiliren können. Dicis:
Man muß gute Gesinde-Ordnungen machen? Respond. Diese werden
nicht viel helffen; Wenn aber erst die Leute gute Auferziehung haben,
so werden sie hernach schon gut dienen, und findet man keine Republic,
wo nicht Wäysen-Häuser sind, daraus man die Leute zu Knechten,
Mägden, und auch wohl zu Handwercks-Leuten braucht. Allein,
wenn wir wollen haben, daß die Knechte und Mägde sollen auf unsern
Nutzen sehen, und getreu seyn, so müssen wir auch dahin sehen, daß die-
selben recht versorget werden, man muß ihnen rechte Kost geben, sonst
thun sie uns dreymahl mehr Schaden, als wir suchen zu erspahren. Vor
diesem hat man hier vor funffzehen Pfennige eine gute Mahlzeit halten
können, daher hat man dem Gesinde wenig gegeben, nunmehro aber, da
der luxus eingerissen, und alles theuer ist, kan das Gesinde nicht mehr
auskommen, daher rauben sie, stehlen, huren etc. Derjenige, welcher
kein gut Gesinde hat, ist sehr unglücklich in seiner familie: Hergegen,
wenn einer was auf gut Gesinde spendiret, der wird nicht den achten
Theil so viel Verlust haben, als ein anderer, dem solches mangelt. Wir
halten unser Gesinde hart, deßwegen wird es uns feind. Wenn auch ein
Herr eine Magd oder einen Knecht annimmt, so fragt er nur: wo sie

her

Cap. V.
man ſich vor fremden Weibern in acht nehmen, es waͤre denn, daß man
eine Abigail bekaͤme, welche ſich in alles ſollte ſchicken; aber bey dieſen
Weibern iſt dieſes nicht zu præſumiren, weil man unter tauſenden keine
Abigail findet.

Wie vieles auf
gutes Geſinde
ankomme?

§. 7. Wer will ſein Hauß wohl in acht nehmen muß ein choix
unter ſeinen Knechten halten, und kan einer nicht alle Knechte gebrau-
chen. Die Kinder ziehen wir, Knechte aber wehlen wir, alſo muß man
eine rechte Wahl halten. Hat einer keine treue arbeitſame Knechte, ſo
gehet das gantze Hauß zu Grunde. Die gemeinen Leute haben ſelten
eine gute Auferziehung; daher muß man unter denenſelben ſolche weh-
len, ſo ein Chriſtenthum haben, und nach denen Zehen Gebothen leben.
Deßwegen iſt es gut, wenn man oͤffentliche Haͤuſer hat, in welchen die
Wayſen-Kinder erzogen werden zur Religion, Erbarkeit und Redlich-
keit, damit man gut Geſinde bekommt, welches die Herren nicht betrie-
get und beſtiehlet. Man wundert ſich, wenn man lieſet, daß Abraham
zu ſeiner Zeit ſo ein reicher Mann geweſen; wenn man aber auch pro-
videntiam divinam
bey Seite ſetzet, und nur ſein Geſinde conſideriret, ſo
findet man, daß Eleaſer ein treuer Knecht war, welcher mehr auf des
Herrn, als auf ſeinen eigenen Nutzen ſahe. Hat ein Herr gut Geſind,
ſo wird er ſehr erleichtert werden wegen der Aufſicht, hat er aber boͤſes
Geſind, ſo werden hundert Augen nicht gnug vigiliren koͤnnen. Dicis:
Man muß gute Geſinde-Ordnungen machen? Reſpond. Dieſe werden
nicht viel helffen; Wenn aber erſt die Leute gute Auferziehung haben,
ſo werden ſie hernach ſchon gut dienen, und findet man keine Republic,
wo nicht Waͤyſen-Haͤuſer ſind, daraus man die Leute zu Knechten,
Maͤgden, und auch wohl zu Handwercks-Leuten braucht. Allein,
wenn wir wollen haben, daß die Knechte und Maͤgde ſollen auf unſern
Nutzen ſehen, und getreu ſeyn, ſo muͤſſen wir auch dahin ſehen, daß die-
ſelben recht verſorget werden, man muß ihnen rechte Koſt geben, ſonſt
thun ſie uns dreymahl mehr Schaden, als wir ſuchen zu erſpahren. Vor
dieſem hat man hier vor funffzehen Pfennige eine gute Mahlzeit halten
koͤnnen, daher hat man dem Geſinde wenig gegeben, nunmehro aber, da
der luxus eingeriſſen, und alles theuer iſt, kan das Geſinde nicht mehr
auskommen, daher rauben ſie, ſtehlen, huren ꝛc. Derjenige, welcher
kein gut Geſinde hat, iſt ſehr ungluͤcklich in ſeiner familie: Hergegen,
wenn einer was auf gut Geſinde ſpendiret, der wird nicht den achten
Theil ſo viel Verluſt haben, als ein anderer, dem ſolches mangelt. Wir
halten unſer Geſinde hart, deßwegen wird es uns feind. Wenn auch ein
Herr eine Magd oder einen Knecht annimmt, ſo fragt er nur: wo ſie

