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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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Cap. V. De prudentia
ein Ambassadeur ordinaire, extraordinaire; ein Envoye ordinaire & ex-
traordinaire;
ein Agent ein Resident, ein Resident, der accreditirt ist,
wie ein Ministre public, denn wo dieses nicht ist, so ist der Resident nur
ein Agent. Legati sunt necessarii, und der Herr, welcher das Geld
scheuet in Ansehung der Gesandten, siehet sein interesse nicht wohl. Wenn
man die Legatos ansiehet, so sind sie revera nichts anders, als Efpions,
welche müssen die negotia publica tractiren, alliancen machen foedera
commerciorum
schliessen, und den Hof nach ihres Herrn interesse wissen
zu dirigiren. Der Resident, wenn er accreditirt, so ist er nichts anders,
als ein Envoye ordinaire; sie werden auch so tituliret, und ein Envoye
ordinaire
will extraordinaire heissen. Das Wort, extraordinaire, wenn
man es scholastice betrachtet, so ist es in der That nicht mehr, als ordi-
naire,
aber sie halten es vor mehr, und wenn man einen Envoye nicht so
tituliret, wird er böse. Ein Agent ist kein Ministre, der bestellet nur
Briefe, schickt Mehl, Austers, und was der Herr sonsten braucht. Die
Pohlen haben keinen Residenten wollen leiden, und gesagt: Sie wären
Espions. Die Türcken auch nicht. Es ist alles wahr, diesen ohngeach-
tet, ist es doch recipiret, und derjenige ist klug, so einen hält. Immodicus
muß einer nicht seyn, und zur Unzeit Gesandten schicken. Jacobus I.
wollte keinen Degen ausziehen, und alles durch Gesandten ausmachen,
welches ein grosser Fehler war. Daher, als Ferdinandus II. Imperator
hörete, daß Jacobus auf ihm böse war, so sagte er: Er frage nicht viel
darnach, der würde schon Gesandten schicken, und die Fuchtel nicht aus-
ziehen. Wenn ich einen Gesandten schicke, so ist meine intention, daß
er soll recipirt werden more consueto. Gleichwie ein Kauffmann offt
viel erhält, weil er in credit ist, ob er gleich nicht so reich, als man ihn
davor hält. Also kömmt bey grossen Herrn auch viel auf die opinion
an, daß die Leute ihn vor mächtig halten, wenn er es gleich nicht ist, da-
her müssen grosse Herren nicht relachiren, ratione ihrer Gesandten. Crom-
well
war sonst ein grobian, dem noch immer etwas von seiner schlech-
ten extraction anhieng, doch kan man von ihm sagen, daß er sehr acht
gegeben, damit seine Ambassadeur recht regardiret worden. Wenn man
es ihnen nicht wollen accordiren, hat er lieber wollen Krieg anfangen.
Wer philosophice von der Sache redet, der saget: Es liege nichts dar-
an, er mag mich empfangen, wie er will, allein man hat alsdenn keine
opinion von meinem Herrn. Hergegen, wenn der Gesandte von vor-
nehmen Herren eingeholet, es wird ein Wirbel geschlagen, alles gehet
prächtig und herrlich, da bekömmt der penple einen concept, daß der Ge-
sandte einen grossen Herrn angehören müsse. Puffendorff in seinen re-

bus

Cap. V. De prudentia
ein Ambaſſadeur ordinaire, extraordinaire; ein Envoyé ordinaire & ex-
traordinaire;
ein Agent ein Reſident, ein Reſident, der accreditirt iſt,
wie ein Miniſtre public, denn wo dieſes nicht iſt, ſo iſt der Reſident nur
ein Agent. Legati ſunt neceſſarii, und der Herr, welcher das Geld
ſcheuet in Anſehung der Geſandten, ſiehet ſein intereſſe nicht wohl. Wenn
man die Legatos anſiehet, ſo ſind ſie revera nichts anders, als Efpions,
welche muͤſſen die negotia publica tractiren, alliancen machen fœdera
commerciorum
ſchlieſſen, und den Hof nach ihres Herrn intereſſe wiſſen
zu dirigiren. Der Reſident, wenn er accreditirt, ſo iſt er nichts anders,
als ein Envoyé ordinaire; ſie werden auch ſo tituliret, und ein Envoyé
ordinaire
will extraordinaire heiſſen. Das Wort, extraordinaire, wenn
man es ſcholaſtice betrachtet, ſo iſt es in der That nicht mehr, als ordi-
naire,
aber ſie halten es vor mehr, und wenn man einen Envoyé nicht ſo
tituliret, wird er boͤſe. Ein Agent iſt kein Miniſtre, der beſtellet nur
Briefe, ſchickt Mehl, Auſters, und was der Herr ſonſten braucht. Die
Pohlen haben keinen Reſidenten wollen leiden, und geſagt: Sie waͤren
Eſpions. Die Tuͤrcken auch nicht. Es iſt alles wahr, dieſen ohngeach-
tet, iſt es doch recipiret, und derjenige iſt klug, ſo einen haͤlt. Immodicus
muß einer nicht ſeyn, und zur Unzeit Geſandten ſchicken. Jacobus I.
wollte keinen Degen ausziehen, und alles durch Geſandten ausmachen,
welches ein groſſer Fehler war. Daher, als Ferdinandus II. Imperator
hoͤrete, daß Jacobus auf ihm boͤſe war, ſo ſagte er: Er frage nicht viel
darnach, der wuͤrde ſchon Geſandten ſchicken, und die Fuchtel nicht aus-
ziehen. Wenn ich einen Geſandten ſchicke, ſo iſt meine intention, daß
er ſoll recipirt werden more conſueto. Gleichwie ein Kauffmann offt
viel erhaͤlt, weil er in credit iſt, ob er gleich nicht ſo reich, als man ihn
davor haͤlt. Alſo koͤmmt bey groſſen Herrn auch viel auf die opinion
an, daß die Leute ihn vor maͤchtig halten, wenn er es gleich nicht iſt, da-
her muͤſſen groſſe Herren nicht relachiren, ratione ihrer Geſandten. Crom-
well
war ſonſt ein grobian, dem noch immer etwas von ſeiner ſchlech-
ten extraction anhieng, doch kan man von ihm ſagen, daß er ſehr acht
gegeben, damit ſeine Ambaſſadeur recht regardiret worden. Wenn man
es ihnen nicht wollen accordiren, hat er lieber wollen Krieg anfangen.
Wer philoſophice von der Sache redet, der ſaget: Es liege nichts dar-
an, er mag mich empfangen, wie er will, allein man hat alsdenn keine
opinion von meinem Herrn. Hergegen, wenn der Geſandte von vor-
nehmen Herren eingeholet, es wird ein Wirbel geſchlagen, alles gehet
praͤchtig und herrlich, da bekoͤmmt der penple einen concept, daß der Ge-
ſandte einen groſſen Herrn angehoͤren muͤſſe. Puffendorff in ſeinen re-

