züglich Ehrliebe, mit hineingezogen und als Sporn der Thätigkeit gebraucht, drittens dem Zufalle bald mehr bald minder Herrschaft über das Materiale eingeräumt, wodurch die Erwar- tung gespannt und die Thätigkeit rege erhalten wird. Allein der Grund des Vergnügens beym Spiele liegt doch nicht allein in unsrer Thätig- keit, sondern auch in der Anschauung der Form des Spieles, d. i. der verabredeten systemati- schen Ordnung unserer Thätigkeit; wird diese gestört, schmiegt sich unsere Action dem Syste- me des Spiels nur unvollkommen an: so min- dert sich die Belustigung. Spiele sind also Belu- stigungen zur Erholung geschöpft aus der Wirk- samkeit und verabredeten Form unserer Thä- tigkeit.
Auf Hasardspiele passt sich diese Definition nicht, sie sind die Kette, an welcher der Zufall den Spieler nach Belieben an der Nase herum- führt, indem er ihn mit der Geissel der Affecten bald streichelt bald züchtiget.
Nach dem obigen lässt sich der moralische Werth der Spiele an sich selbst im allgemeinen nun leicht bestimmen. Er richtet sich nach der Natur des Affects, der zur Spannung unserer Thä- tigkeit hineingezogen wird. Je unschuldiger dieser ist, desto unschuldiger ist das Spiel. Sein Werth ist daher so verschieden als die Natur der
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züglich Ehrliebe, mit hineingezogen und als Sporn der Thätigkeit gebraucht, drittens dem Zufalle bald mehr bald minder Herrſchaft über das Materiale eingeräumt, wodurch die Erwar- tung geſpannt und die Thätigkeit rege erhalten wird. Allein der Grund des Vergnügens beym Spiele liegt doch nicht allein in unſrer Thätig- keit, ſondern auch in der Anſchauung der Form des Spieles, d. i. der verabredeten ſyſtemati- ſchen Ordnung unſerer Thätigkeit; wird dieſe geſtört, ſchmiegt ſich unſere Action dem Syſte- me des Spiels nur unvollkommen an: ſo min- dert ſich die Beluſtigung. Spiele ſind alſo Belu- ſtigungen zur Erholung geſchöpft aus der Wirk- ſamkeit und verabredeten Form unſerer Thä- tigkeit.
Auf Haſardſpiele paſst ſich dieſe Definition nicht, ſie ſind die Kette, an welcher der Zufall den Spieler nach Belieben an der Naſe herum- führt, indem er ihn mit der Geiſsel der Affecten bald ſtreichelt bald züchtiget.
Nach dem obigen läſſt ſich der moraliſche Werth der Spiele an ſich ſelbſt im allgemeinen nun leicht beſtimmen. Er richtet ſich nach der Natur des Affects, der zur Spannung unſerer Thä- tigkeit hineingezogen wird. Je unſchuldiger dieſer iſt, deſto unſchuldiger iſt das Spiel. Sein Werth iſt daher ſo verſchieden als die Natur der
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züglich Ehrliebe, mit hineingezogen und als
Sporn der Thätigkeit gebraucht, drittens dem
Zufalle bald mehr bald minder Herrſchaft über
das Materiale eingeräumt, wodurch die Erwar-
tung geſpannt und die Thätigkeit rege erhalten
wird. Allein der Grund des Vergnügens beym
Spiele liegt doch nicht allein in unſrer Thätig-
keit, ſondern auch in der Anſchauung der Form
des Spieles, d. i. der verabredeten ſyſtemati-
ſchen Ordnung unſerer Thätigkeit; wird dieſe
geſtört, ſchmiegt ſich unſere Action dem Syſte-
me des Spiels nur unvollkommen an: ſo min-
dert ſich die Beluſtigung. Spiele ſind alſo Belu-
ſtigungen zur Erholung geſchöpft aus der Wirk-
ſamkeit und verabredeten Form unſerer Thä-
tigkeit.
Auf Haſardſpiele paſst ſich dieſe Definition
nicht, ſie ſind die Kette, an welcher der Zufall
den Spieler nach Belieben an der Naſe herum-
führt, indem er ihn mit der Geiſsel der Affecten
bald ſtreichelt bald züchtiget.
Nach dem obigen läſſt ſich der moraliſche
Werth der Spiele an ſich ſelbſt im allgemeinen
nun leicht beſtimmen. Er richtet ſich nach der
Natur des Affects, der zur Spannung unſerer Thä-
tigkeit hineingezogen wird. Je unſchuldiger
dieſer iſt, deſto unſchuldiger iſt das Spiel. Sein
Werth iſt daher ſo verſchieden als die Natur der
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/35>, abgerufen am 23.11.2024.
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