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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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nicht zurecht finden und Goethe zeigte sogar unverholen, daß ihm das Studium der Gall'schen Schädellehre mehr Interesse gewähre, als die Neuerungen unsres öffentlichen Geistes seit dem Sieg über Napoleon.

So lange sich der patriotisch-freisinnige Zeitgeist gegen jene Thatsache entrüstete, war er ohne Zweifel in dem vollen Recht, das die Gegenwart an sich selbst hat; das Fehlerhafte fing nur an, als man über diese Thatsache als solche hinaus ging. Nicht genug, daß man die vorzugsweise aristokratischen Ueberlieferungen der klassischen Periode mit jener Sprödigkeit ablehnte, die der aufgeregten Stimmung nicht verdacht werden konnte; man dehnte seine Opposition auch über die Gegenwart aus, und übertrug sie in eine Vergangenheit, die sich unter Umständen entwickelt hatte, welche sie in politischer Hinsicht von vornherein unzurechnungsfähig machten. Von den Gesinnungen stürmte man zum Talent selbst über und glaubte, nachdem erwiesen, daß Goethe ein Aristokrat war, auch erweisen zu können, daß er kein Genie hatte.

Börne hat sich bei dieser Bilderstürmerey indessen nie von dem Fanatismus fortreißen lassen, den Wolfgang Menzel zur Schau trug. Börne empfand die vornehme Excellenca Göthes schmerzlich genug, er

nicht zurecht finden und Goethe zeigte sogar unverholen, daß ihm das Studium der Gall’schen Schädellehre mehr Interesse gewähre, als die Neuerungen unsres öffentlichen Geistes seit dem Sieg über Napoleon.

So lange sich der patriotisch-freisinnige Zeitgeist gegen jene Thatsache entrüstete, war er ohne Zweifel in dem vollen Recht, das die Gegenwart an sich selbst hat; das Fehlerhafte fing nur an, als man über diese Thatsache als solche hinaus ging. Nicht genug, daß man die vorzugsweise aristokratischen Ueberlieferungen der klassischen Periode mit jener Sprödigkeit ablehnte, die der aufgeregten Stimmung nicht verdacht werden konnte; man dehnte seine Opposition auch über die Gegenwart aus, und übertrug sie in eine Vergangenheit, die sich unter Umständen entwickelt hatte, welche sie in politischer Hinsicht von vornherein unzurechnungsfähig machten. Von den Gesinnungen stürmte man zum Talent selbst über und glaubte, nachdem erwiesen, daß Goethe ein Aristokrat war, auch erweisen zu können, daß er kein Genie hatte.

Börne hat sich bei dieser Bilderstürmerey indessen nie von dem Fanatismus fortreißen lassen, den Wolfgang Menzel zur Schau trug. Börne empfand die vornehme Excellença Göthes schmerzlich genug, er

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[108/0150] nicht zurecht finden und Goethe zeigte sogar unverholen, daß ihm das Studium der Gall’schen Schädellehre mehr Interesse gewähre, als die Neuerungen unsres öffentlichen Geistes seit dem Sieg über Napoleon. So lange sich der patriotisch-freisinnige Zeitgeist gegen jene Thatsache entrüstete, war er ohne Zweifel in dem vollen Recht, das die Gegenwart an sich selbst hat; das Fehlerhafte fing nur an, als man über diese Thatsache als solche hinaus ging. Nicht genug, daß man die vorzugsweise aristokratischen Ueberlieferungen der klassischen Periode mit jener Sprödigkeit ablehnte, die der aufgeregten Stimmung nicht verdacht werden konnte; man dehnte seine Opposition auch über die Gegenwart aus, und übertrug sie in eine Vergangenheit, die sich unter Umständen entwickelt hatte, welche sie in politischer Hinsicht von vornherein unzurechnungsfähig machten. Von den Gesinnungen stürmte man zum Talent selbst über und glaubte, nachdem erwiesen, daß Goethe ein Aristokrat war, auch erweisen zu können, daß er kein Genie hatte. Börne hat sich bei dieser Bilderstürmerey indessen nie von dem Fanatismus fortreißen lassen, den Wolfgang Menzel zur Schau trug. Börne empfand die vornehme Excellença Göthes schmerzlich genug, er

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/150>, abgerufen am 27.11.2024.