Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.Cap. III. De Incommodis, gehabt, aber nunmehro kan durch unsere moral der Catechismus perfecterwerden, und ist wunderlich, daß viele Theologi Philosophiam moralem negligiren: Denn GOtt hat ja nichts ohne raison gethan. Der ge- dachte Spizelius hat auch Felicem litteratum geschrieben, er ist einer von denen Gelehrtesten in Germania gewesen, seine arcana Bibliothecarum detecta zeigen auch an, daß er eine treffliche connoisance in historia lit- teraria gehabt, und denn wird noch eine consideration über die Scholas vorkommen, woselbst noch mehr hievon wird gedacht werden: Denn auf denen Academien ist auch viel Barbarisches und Pfaffisches gewesen. Es ist ein abusus da, und mehr stultitia als sapientia; daher ist auch nicht zu verwundern, daß man die Gelehrten offt verachtet, denn die Ge- lehrten sehen offt riduculer aus, als andere gemeine Leute. Das gemei- ne Volck regardiret man nicht so, wenn das gleich was närrisches an sich hat, aber auf die Gelehrten siehet jedermann: weil diese wollen was sonderliches seyn. Osorius de Instit. Principis giebt ein artiges Gleich- niß hievon, und saget: Wenn man einen geringen Kerl ein Fürstliches Kleid anzöge, so lachte jedermann über ihn, denn seine gestus und mores schicken sich gar nicht dazu. So sey es auch mit einem Gelehrten, der Pseu- do-Sapiens, der habe wohl ein hübsches Kleid an, aber er habe allerhand närrisches Zeug an sich, dadurch er sich ridicule machet. Man hält ihn pro Sapiente, aber er ist es nicht, er ist nur ein Doctor und Magister dem Nahmen nach. Handwer- cker etc. §. 12. Unser Autor hat schon gewiesen, wie es denen Hauß-Vä- har-
Cap. III. De Incommodis, gehabt, aber nunmehro kan durch unſere moral der Catechiſmus perfecterwerden, und iſt wunderlich, daß viele Theologi Philoſophiam moralem negligiren: Denn GOtt hat ja nichts ohne raiſon gethan. Der ge- dachte Spizelius hat auch Felicem litteratum geſchrieben, er iſt einer von denen Gelehrteſten in Germania geweſen, ſeine arcana Bibliothecarum detecta zeigen auch an, daß er eine treffliche connoiſance in hiſtoria lit- teraria gehabt, und denn wird noch eine conſideration uͤber die Scholas vorkommen, woſelbſt noch mehr hievon wird gedacht werden: Denn auf denen Academien iſt auch viel Barbariſches und Pfaffiſches geweſen. Es iſt ein abuſus da, und mehr ſtultitia als ſapientia; daher iſt auch nicht zu verwundern, daß man die Gelehrten offt verachtet, denn die Ge- lehrten ſehen offt riduculer aus, als andere gemeine Leute. Das gemei- ne Volck regardiret man nicht ſo, wenn das gleich was naͤrriſches an ſich hat, aber auf die Gelehrten ſiehet jedermann: weil dieſe wollen was ſonderliches ſeyn. Oſorius de Inſtit. Principis giebt ein artiges Gleich- niß hievon, und ſaget: Wenn man einen geringen Kerl ein Fuͤrſtliches Kleid anzoͤge, ſo lachte jedermann uͤber ihn, denn ſeine geſtus und mores ſchicken ſich gar nicht dazu. So ſey es auch mit einem Gelehrten, der Pſeu- do-Sapiens, der habe wohl ein huͤbſches Kleid an, aber er habe allerhand naͤrriſches Zeug an ſich, dadurch er ſich ridicule machet. Man haͤlt ihn pro Sapiente, aber er iſt es nicht, er iſt nur ein Doctor und Magiſter dem Nahmen nach. Handwer- cker ꝛc. §. 12. Unſer Autor hat ſchon gewieſen, wie es denen Hauß-Vaͤ- har-
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Cap. III. De Incommodis,
gehabt, aber nunmehro kan durch unſere moral der Catechiſmus perfecter
werden, und iſt wunderlich, daß viele Theologi Philoſophiam moralem
negligiren: Denn GOtt hat ja nichts ohne raiſon gethan. Der ge-
dachte Spizelius hat auch Felicem litteratum geſchrieben, er iſt einer von
denen Gelehrteſten in Germania geweſen, ſeine arcana Bibliothecarum
detecta zeigen auch an, daß er eine treffliche connoiſance in hiſtoria lit-
teraria gehabt, und denn wird noch eine conſideration uͤber die Scholas
vorkommen, woſelbſt noch mehr hievon wird gedacht werden: Denn auf
denen Academien iſt auch viel Barbariſches und Pfaffiſches geweſen.
Es iſt ein abuſus da, und mehr ſtultitia als ſapientia; daher iſt auch
nicht zu verwundern, daß man die Gelehrten offt verachtet, denn die Ge-
lehrten ſehen offt riduculer aus, als andere gemeine Leute. Das gemei-
ne Volck regardiret man nicht ſo, wenn das gleich was naͤrriſches an
ſich hat, aber auf die Gelehrten ſiehet jedermann: weil dieſe wollen was
ſonderliches ſeyn. Oſorius de Inſtit. Principis giebt ein artiges Gleich-
niß hievon, und ſaget: Wenn man einen geringen Kerl ein Fuͤrſtliches
Kleid anzoͤge, ſo lachte jedermann uͤber ihn, denn ſeine geſtus und mores
ſchicken ſich gar nicht dazu. So ſey es auch mit einem Gelehrten, der Pſeu-
do-Sapiens, der habe wohl ein huͤbſches Kleid an, aber er habe allerhand
naͤrriſches Zeug an ſich, dadurch er ſich ridicule machet. Man haͤlt ihn
pro Sapiente, aber er iſt es nicht, er iſt nur ein Doctor und Magiſter dem
Nahmen nach.
§. 12. Unſer Autor hat ſchon gewieſen, wie es denen Hauß-Vaͤ-
tern ergehe, was ſie vor Klagen haben, welches er auch hier auf opifices
und mercatores appliciret; proponiret alſo in der That crambem bis co-
ctam. Hierbey iſt nun noch dieſes zu mercken: Opificia, mercaturæ ſind
heut zu Tage unentbehrlich, wovon die ratio ſchon oben demonſtriret wor-
den. Denn in civitate, da viele Menſchen beyſammen ſind, gehet es
ohnmoͤglich an, daß ſie koͤnnen alle von Ackerbau leben; daher arbeiten
ſie ſonſt, theils mit den Kopffe, theils mit der Hand. Wenn ſie wollen
in otio leben, da werden ſie arm, ein armer opifex, Kauffmann taugt
nicht. Daher wenn man will die Commercia etabliret wiſſen, muß man
eben ſolchen Leuten unter die Arme greiffen. Man kan die materie wohl
aus den Hobbeſio illuſtriren, welcher auch die imperantes nicht geſcheuet,
aber doch gieng er mehrentheils dahin ut Carolo II. majorem autorita-
tem conciliaret. Die Leute verhindern ſich unter einander ſelbſt, und
ſuchet einer den andern zu ruiniren. Ex conſequenti, da ſie in Societa-
te leben, worinnen alles ſoll ad unionem gehen; ſie aber ſind uneins, &
illam unionem rumpunt, ſo kan es nicht anders ſeyn, als daß eine dis-
har-
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