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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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Personen und Leistungen, die er zu beurtheilen hat, Schlagschatten, die ihn das Meiste in einer falschen Beleuchtung sehen lassen. Gervinus ist kein Literarhistoriker, bei dem die Dichter und Denker selbst reden. Er gruppirt sie dahin, wo er einen Schlosserschen Erfahrungssatz für sie hat; er ist ein wissenschaftlicher Dilettant, über dessen Kenntnisse man eben so erstaunt, wie über den falschen Gebrauch, den ihn sein übergroßes Selbstvertrauen und eine gewisse laienhafte und exoterische Leidenschaftlichkeit von ihnen machen läßt. Gervinus hat den Heißhunger, alles Originelle um sich herum abzugrasen, weil ihm das Bedeutende nur in der Form einer sehr endlichen und vorgefaßten Nothwendigkeit gestattet scheint. Er erschrickt vor keiner neuen Erscheinung. Jede muß etwas beweisen, das er auf anderem Wege schon früher gefunden hatte. Wo bleiben da die Genien? Wo bleiben da selbst die Individuen?

Wenn man sagt, daß Börne's Pariser Briefe ein oberflächliches Gemengsel von Tollheiten und Verbrechen sind, (Gervinus sagt dies) so ist ein solches Urtheil eben so lieblos, wie unwissenschaftlich. Das letztere, weil es diese Briefe ganz aus dem Zusammenhange mit der Zeit, das erstere, weil es sie ganz aus dem

Personen und Leistungen, die er zu beurtheilen hat, Schlagschatten, die ihn das Meiste in einer falschen Beleuchtung sehen lassen. Gervinus ist kein Literarhistoriker, bei dem die Dichter und Denker selbst reden. Er gruppirt sie dahin, wo er einen Schlosserschen Erfahrungssatz für sie hat; er ist ein wissenschaftlicher Dilettant, über dessen Kenntnisse man eben so erstaunt, wie über den falschen Gebrauch, den ihn sein übergroßes Selbstvertrauen und eine gewisse laienhafte und exoterische Leidenschaftlichkeit von ihnen machen läßt. Gervinus hat den Heißhunger, alles Originelle um sich herum abzugrasen, weil ihm das Bedeutende nur in der Form einer sehr endlichen und vorgefaßten Nothwendigkeit gestattet scheint. Er erschrickt vor keiner neuen Erscheinung. Jede muß etwas beweisen, das er auf anderem Wege schon früher gefunden hatte. Wo bleiben da die Genien? Wo bleiben da selbst die Individuen?

Wenn man sagt, daß Börne’s Pariser Briefe ein oberflächliches Gemengsel von Tollheiten und Verbrechen sind, (Gervinus sagt dies) so ist ein solches Urtheil eben so lieblos, wie unwissenschaftlich. Das letztere, weil es diese Briefe ganz aus dem Zusammenhange mit der Zeit, das erstere, weil es sie ganz aus dem

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[224/0266] Personen und Leistungen, die er zu beurtheilen hat, Schlagschatten, die ihn das Meiste in einer falschen Beleuchtung sehen lassen. Gervinus ist kein Literarhistoriker, bei dem die Dichter und Denker selbst reden. Er gruppirt sie dahin, wo er einen Schlosserschen Erfahrungssatz für sie hat; er ist ein wissenschaftlicher Dilettant, über dessen Kenntnisse man eben so erstaunt, wie über den falschen Gebrauch, den ihn sein übergroßes Selbstvertrauen und eine gewisse laienhafte und exoterische Leidenschaftlichkeit von ihnen machen läßt. Gervinus hat den Heißhunger, alles Originelle um sich herum abzugrasen, weil ihm das Bedeutende nur in der Form einer sehr endlichen und vorgefaßten Nothwendigkeit gestattet scheint. Er erschrickt vor keiner neuen Erscheinung. Jede muß etwas beweisen, das er auf anderem Wege schon früher gefunden hatte. Wo bleiben da die Genien? Wo bleiben da selbst die Individuen? Wenn man sagt, daß Börne’s Pariser Briefe ein oberflächliches Gemengsel von Tollheiten und Verbrechen sind, (Gervinus sagt dies) so ist ein solches Urtheil eben so lieblos, wie unwissenschaftlich. Das letztere, weil es diese Briefe ganz aus dem Zusammenhange mit der Zeit, das erstere, weil es sie ganz aus dem

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/266>, abgerufen am 22.11.2024.