Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. V. De prudentia Praeliminaria, die will ich eingehen. Melius est cedere als seine Cronein Gefahr setzen, habe ich Schaden gehabt, so muß ich das tempo ab- warten, da ich mir vielleicht wieder helffen kan, Dicis, das ist nicht ge- handelt, wie Alexander gethan. Respond. Wer schieret sich was üm Alexandrum M. dieses war ein ambitiöser Herr, welcher gemeynet, se nullo dolo usurum, sondern er wolle alle aperta vi oppugniren. Das ist gar nicht nöthig, sondern wenn ich Gelegenheit habe, und sehe daß der andere schwach ist, so gebe ich ihm etwas nach, daß er mir nicht fer- ner schaden kan. Wenn einem solchen, der alles aperta vi oppugniret al- les glücklich gehet, so ist es gut; Mißlinget es aber, so sagt ein jeder, er sey nicht prudens gewesen: Bisweilen sind in einem Lande turbulenti ho- mines, auf die man acht geben muß, und deswegen auswärts keinen Krieg anfangen kan. Aber das ist wahr, wo man siehet, daß die Leu- te nichts zu thun haben, da muß man einen Krieg anfangen, damit die Leute was zu raisonniren bekommen, als wie man siehet, daß die Czarin gerne einen Krieg anfangen wolte, wenn aber keine causa da ist, muß es von Rechtswegen doch nicht geschehen. Kriege selbst zu observiren? §. 24. Nun müssen wir auch sehen, quid faciendum in bello, der uns * Wenn man aber von dem Lipsio höret, muß man dencken, daß derselbe ein klu-
ger Kerl gewesen; Der Printz Moriz war sein disciple: Denn er ist in Leyden gewesen, und hat er mit ihm des Poliaeni Stratagemata gelesen, und anders mehr. Printz Moriz, wie er Breda wegnehmen wollen, welches ihm aber doch durch ein accidens mißgelungen, habe gesagt, er habe solches vom Lipsio gelernet, denn sie haben von Ingend auf dem Printz zum Kriege an- gehalten, daß er seinem Vater succediren sollte. Er war kaum siebenzehen bis achtzehen Jahr alt, so wurde er Grand-Capitain. Der Ertz-Hertzog Albrechs hat den Lipsium auch in vielen Sachen zu rathe gezogen. Cap. V. De prudentia Præliminaria, die will ich eingehen. Melius eſt cedere als ſeine Cronein Gefahr ſetzen, habe ich Schaden gehabt, ſo muß ich das tempo ab- warten, da ich mir vielleicht wieder helffen kan, Dicis, das iſt nicht ge- handelt, wie Alexander gethan. Reſpond. Wer ſchieret ſich was uͤm Alexandrum M. dieſes war ein ambitioͤſer Herr, welcher gemeynet, ſe nullo dolo uſurum, ſondern er wolle alle aperta vi oppugniren. Das iſt gar nicht noͤthig, ſondern wenn ich Gelegenheit habe, und ſehe daß der andere ſchwach iſt, ſo gebe ich ihm etwas nach, daß er mir nicht fer- ner ſchaden kan. Wenn einem ſolchen, der alles aperta vi oppugniret al- les gluͤcklich gehet, ſo iſt es gut; Mißlinget es aber, ſo ſagt ein jeder, er ſey nicht prudens geweſen: Bisweilen ſind in einem Lande turbulenti ho- mines, auf die man acht geben muß, und deswegen auswaͤrts keinen Krieg anfangen kan. Aber das iſt wahr, wo man ſiehet, daß die Leu- te nichts zu thun haben, da muß man einen Krieg anfangen, damit die Leute was zu raiſonniren bekommen, als wie man ſiehet, daß die Czarin gerne einen Krieg anfangen wolte, wenn aber keine cauſa da iſt, muß es von Rechtswegen doch nicht geſchehen. Kriege ſelbſt zu obſerviren? §. 24. Nun muͤſſen wir auch ſehen, quid faciendum in bello, der uns * Wenn man aber von dem Lipſio hoͤret, muß man dencken, daß derſelbe ein klu-
