Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia stre seyn, der aus demjenigen, was er von seinen Ministris oder Magi-strats-Personen gehöret, kan etwas erwehlen. So hat es der König in Franckreich, Louis XIV. gemacht. In seiner Historie Metalique findet man einen nummum, worauf der König vorgestellet wird, quod ipse eli- gat. Die Devise ist: Minister Franciae. Aber sie sind nicht alle so wie Louis XIV. Er hat keinen geheimen Nath versäumet, und wenn er kranck gewesen, hat er sie lassen vor das Bette kommen. Die Ord- nung, so er gemacht, ist admirable gewesen; Hätte er den letzten Krieg nicht angefangen, und sich die Spanische Monarchie nicht in den Kopff gesetzet, sondern wäre bey der partage geblieben, so würde er einer von denen größten Königen in der Welt gewesen seyn; ob er sonst gleich noch unterschiedene Fehler gehabt. Er ist geschickt gnug gewesen, daß er gar wohl Minister sui regni können genennet werden. Mazarin, wie er ster- ben wollen, hat er noch gesagt, er solle keinen Premier-Ministre annehmen, ausser in Financen solle er einen nehmen, der ihm referire. Deßwegen hat er auch den Colbert angenommen, welchem er den Titel als Premier- Ministre gegeben, in der That aber hat der König alles gethan. So war auch Henricus IV. Niemand hören, und alles hören, ist beydes absurd. Bisweilen aber ist ein Premier-Ministre nothwendig, obgleich keiner dencken muß, daß es eben was sonderliches, ein Premier-Ministre zu seyn, so wenig, als ich Groß-Vezier seyn möchte, wenn ich es gleich werden könnte. Solche Leute fallen meist übern Hauffen. Ein Herr muß einen Ministre offt haben, der ihn kan vertreten, cum autoritate, da er selbst nicht regieren kan. Die selbst regieren können, brauchen keinen Premier-Ministre. Die Melancholico-Sanguinei, und Sanguineo- Melancholici sind eben solche, die nicht regieren können. So war Louis XIII. beschaffen, der muste einen Premier-Ministre haben, wenn er wäre in denen Händen des Luynes geblieben, so würde er ohnfehlbar seyn ruiniret worden, oder wenigstens keine so grosse figure mehr gemacht ha- ben. Die Luynes sind mit ihm auferzogen worden, haben ihm aller- hand plaisirs gemacht, mit Lerchen gefangen, wodurch sie sich recommen- diret, daß sie seine Ministres worden, ja der eine ist gar Connetable von Franckreich worden. Bassompierre erzehlet, sie wären anfangs so arm gewesen, daß sie nur ein Kleid gehabt, und wenn einer bey Hos gegangen, hätte der andere indeß müssen zu Hause bleiben, hernach sind sie so reich geworden. Er fiel in die Hand des Richelieu, das war sein Glück die- ses war ein Mann, welcher konnte ein König seyn, das kan man aus seinem Test. Polit. sehen, welches er nicht selber gemacht, es sind aber Collectanea, so man unter seinen Papieren gesunden, dieses Buch soll ein
Cap. V. De prudentia ſtre ſeyn, der aus demjenigen, was er von ſeinen Miniſtris oder Magi-ſtrats-Perſonen gehoͤret, kan etwas erwehlen. So hat es der Koͤnig in Franckreich, Louis XIV. gemacht. In ſeiner Hiſtorie Metalique findet man einen nummum, worauf der Koͤnig vorgeſtellet wird, quod ipſe eli- gat. Die Deviſe iſt: Miniſter Franciæ. Aber ſie ſind nicht alle ſo wie Louis XIV. Er hat keinen geheimen Nath verſaͤumet, und wenn er kranck geweſen, hat er ſie laſſen vor das Bette kommen. Die Ord- nung, ſo er gemacht, iſt admirable geweſen; Haͤtte er den letzten Krieg nicht angefangen, und ſich die Spaniſche Monarchie nicht in den Kopff geſetzet, ſondern waͤre bey der partage geblieben, ſo wuͤrde er einer von denen groͤßten Koͤnigen in der Welt geweſen ſeyn; ob er ſonſt gleich noch unterſchiedene Fehler gehabt. Er iſt geſchickt gnug geweſen, daß er gar wohl Miniſter ſui regni koͤnnen genennet werden. Mazarin, wie er ſter- ben wollen, hat er noch geſagt, er ſolle keinen Premier-Miniſtre annehmen, auſſer in Financen ſolle er einen nehmen, der ihm referire. Deßwegen hat er auch den Colbert angenommen, welchem er den Titel als Premier- Miniſtre gegeben, in der That aber hat der Koͤnig alles gethan. So war auch Henricus IV. Niemand hoͤren, und alles hoͤren, iſt beydes abſurd. Bisweilen aber iſt ein Premier-Miniſtre nothwendig, obgleich