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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

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Diese Eigenschaften der Wörter hat man benuzt,
um daraus Sylbenräthsel (Charaden) zu machen.
Man sagt demjenigen, der das Räthsel lösen soll,
die Zahl der Sylben, giebt ihm dann die Be-
deutung jeder einzelnen Sylbe durch eine unbe-
stimmte, sich bloss auf die Gattung beziehende
Beschreibung an, sezt endlich die Bedeutung des
Ganzen eben so unbestimmt hinzu und läst erra-
then.

Beyspiele. 1) Ein dreysylbiges Wort. Die
erste Sylbe bedeutet etwas, wonach sich der See-
fahrer sehnt; die zwey lezten etwas, womit
man häufig spielt; das Ganze ist ein Grundriss
des ersten. 2) Drey Sylben. Mit der ersten
kann man binden, mit den andern beyden ste-
chen; das Ganze gehört in die Hände des Frau-
enzimmers. 3) Zwey Sylben. Mit der ersten
kann die Magd die Stube reinigen, auf die zwey-
te setze dich, und das Ganze vermeide, wenn du
schiffest. 4) Zwey Sylben. Die erste eine Pflan-
ze, die zweyte etwas brennbares, das Ganze
wächst auf der ersten und ist auch brennbar und
essbar zugleich. 5) Zweysylbig. Die erste Syl-
be eine Art Speise; die zweyte ein Vogel, das
Ganze ein Getränk. 6) Zwey Sylben. Die er-
ste ist etwas Gebornes, was weder lebt noch tod
ist, die zweyte ist bey Ueberschwemmungen sehr
nüzlich, das Ganze ist eine Art von Anverwand-

Dieſe Eigenſchaften der Wörter hat man benuzt,
um daraus Sylbenräthſel (Charaden) zu machen.
Man ſagt demjenigen, der das Räthſel löſen ſoll,
die Zahl der Sylben, giebt ihm dann die Be-
deutung jeder einzelnen Sylbe durch eine unbe-
ſtimmte, ſich bloſs auf die Gattung beziehende
Beſchreibung an, ſezt endlich die Bedeutung des
Ganzen eben ſo unbeſtimmt hinzu und läſt erra-
then.

Beyſpiele. 1) Ein dreyſylbiges Wort. Die
erſte Sylbe bedeutet etwas, wonach ſich der See-
fahrer ſehnt; die zwey lezten etwas, womit
man häufig ſpielt; das Ganze iſt ein Grundriſs
des erſten. 2) Drey Sylben. Mit der erſten
kann man binden, mit den andern beyden ſte-
chen; das Ganze gehört in die Hände des Frau-
enzimmers. 3) Zwey Sylben. Mit der erſten
kann die Magd die Stube reinigen, auf die zwey-
te ſetze dich, und das Ganze vermeide, wenn du
ſchiffeſt. 4) Zwey Sylben. Die erſte eine Pflan-
ze, die zweyte etwas brennbares, das Ganze
wächſt auf der erſten und iſt auch brennbar und
eſsbar zugleich. 5) Zweyſylbig. Die erſte Syl-
be eine Art Speiſe; die zweyte ein Vogel, das
Ganze ein Getränk. 6) Zwey Sylben. Die er-
ſte iſt etwas Gebornes, was weder lebt noch tod
iſt, die zweyte iſt bey Ueberſchwemmungen ſehr
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[432/0464] Dieſe Eigenſchaften der Wörter hat man benuzt, um daraus Sylbenräthſel (Charaden) zu machen. Man ſagt demjenigen, der das Räthſel löſen ſoll, die Zahl der Sylben, giebt ihm dann die Be- deutung jeder einzelnen Sylbe durch eine unbe- ſtimmte, ſich bloſs auf die Gattung beziehende Beſchreibung an, ſezt endlich die Bedeutung des Ganzen eben ſo unbeſtimmt hinzu und läſt erra- then. Beyſpiele. 1) Ein dreyſylbiges Wort. Die erſte Sylbe bedeutet etwas, wonach ſich der See- fahrer ſehnt; die zwey lezten etwas, womit man häufig ſpielt; das Ganze iſt ein Grundriſs des erſten. 2) Drey Sylben. Mit der erſten kann man binden, mit den andern beyden ſte- chen; das Ganze gehört in die Hände des Frau- enzimmers. 3) Zwey Sylben. Mit der erſten kann die Magd die Stube reinigen, auf die zwey- te ſetze dich, und das Ganze vermeide, wenn du ſchiffeſt. 4) Zwey Sylben. Die erſte eine Pflan- ze, die zweyte etwas brennbares, das Ganze wächſt auf der erſten und iſt auch brennbar und eſsbar zugleich. 5) Zweyſylbig. Die erſte Syl- be eine Art Speiſe; die zweyte ein Vogel, das Ganze ein Getränk. 6) Zwey Sylben. Die er- ſte iſt etwas Gebornes, was weder lebt noch tod iſt, die zweyte iſt bey Ueberſchwemmungen ſehr nüzlich, das Ganze iſt eine Art von Anverwand-

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Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/464>, abgerufen am 24.11.2024.