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[152/0172] Cap. V. man ſich vor fremden Weibern in acht nehmen, es waͤre denn, daß man eine Abigail bekaͤme, welche ſich in alles ſollte ſchicken; aber bey dieſen Weibern iſt dieſes nicht zu præſumiren, weil man unter tauſenden keine Abigail findet. §. 7. Wer will ſein Hauß wohl in acht nehmen muß ein choix unter ſeinen Knechten halten, und kan einer nicht alle Knechte gebrau- chen. Die Kinder ziehen wir, Knechte aber wehlen wir, alſo muß man eine rechte Wahl halten. Hat einer keine treue arbeitſame Knechte, ſo gehet das gantze Hauß zu Grunde. Die gemeinen Leute haben ſelten eine gute Auferziehung; daher muß man unter denenſelben ſolche weh- len, ſo ein Chriſtenthum haben, und nach denen Zehen Gebothen leben. Deßwegen iſt es gut, wenn man oͤffentliche Haͤuſer hat, in welchen die Wayſen-Kinder erzogen werden zur Religion, Erbarkeit und Redlich- keit, damit man gut Geſinde bekommt, welches die Herren nicht betrie- get und beſtiehlet. Man wundert ſich, wenn man lieſet, daß Abraham zu ſeiner Zeit ſo ein reicher Mann geweſen; wenn man aber auch pro- videntiam divinam bey Seite ſetzet, und nur ſein Geſinde conſideriret, ſo findet man, daß Eleaſer ein treuer Knecht war, welcher mehr auf des Herrn, als auf ſeinen eigenen Nutzen ſahe. Hat ein Herr gut Geſind, ſo wird er ſehr erleichtert werden wegen der Aufſicht, hat er aber boͤſes Geſind, ſo werden hundert Augen nicht gnug vigiliren koͤnnen. Dicis: Man muß gute Geſinde-Ordnungen machen? Reſpond. Dieſe werden nicht viel helffen; Wenn aber erſt die Leute gute Auferziehung haben, ſo werden ſie hernach ſchon gut dienen, und findet man keine Republic, wo nicht Waͤyſen-Haͤuſer ſind, daraus man die Leute zu Knechten, Maͤgden, und auch wohl zu Handwercks-Leuten braucht. Allein, wenn wir wollen haben, daß die Knechte und Maͤgde ſollen auf unſern Nutzen ſehen, und getreu ſeyn, ſo muͤſſen wir auch dahin ſehen, daß die- ſelben recht verſorget werden, man muß ihnen rechte Koſt geben, ſonſt thun ſie uns dreymahl mehr Schaden, als wir ſuchen zu erſpahren. Vor dieſem hat man hier vor funffzehen Pfennige eine gute Mahlzeit halten koͤnnen, daher hat man dem Geſinde wenig gegeben, nunmehro aber, da der luxus eingeriſſen, und alles theuer iſt, kan das Geſinde nicht mehr auskommen, daher rauben ſie, ſtehlen, huren ꝛc. Derjenige, welcher kein gut Geſinde hat, iſt ſehr ungluͤcklich in ſeiner familie: Hergegen, wenn einer was auf gut Geſinde ſpendiret, der wird nicht den achten Theil ſo viel Verluſt haben, als ein anderer, dem ſolches mangelt. Wir halten unſer Geſinde hart, deßwegen wird es uns feind. Wenn auch ein Herr eine Magd oder einen Knecht annimmt, ſo fragt er nur: wo ſie her

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/172>, abgerufen am 23.11.2024.