Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Ueberhaupt stimmt Börne's Theorie von Staat und Bürgerthum mit Rousseau's Contract Social zusammen. Sein Gefühl ließ ihn, um das Wesen des Staates zu bestimmen, von Nichts anderm ausgehen, als von den Menschenrechten. Sein politischer Grundgedanke war der, daß ihm die Gleichheit noch höher stände, als die Freiheit. Börne hielt diese Ueberzeugung für so tief in der Menschenbrust begründet, daß er daraus den Grund herleitete, wie Napoleon die Franzosen fast zwanzig Jahre hindurch beherrschen konnte. Napoleon nahm ihnen die Freiheit, aber er ließ ihnen die Gleichheit. Er schuf zwar einen neuen Adel, aber jeder konnte in ihn aufgenommen werden. Die Franzosen hatten zwar keine andere Rechte mehr, als das eine, Soldat zu werden und sich für den Kaiser erschießen zu lassen; aber wenn dies Recht mehr für eine Pflicht angesehen werden sollte, so traf sie als solche alle. Eine Sklaverei wird leichter vergessen, wenn Niemand von ihr ausgenommen ist. Manche theoretische Behauptung über den Staat in Börne's frühern Schriften wird man weit gemäßigter finden, als man einem Manne zutrauen sollte, der allerdings mit der Ueberzeugung starb, daß die Republik die einzige Gesellschaftsverfassung wäre, bei der sich Ueberhaupt stimmt Börne’s Theorie von Staat und Bürgerthum mit Rousseau’s Contract Social zusammen. Sein Gefühl ließ ihn, um das Wesen des Staates zu bestimmen, von Nichts anderm ausgehen, als von den Menschenrechten. Sein politischer Grundgedanke war der, daß ihm die Gleichheit noch höher stände, als die Freiheit. Börne hielt diese Ueberzeugung für so tief in der Menschenbrust begründet, daß er daraus den Grund herleitete, wie Napoleon die Franzosen fast zwanzig Jahre hindurch beherrschen konnte. Napoleon nahm ihnen die Freiheit, aber er ließ ihnen die Gleichheit. Er schuf zwar einen neuen Adel, aber jeder konnte in ihn aufgenommen werden. Die Franzosen hatten zwar keine andere Rechte mehr, als das eine, Soldat zu werden und sich für den Kaiser erschießen zu lassen; aber wenn dies Recht mehr für eine Pflicht angesehen werden sollte, so traf sie als solche alle. Eine Sklaverei wird leichter vergessen, wenn Niemand von ihr ausgenommen ist. Manche theoretische Behauptung über den Staat in Börne’s frühern Schriften wird man weit gemäßigter finden, als man einem Manne zutrauen sollte, der allerdings mit der Ueberzeugung starb, daß die Republik die einzige Gesellschaftsverfassung wäre, bei der sich <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0252" n="210"/> <p> Ueberhaupt stimmt Börne’s Theorie von Staat und Bürgerthum mit Rousseau’s Contract Social zusammen. Sein Gefühl ließ ihn, um das Wesen des Staates zu bestimmen, von Nichts anderm ausgehen, als von den Menschenrechten. Sein politischer Grundgedanke war der, daß ihm die <hi rendition="#g">Gleichheit</hi> noch höher stände, als die <hi rendition="#g">Freiheit</hi>. Börne hielt diese Ueberzeugung für so tief in der Menschenbrust begründet, daß er daraus den Grund herleitete, wie Napoleon die Franzosen fast zwanzig Jahre hindurch beherrschen konnte. Napoleon nahm ihnen die Freiheit, aber er ließ ihnen die Gleichheit. Er schuf zwar einen neuen Adel, aber jeder konnte in ihn aufgenommen werden. Die Franzosen hatten zwar keine andere Rechte mehr, als das eine, Soldat zu werden und sich für den Kaiser erschießen zu lassen; aber wenn dies Recht mehr für eine Pflicht angesehen werden sollte, so traf sie als solche <hi rendition="#g">alle</hi>. Eine Sklaverei wird leichter vergessen, wenn Niemand von ihr ausgenommen ist.</p> <p>Manche theoretische Behauptung über den Staat in Börne’s frühern Schriften wird man weit gemäßigter finden, als man einem Manne zutrauen sollte, der allerdings mit der Ueberzeugung starb, daß die Republik die einzige Gesellschaftsverfassung wäre, bei der sich </p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0252]
Ueberhaupt stimmt Börne’s Theorie von Staat und Bürgerthum mit Rousseau’s Contract Social zusammen. Sein Gefühl ließ ihn, um das Wesen des Staates zu bestimmen, von Nichts anderm ausgehen, als von den Menschenrechten. Sein politischer Grundgedanke war der, daß ihm die Gleichheit noch höher stände, als die Freiheit. Börne hielt diese Ueberzeugung für so tief in der Menschenbrust begründet, daß er daraus den Grund herleitete, wie Napoleon die Franzosen fast zwanzig Jahre hindurch beherrschen konnte. Napoleon nahm ihnen die Freiheit, aber er ließ ihnen die Gleichheit. Er schuf zwar einen neuen Adel, aber jeder konnte in ihn aufgenommen werden. Die Franzosen hatten zwar keine andere Rechte mehr, als das eine, Soldat zu werden und sich für den Kaiser erschießen zu lassen; aber wenn dies Recht mehr für eine Pflicht angesehen werden sollte, so traf sie als solche alle. Eine Sklaverei wird leichter vergessen, wenn Niemand von ihr ausgenommen ist.
Manche theoretische Behauptung über den Staat in Börne’s frühern Schriften wird man weit gemäßigter finden, als man einem Manne zutrauen sollte, der allerdings mit der Ueberzeugung starb, daß die Republik die einzige Gesellschaftsverfassung wäre, bei der sich
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