keiner dencken muß, daß es eben was ſonderliches, ein Premier-Miniſtre zu ſeyn, ſo wenig, als ich Groß-Vezier ſeyn moͤchte, wenn ich es gleich werden koͤnnte. Solche Leute fallen meiſt uͤbern Hauffen. Ein Herr muß einen Miniſtre offt haben, der ihn kan vertreten, cum autoritate, da er ſelbſt nicht regieren kan. Die ſelbſt regieren koͤnnen, brauchen keinen Premier-Miniſtre. Die Melancholico-Sanguinei, und Sanguineo- Melancholici ſind eben ſolche, die nicht regieren koͤnnen. So war Louis XIII. beſchaffen, der muſte einen Premier-Miniſtre haben, wenn er waͤre in denen Haͤnden des Luynes geblieben, ſo wuͤrde er ohnfehlbar ſeyn ruiniret worden, oder wenigſtens keine ſo groſſe figure mehr gemacht ha- ben. Die Luynes ſind mit ihm auferzogen worden, haben ihm aller- hand plaiſirs gemacht, mit Lerchen gefangen, wodurch ſie ſich recommen- diret, daß ſie ſeine Miniſtres worden, ja der eine iſt gar Connetable von Franckreich worden. Baſſompierre erzehlet, ſie waͤren anfangs ſo arm geweſen, daß ſie nur ein Kleid gehabt, und wenn einer bey Hoſ gegangen, haͤtte der andere indeß muͤſſen zu Hauſe bleiben, hernach ſind ſie ſo reich geworden. Er fiel in die Hand des Richelieu, das war ſein Gluͤck die- ſes war ein Mann, welcher konnte ein Koͤnig ſeyn, das kan man aus ſeinem Teſt. Polit. ſehen, welches er nicht ſelber gemacht, es ſind aber Collectanea, ſo man unter ſeinen Papieren geſunden, dieſes Buch ſoll ein
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ſtrats-Perſonen gehoͤret, kan etwas erwehlen. So hat es der Koͤnig in
Franckreich, Louis XIV. gemacht. In ſeiner Hiſtorie Metalique findet
man einen nummum, worauf der Koͤnig vorgeſtellet wird, quod ipſe eli-
gat. Die Deviſe iſt: Miniſter Franciæ. Aber ſie ſind nicht alle ſo wie
Louis XIV. Er hat keinen geheimen Nath verſaͤumet, und wenn er
kranck geweſen, hat er ſie laſſen vor das Bette kommen. Die Ord-
nung, ſo er gemacht, iſt admirable geweſen; Haͤtte er den letzten Krieg
nicht angefangen, und ſich die Spaniſche Monarchie nicht in den Kopff
geſetzet, ſondern waͤre bey der partage geblieben, ſo wuͤrde er einer von
denen groͤßten Koͤnigen in der Welt geweſen ſeyn; ob er ſonſt gleich noch
unterſchiedene Fehler gehabt. Er iſt geſchickt gnug geweſen, daß er gar
wohl Miniſter ſui regni koͤnnen genennet werden. Mazarin, wie er ſter-
ben wollen, hat er noch geſagt, er ſolle keinen Premier-Miniſtre annehmen,
auſſer in Financen ſolle er einen nehmen, der ihm referire. Deßwegen
hat er auch den Colbert angenommen, welchem er den Titel als Premier-
Miniſtre gegeben, in der That aber hat der Koͤnig alles gethan. So
war auch Henricus IV. Niemand hoͤren, und alles hoͤren, iſt beydes
abſurd. Bisweilen aber iſt ein Premier-Miniſtre nothwendig, obgleich
keiner dencken muß, daß es eben was ſonderliches, ein Premier-Miniſtre
zu ſeyn, ſo wenig, als ich Groß-Vezier ſeyn moͤchte, wenn ich es gleich
werden koͤnnte. Solche Leute fallen meiſt uͤbern Hauffen. Ein Herr
muß einen Miniſtre offt haben, der ihn kan vertreten, cum autoritate,
da er ſelbſt nicht regieren kan. Die ſelbſt regieren koͤnnen, brauchen
keinen Premier-Miniſtre. Die Melancholico-Sanguinei, und Sanguineo-
Melancholici ſind eben ſolche, die nicht regieren koͤnnen. So war Louis
XIII. beſchaffen, der muſte einen Premier-Miniſtre haben, wenn er waͤre
in denen Haͤnden des Luynes geblieben, ſo wuͤrde er ohnfehlbar ſeyn
ruiniret worden, oder wenigſtens keine ſo groſſe figure mehr gemacht ha-
ben. Die Luynes ſind mit ihm auferzogen worden, haben ihm aller-
hand plaiſirs gemacht, mit Lerchen gefangen, wodurch ſie ſich recommen-
diret, daß ſie ſeine Miniſtres worden, ja der eine iſt gar Connetable von
Franckreich worden. Baſſompierre erzehlet, ſie waͤren anfangs ſo arm
geweſen, daß ſie nur ein Kleid gehabt, und wenn einer bey Hoſ gegangen,
haͤtte der andere indeß muͤſſen zu Hauſe bleiben, hernach ſind ſie ſo reich
geworden. Er fiel in die Hand des Richelieu, das war ſein Gluͤck die-
ſes war ein Mann, welcher konnte ein Koͤnig ſeyn, das kan man aus
ſeinem Teſt. Polit. ſehen, welches er nicht ſelber gemacht, es ſind aber
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