Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Literatur aus rein formellem Gesichtspunkte ist. Aber auch selbst dann, wenn die Literatur sich einer speculativeren Begründung ihrer Prinzipien unterordnen sollte, würde Börne seine Stellung als Vertreter des reinsten Ausdrucks unmittelbarer Verstandeswahrheit, eine Stellung von großer supplementarischer Bedeutung, behaupten. Oder, was das Wahrscheinlichste ist, wenn die deutsche Literatur sich vereinfachen und ihre gegenwärtige Anarchie von künstlerischer Formenschönheit beschworen werden sollte, selbst dann wird Börne sich erhalten; denn, ob er gleich nicht Dichter war, so wußte er doch die Stoffe der Dichtkunst weise zu sichten. Er empfiehlt diejenigen Formen und Behandlungsweisen, die dem Volke verständlich sind; er vertritt der ästhetischen Selbstgenügsamkeit den Weg und fordert, daß der Dichter sich dem Ideale, nicht das Ideal seiner Eitelkeit opfert. In allen diesen Beziehungen, mag die Zukunft nun das Schicksal unsrer Literatur entscheiden, wie es die Musen wollen, hört Börne's Zusammenhang mit ihr nicht auf. Seine Schriften stecken unsrer Literatur kein Ziel auf; aber sie werden ein Weg bleiben, den sie nicht wird umgehen dürfen, um zu irgend einem zu gelangen. Literatur aus rein formellem Gesichtspunkte ist. Aber auch selbst dann, wenn die Literatur sich einer speculativeren Begründung ihrer Prinzipien unterordnen sollte, würde Börne seine Stellung als Vertreter des reinsten Ausdrucks unmittelbarer Verstandeswahrheit, eine Stellung von großer supplementarischer Bedeutung, behaupten. Oder, was das Wahrscheinlichste ist, wenn die deutsche Literatur sich vereinfachen und ihre gegenwärtige Anarchie von künstlerischer Formenschönheit beschworen werden sollte, selbst dann wird Börne sich erhalten; denn, ob er gleich nicht Dichter war, so wußte er doch die Stoffe der Dichtkunst weise zu sichten. Er empfiehlt diejenigen Formen und Behandlungsweisen, die dem Volke verständlich sind; er vertritt der ästhetischen Selbstgenügsamkeit den Weg und fordert, daß der Dichter sich dem Ideale, nicht das Ideal seiner Eitelkeit opfert. In allen diesen Beziehungen, mag die Zukunft nun das Schicksal unsrer Literatur entscheiden, wie es die Musen wollen, hört Börne’s Zusammenhang mit ihr nicht auf. Seine Schriften stecken unsrer Literatur kein Ziel auf; aber sie werden ein Weg bleiben, den sie nicht wird umgehen dürfen, um zu irgend einem zu gelangen. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0348" n="306"/> Literatur aus rein formellem Gesichtspunkte ist. Aber auch selbst dann, wenn die Literatur sich einer speculativeren Begründung ihrer Prinzipien unterordnen sollte, würde Börne seine Stellung als Vertreter des reinsten Ausdrucks unmittelbarer Verstandeswahrheit, eine Stellung von großer supplementarischer Bedeutung, behaupten. Oder, was das Wahrscheinlichste ist, wenn die deutsche Literatur sich vereinfachen und ihre gegenwärtige Anarchie von <hi rendition="#g">künstlerischer Formenschönheit</hi> beschworen werden sollte, selbst dann wird Börne sich erhalten; denn, ob er gleich nicht Dichter war, so wußte er doch die Stoffe der Dichtkunst weise zu sichten. Er empfiehlt diejenigen Formen und Behandlungsweisen, die dem Volke verständlich sind; er vertritt der ästhetischen Selbstgenügsamkeit den Weg und fordert, daß der Dichter <hi rendition="#g">sich</hi> dem Ideale, nicht das Ideal seiner Eitelkeit opfert. In allen diesen Beziehungen, mag die Zukunft nun das Schicksal unsrer Literatur entscheiden, wie es die Musen wollen, hört Börne’s Zusammenhang mit ihr nicht auf. Seine Schriften stecken unsrer Literatur kein Ziel auf; aber sie werden ein Weg bleiben, den sie nicht wird umgehen dürfen, um zu irgend einem zu gelangen.</p> </div> </body> </text> </TEI> [306/0348]
Literatur aus rein formellem Gesichtspunkte ist. Aber auch selbst dann, wenn die Literatur sich einer speculativeren Begründung ihrer Prinzipien unterordnen sollte, würde Börne seine Stellung als Vertreter des reinsten Ausdrucks unmittelbarer Verstandeswahrheit, eine Stellung von großer supplementarischer Bedeutung, behaupten. Oder, was das Wahrscheinlichste ist, wenn die deutsche Literatur sich vereinfachen und ihre gegenwärtige Anarchie von künstlerischer Formenschönheit beschworen werden sollte, selbst dann wird Börne sich erhalten; denn, ob er gleich nicht Dichter war, so wußte er doch die Stoffe der Dichtkunst weise zu sichten. Er empfiehlt diejenigen Formen und Behandlungsweisen, die dem Volke verständlich sind; er vertritt der ästhetischen Selbstgenügsamkeit den Weg und fordert, daß der Dichter sich dem Ideale, nicht das Ideal seiner Eitelkeit opfert. In allen diesen Beziehungen, mag die Zukunft nun das Schicksal unsrer Literatur entscheiden, wie es die Musen wollen, hört Börne’s Zusammenhang mit ihr nicht auf. Seine Schriften stecken unsrer Literatur kein Ziel auf; aber sie werden ein Weg bleiben, den sie nicht wird umgehen dürfen, um zu irgend einem zu gelangen.
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