ger Kerl geweſen; Der Printz Moriz war ſein diſciple: Denn er iſt in Leyden geweſen, und hat er mit ihm des Poliæni Stratagemata geleſen, und anders mehr. Printz Moriz, wie er Breda wegnehmen wollen, welches ihm aber doch durch ein accidens mißgelungen, habe geſagt, er habe ſolches vom Lipſio gelernet, denn ſie haben von Ingend auf dem Printz zum Kriege an- gehalten, daß er ſeinem Vater ſuccediren ſollte. Er war kaum ſiebenzehen bis achtzehen Jahr alt, ſo wurde er Grand-Capitain. Der Ertz-Hertzog Albrechs hat den Lipſium auch in vielen Sachen zu rathe gezogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0440" n="420"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi></hi> V. De prudentia</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">Præliminaria,</hi> die will ich eingehen. <hi rendition="#aq">Melius eſt cedere</hi> als ſeine Crone<lb/> in Gefahr ſetzen, habe ich Schaden gehabt, ſo muß ich das <hi rendition="#aq">tempo</hi> ab-<lb/> warten, da ich mir vielleicht wieder helffen kan, <hi rendition="#aq">Dicis,</hi> das iſt nicht ge-<lb/> handelt, wie <hi rendition="#aq">Alexander</hi> gethan. <hi rendition="#aq">Reſpond.</hi> Wer ſchieret ſich was uͤm<lb/><hi rendition="#aq">Alexandrum M.</hi> dieſes war ein <hi rendition="#aq">ambiti</hi>oͤſer Herr, welcher gemeynet, <hi rendition="#aq">ſe<lb/> nullo dolo uſurum,</hi> ſondern er wolle alle <hi rendition="#aq">aperta vi oppugnir</hi>en. Das<lb/> iſt gar nicht noͤthig, ſondern wenn ich Gelegenheit habe, und ſehe daß<lb/> der andere ſchwach iſt, ſo gebe ich ihm etwas nach, daß er mir nicht fer-<lb/> ner ſchaden kan. Wenn einem ſolchen, der alles <hi rendition="#aq">aperta vi oppugnir</hi>et al-<lb/> les gluͤcklich gehet, ſo iſt es gut; Mißlinget es aber, ſo ſagt ein jeder, er<lb/> ſey nicht <hi rendition="#aq">prudens</hi> geweſen: Bisweilen ſind in einem Lande <hi rendition="#aq">turbulenti ho-<lb/> mines,</hi> auf die man acht geben muß, und deswegen auswaͤrts keinen<lb/> Krieg anfangen kan. Aber das iſt wahr, wo man ſiehet, daß die Leu-<lb/> te nichts zu thun haben, da muß man einen Krieg anfangen, damit die<lb/> Leute was zu <hi rendition="#aq">raiſonnir</hi>en bekommen, als wie man ſiehet, daß die Czarin<lb/> gerne einen Krieg anfangen wolte, wenn aber keine <hi rendition="#aq">cauſa</hi> da iſt, muß<lb/> es von Rechtswegen doch nicht geſchehen.</p><lb/> <note place="left">Was in dem<lb/> Kriege ſelbſt<lb/> zu <hi rendition="#aq">obſervi</hi>ren?</note> <p>§. 24. Nun muͤſſen wir auch ſehen, <hi rendition="#aq">quid faciendum in bello,</hi> der<lb/><hi rendition="#aq">Autor</hi> hat hier ſonderlich den <hi rendition="#aq">Lipſium</hi> gebraucht, <note place="foot" n="*">Wenn man aber von dem <hi rendition="#aq">Lipſio</hi> hoͤret, muß man dencken, daß derſelbe ein klu-<lb/><hi rendition="#et">ger Kerl geweſen; Der Printz <hi rendition="#aq">Moriz</hi> war ſein <hi rendition="#aq">diſciple:</hi> Denn er iſt in<lb/> Leyden geweſen, und hat er mit ihm des <hi rendition="#aq">Poliæni Stratagemata</hi> geleſen, und<lb/> anders mehr. Printz <hi rendition="#aq">Moriz,</hi> wie er <hi rendition="#aq">Breda</hi> wegnehmen wollen, welches ihm<lb/> aber doch durch ein <hi rendition="#aq">accidens</hi> mißgelungen, habe geſagt, er habe ſolches vom<lb/><hi rendition="#aq">Lipſio</hi> gelernet, denn ſie haben von Ingend auf dem Printz zum Kriege an-<lb/> gehalten, daß er ſeinem Vater <hi rendition="#aq">ſuccedi</hi>ren ſollte. Er war kaum ſiebenzehen<lb/> bis achtzehen Jahr alt, ſo wurde er <hi rendition="#aq">Grand-Capitain.</hi> Der Ertz-Hertzog<lb/><hi rendition="#aq">Albrechs</hi> hat den <hi rendition="#aq">Lipſium</hi> auch in vielen Sachen zu rathe gezogen.</hi></note> welcher ſaget: <hi rendition="#aq">Magna<lb/> ſunt aggredenda, e. g.