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[378/0398] Cap. V. De prudentia ein Ambaſſadeur ordinaire, extraordinaire; ein Envoyé ordinaire & ex- traordinaire; ein Agent ein Reſident, ein Reſident, der accreditirt iſt, wie ein Miniſtre public, denn wo dieſes nicht iſt, ſo iſt der Reſident nur ein Agent. Legati ſunt neceſſarii, und der Herr, welcher das Geld ſcheuet in Anſehung der Geſandten, ſiehet ſein intereſſe nicht wohl. Wenn man die Legatos anſiehet, ſo ſind ſie revera nichts anders, als Efpions, welche muͤſſen die negotia publica tractiren, alliancen machen fœdera commerciorum ſchlieſſen, und den Hof nach ihres Herrn intereſſe wiſſen zu dirigiren. Der Reſident, wenn er accreditirt, ſo iſt er nichts anders, als ein Envoyé ordinaire; ſie werden auch ſo tituliret, und ein Envoyé ordinaire will extraordinaire heiſſen. Das Wort, extraordinaire, wenn man es ſcholaſtice betrachtet, ſo iſt es in der That nicht mehr, als ordi- naire, aber ſie halten es vor mehr, und wenn man einen Envoyé nicht ſo tituliret, wird er boͤſe. Ein Agent iſt kein Miniſtre, der beſtellet nur Briefe, ſchickt Mehl, Auſters, und was der Herr ſonſten braucht. Die Pohlen haben keinen Reſidenten wollen leiden, und geſagt: Sie waͤren Eſpions. Die Tuͤrcken auch nicht. Es iſt alles wahr, dieſen ohngeach- tet, iſt es doch recipiret, und derjenige iſt klug, ſo einen haͤlt. Immodicus muß einer nicht ſeyn, und zur Unzeit Geſandten ſchicken. Jacobus I. wollte keinen Degen ausziehen, und alles durch Geſandten ausmachen, welches ein groſſer Fehler war. Daher, als Ferdinandus II. Imperator hoͤrete, daß Jacobus auf ihm boͤſe war, ſo ſagte er: Er frage nicht viel darnach, der wuͤrde ſchon Geſandten ſchicken, und die Fuchtel nicht aus- ziehen. Wenn ich einen Geſandten ſchicke, ſo iſt meine intention, daß er ſoll recipirt werden more conſueto. Gleichwie ein Kauffmann offt viel erhaͤlt, weil er in credit iſt, ob er gleich nicht ſo reich, als man ihn davor haͤlt. Alſo koͤmmt bey groſſen Herrn auch viel auf die opinion an, daß die Leute ihn vor maͤchtig halten, wenn er es gleich nicht iſt, da- her muͤſſen groſſe Herren nicht relachiren, ratione ihrer Geſandten. Crom- well war ſonſt ein grobian, dem noch immer etwas von ſeiner ſchlech- ten extraction anhieng, doch kan man von ihm ſagen, daß er ſehr acht gegeben, damit ſeine Ambaſſadeur recht regardiret worden. Wenn man es ihnen nicht wollen accordiren, hat er lieber wollen Krieg anfangen. Wer philoſophice von der Sache redet, der ſaget: Es liege nichts dar- an, er mag mich empfangen, wie er will, allein man hat alsdenn keine opinion von meinem Herrn. Hergegen, wenn der Geſandte von vor- nehmen Herren eingeholet, es wird ein Wirbel geſchlagen, alles gehet praͤchtig und herrlich, da bekoͤmmt der penple einen concept, daß der Ge- ſandte einen groſſen Herrn angehoͤren muͤſſe. Puffendorff in ſeinen re- bus

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/398>, abgerufen am 24.11.2024.