dem wahren Grundsatze der Vervollkommnung und Stiftung des Guten um sich her; könnten die andern ihren Magen beyseite legen, auf ihrer Oberfläche, wie Schafe, die Kleidung reprodu- ciren und in selbstgewachsenen Häusern wohnen: sie arbeiteten wahrhaftig nichts, sondern amusir- ten sich nur; denn wenn auch dem Menschen Thä- tigkeit angeboren wurde, so liebt er doch nicht gleich die, welche mit trockner Anstrengung verbunden ist, sondern nur die, welche ihm Ver- gnügen macht; jene gewinnt er nur erst allen- falls durch Gewohnheit und Geläufigkeit (Rutine) lieb. Wenn Grundsatz und Nothwendigkeit die einzigen Triebfedern sind, die Hand und Kopf der Menschen in Action setzen, so gehören sie auch beyde in den Plan der Jugenderziehung, weil wir für diese Welt erziehen. Es ist daher nicht genug, jenen Grundsatz der Vervoll- kommnung einzuprägen, sondern auch bare Nothwendigkeit halte den Arbeitsplan für die Ju- gend aufrecht, bleibe, so lange es seyn muss, der Sporn ihrer Thätigkeit bis Geläufigkeit und Liebe zur Arbeit entsteht. Man hat von Spielen nichts zu besorgen bey Kindern und Jünglingen, die von der Heiligkeit jenes Grundsatzes überzeugt sind, nichts bey solchen, deren Arbeitsplan nach unabänderlichen Gesetzen feststeht, bey denen es Gesetz ist: erst Arbeit, dann Spiel. Aus dem
dem wahren Grundſatze der Vervollkommnung und Stiftung des Guten um ſich her; könnten die andern ihren Magen beyſeite legen, auf ihrer Oberfläche, wie Schafe, die Kleidung reprodu- ciren und in ſelbſtgewachſenen Häuſern wohnen: ſie arbeiteten wahrhaftig nichts, ſondern amuſir- ten ſich nur; denn wenn auch dem Menſchen Thä- tigkeit angeboren wurde, ſo liebt er doch nicht gleich die, welche mit trockner Anſtrengung verbunden iſt, ſondern nur die, welche ihm Ver- gnügen macht; jene gewinnt er nur erſt allen- falls durch Gewohnheit und Geläufigkeit (Rutine) lieb. Wenn Grundſatz und Nothwendigkeit die einzigen Triebfedern ſind, die Hand und Kopf der Menſchen in Action ſetzen, ſo gehören ſie auch beyde in den Plan der Jugenderziehung, weil wir für dieſe Welt erziehen. Es iſt daher nicht genug, jenen Grundſatz der Vervoll- kommnung einzuprägen, ſondern auch bare Nothwendigkeit halte den Arbeitsplan für die Ju- gend aufrecht, bleibe, ſo lange es ſeyn muſs, der Sporn ihrer Thätigkeit bis Geläufigkeit und Liebe zur Arbeit entſteht. Man hat von Spielen nichts zu beſorgen bey Kindern und Jünglingen, die von der Heiligkeit jenes Grundſatzes überzeugt ſind, nichts bey ſolchen, deren Arbeitsplan nach unabänderlichen Geſetzen feſtſteht, bey denen es Geſetz iſt: erſt Arbeit, dann Spiel. Aus dem
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dem wahren Grundſatze der Vervollkommnung
und Stiftung des Guten um ſich her; könnten die
andern ihren Magen beyſeite legen, auf ihrer
Oberfläche, wie Schafe, die Kleidung reprodu-
ciren und in ſelbſtgewachſenen Häuſern wohnen:
ſie arbeiteten wahrhaftig nichts, ſondern amuſir-
ten ſich nur; denn wenn auch dem Menſchen Thä-
tigkeit angeboren wurde, ſo liebt er doch nicht
gleich die, welche mit trockner Anſtrengung
verbunden iſt, ſondern nur die, welche ihm Ver-
gnügen macht; jene gewinnt er nur erſt allen-
falls durch Gewohnheit und Geläufigkeit (Rutine)
lieb. Wenn Grundſatz und Nothwendigkeit die
einzigen Triebfedern ſind, die Hand und Kopf
der Menſchen in Action ſetzen, ſo gehören ſie
auch beyde in den Plan der Jugenderziehung,
weil wir für dieſe Welt erziehen. Es iſt daher
nicht genug, jenen Grundſatz der Vervoll-
kommnung einzuprägen, ſondern auch bare
Nothwendigkeit halte den Arbeitsplan für die Ju-
gend aufrecht, bleibe, ſo lange es ſeyn muſs, der
Sporn ihrer Thätigkeit bis Geläufigkeit und Liebe
zur Arbeit entſteht. Man hat von Spielen nichts
zu beſorgen bey Kindern und Jünglingen, die
von der Heiligkeit jenes Grundſatzes überzeugt
ſind, nichts bey ſolchen, deren Arbeitsplan nach
unabänderlichen Geſetzen feſtſteht, bey denen
es Geſetz iſt: erſt Arbeit, dann Spiel. Aus dem
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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/64>, abgerufen am 21.11.2024.
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