</hi> Wie <hi rendition="#aq">Guſtav Adolph</hi> den <hi rendition="#aq">Tylli</hi> geſchlagen, ſo<lb/> gieng er zwar nach Francken, uͤberrumpelte Wuͤrtzburg, bekam Maͤyntz<lb/> weg, <hi rendition="#aq">Oxenſtirn</hi> aber hat gemeynet, das waͤren <hi rendition="#aq">bagatell</hi>en geweſen. Der<lb/><hi rendition="#aq">Oxenſtirn</hi> war geſcheuter, und wie er den <hi rendition="#aq">Guſtav Adolph</hi> zum erſten-<lb/> mahl wieder geſehen, ſo hat er geſagt: <hi rendition="#aq">Sive:</hi> Ich habe gemeynet, ich<lb/> wollte euch zu Wien ſprechen; Wer heißt euch da hinaus gehen? Ihr<lb/> haͤttet ſollen nach Boͤhmen gehen, Prag wegnehmen und von dar nach<lb/> Wien, damit haͤtten wir einen guten Frieden bekommen. Er ſchickte<lb/> den Churfuͤrſten von Sachſen nach Boͤhmen, welcher zwar Prag weg<lb/> bekam, aber ſolches auch bald wieder verlohr. <hi rendition="#aq">Mahometh II.</hi> da er<lb/> noch vieles von Griechenland wegzunehmen gehabt, hat er geſagt: Laßt<lb/> <fw place="bottom" type="catch">uns</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [420/0440]
Cap. V. De prudentia
Præliminaria, die will ich eingehen. Melius eſt cedere als ſeine Crone
in Gefahr ſetzen, habe ich Schaden gehabt, ſo muß ich das tempo ab-
warten, da ich mir vielleicht wieder helffen kan, Dicis, das iſt nicht ge-
handelt, wie Alexander gethan. Reſpond. Wer ſchieret ſich was uͤm
Alexandrum M. dieſes war ein ambitioͤſer Herr, welcher gemeynet, ſe
nullo dolo uſurum, ſondern er wolle alle aperta vi oppugniren. Das
iſt gar nicht noͤthig, ſondern wenn ich Gelegenheit habe, und ſehe daß
der andere ſchwach iſt, ſo gebe ich ihm etwas nach, daß er mir nicht fer-
ner ſchaden kan. Wenn einem ſolchen, der alles aperta vi oppugniret al-
les gluͤcklich gehet, ſo iſt es gut; Mißlinget es aber, ſo ſagt ein jeder, er
ſey nicht prudens geweſen: Bisweilen ſind in einem Lande turbulenti ho-
mines, auf die man acht geben muß, und deswegen auswaͤrts keinen
Krieg anfangen kan. Aber das iſt wahr, wo man ſiehet, daß die Leu-
te nichts zu thun haben, da muß man einen Krieg anfangen, damit die
Leute was zu raiſonniren bekommen, als wie man ſiehet, daß die Czarin
gerne einen Krieg anfangen wolte, wenn aber keine cauſa da iſt, muß
es von Rechtswegen doch nicht geſchehen.
§. 24. Nun muͤſſen wir auch ſehen, quid faciendum in bello, der
Autor hat hier ſonderlich den Lipſium gebraucht, * welcher ſaget: Magna
ſunt aggredenda, e. g. Wie Guſtav Adolph den Tylli geſchlagen, ſo
gieng er zwar nach Francken, uͤberrumpelte Wuͤrtzburg, bekam Maͤyntz
weg, Oxenſtirn aber hat gemeynet, das waͤren bagatellen geweſen. Der
Oxenſtirn war geſcheuter, und wie er den Guſtav Adolph zum erſten-
mahl wieder geſehen, ſo hat er geſagt: Sive: Ich habe gemeynet, ich
wollte euch zu Wien ſprechen; Wer heißt euch da hinaus gehen? Ihr
haͤttet ſollen nach Boͤhmen gehen, Prag wegnehmen und von dar nach
Wien, damit haͤtten wir einen guten Frieden bekommen. Er ſchickte
den Churfuͤrſten von Sachſen nach Boͤhmen, welcher zwar Prag weg
bekam, aber ſolches auch bald wieder verlohr. Mahometh II. da er
noch vieles von Griechenland wegzunehmen gehabt, hat er geſagt: Laßt
uns
* Wenn man aber von dem Lipſio hoͤret, muß man dencken, daß derſelbe ein klu-
ger Kerl geweſen; Der Printz Moriz war ſein diſciple: Denn er iſt in
Leyden geweſen, und hat er mit ihm des Poliæni Stratagemata geleſen, und
anders mehr. Printz Moriz, wie er Breda wegnehmen wollen, welches ihm
aber doch durch ein accidens mißgelungen, habe geſagt, er habe ſolches vom
Lipſio gelernet, denn ſie haben von Ingend auf dem Printz zum Kriege an-
gehalten, daß er ſeinem Vater ſuccediren ſollte. Er war kaum ſiebenzehen
bis achtzehen Jahr alt, ſo wurde er Grand-Capitain. Der Ertz-Hertzog
Albrechs hat den Lipſium auch in vielen Sachen zu rathe gezogen.
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