Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

aus dem Unterschied den Eindruck ermessen, den Börne's glückliches Schicksal auf seinen Charakter hinterließ. Er kannte es nicht, wie man in Armuth geboren wird, früh einen höhern Beruf in sich fühlt und schon als Knabe durch die Verzweiflung, von den Hülfsmitteln dazu verlassen zu sein, heimgesucht wird. Börne hat dieses Streben eines feurigen, über seine Geburt hinaus ringenden Geistes nicht gekannt. Fremd war ihm der Eifer des Jünglings, sich im Leben eine Stellung zu erwerben, einer Geliebten das Gefühl zu schenken, etwas Bedeutendes in ihre Arme zu schließen, fremd war ihm die verzehrende Gluth nach Auszeichnung und der Zwiespalt, in welchen hier Ehrgeiz und Stolz gerathen. Er konnte seine Grundsätze mit einer Ruhe pflegen, wie man eine schöne Hand pflegt. Er zitterte nicht vor dem leeren Nichts einer Zukunft, die uns verschlingen wird, wenn wir nicht rührig sind, emsig streben, aufwärts, vorwärts, immer ein Ziel im Auge, unverrückt, wie es kräftige Geister von Natur thun, und minder kräftige durch ihr Schicksal zu thun gezwungen sind, da sie anders zu besorgen hätten unterzugehen. Das Bild des Horaz: die dunkle Sorge, die gespenstisch den athemlosen Reiter peitscht, kannte er aus eigner Erfahrung nicht. Nicht Weib, nicht

aus dem Unterschied den Eindruck ermessen, den Börne’s glückliches Schicksal auf seinen Charakter hinterließ. Er kannte es nicht, wie man in Armuth geboren wird, früh einen höhern Beruf in sich fühlt und schon als Knabe durch die Verzweiflung, von den Hülfsmitteln dazu verlassen zu sein, heimgesucht wird. Börne hat dieses Streben eines feurigen, über seine Geburt hinaus ringenden Geistes nicht gekannt. Fremd war ihm der Eifer des Jünglings, sich im Leben eine Stellung zu erwerben, einer Geliebten das Gefühl zu schenken, etwas Bedeutendes in ihre Arme zu schließen, fremd war ihm die verzehrende Gluth nach Auszeichnung und der Zwiespalt, in welchen hier Ehrgeiz und Stolz gerathen. Er konnte seine Grundsätze mit einer Ruhe pflegen, wie man eine schöne Hand pflegt. Er zitterte nicht vor dem leeren Nichts einer Zukunft, die uns verschlingen wird, wenn wir nicht rührig sind, emsig streben, aufwärts, vorwärts, immer ein Ziel im Auge, unverrückt, wie es kräftige Geister von Natur thun, und minder kräftige durch ihr Schicksal zu thun gezwungen sind, da sie anders zu besorgen hätten unterzugehen. Das Bild des Horaz: die dunkle Sorge, die gespenstisch den athemlosen Reiter peitscht, kannte er aus eigner Erfahrung nicht. Nicht Weib, nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0341" n="299"/>
aus dem Unterschied den Eindruck ermessen, den Börne&#x2019;s glückliches Schicksal auf seinen Charakter hinterließ. Er kannte es nicht, wie man in Armuth geboren wird, früh einen höhern Beruf in sich fühlt und schon als Knabe durch die Verzweiflung, von den Hülfsmitteln dazu verlassen zu sein, heimgesucht wird. Börne hat dieses Streben eines feurigen, über seine Geburt hinaus ringenden Geistes nicht gekannt. Fremd war ihm der Eifer des Jünglings, sich im Leben eine Stellung zu erwerben, einer Geliebten das Gefühl zu schenken, etwas Bedeutendes in ihre Arme zu schließen, fremd war ihm die verzehrende Gluth nach Auszeichnung und der Zwiespalt, in welchen hier Ehrgeiz und Stolz gerathen. Er konnte seine Grundsätze mit einer Ruhe pflegen, wie man eine schöne Hand pflegt. Er zitterte nicht vor dem leeren Nichts einer Zukunft, die uns verschlingen wird, wenn wir nicht rührig sind, emsig streben, aufwärts, vorwärts, immer ein Ziel im Auge, unverrückt, wie es kräftige Geister von Natur thun, und minder kräftige durch ihr Schicksal zu thun gezwungen sind, da sie anders zu besorgen hätten unterzugehen. Das Bild des Horaz: die dunkle Sorge, die gespenstisch den athemlosen Reiter peitscht, kannte er aus eigner Erfahrung nicht. Nicht Weib, nicht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0341] aus dem Unterschied den Eindruck ermessen, den Börne’s glückliches Schicksal auf seinen Charakter hinterließ. Er kannte es nicht, wie man in Armuth geboren wird, früh einen höhern Beruf in sich fühlt und schon als Knabe durch die Verzweiflung, von den Hülfsmitteln dazu verlassen zu sein, heimgesucht wird. Börne hat dieses Streben eines feurigen, über seine Geburt hinaus ringenden Geistes nicht gekannt. Fremd war ihm der Eifer des Jünglings, sich im Leben eine Stellung zu erwerben, einer Geliebten das Gefühl zu schenken, etwas Bedeutendes in ihre Arme zu schließen, fremd war ihm die verzehrende Gluth nach Auszeichnung und der Zwiespalt, in welchen hier Ehrgeiz und Stolz gerathen. Er konnte seine Grundsätze mit einer Ruhe pflegen, wie man eine schöne Hand pflegt. Er zitterte nicht vor dem leeren Nichts einer Zukunft, die uns verschlingen wird, wenn wir nicht rührig sind, emsig streben, aufwärts, vorwärts, immer ein Ziel im Auge, unverrückt, wie es kräftige Geister von Natur thun, und minder kräftige durch ihr Schicksal zu thun gezwungen sind, da sie anders zu besorgen hätten unterzugehen. Das Bild des Horaz: die dunkle Sorge, die gespenstisch den athemlosen Reiter peitscht, kannte er aus eigner Erfahrung nicht. Nicht Weib, nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-03T11:49:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-03T11:49:31Z)
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-07-03T11:49:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/341
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/341>, abgerufen am 22.11.2024.