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Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.

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über die Mißbräuche der Welt nur ihrer Hypochondrie verdankten; ein Vorwurf, der freilich bei dem Dechanten begründeter war, als bei Börne. Denn Börne starb mit lächelnder, wenn auch schmerzlicher Resignation, Swift aber in geistiger Entkräftung. Auch der Styl beider Schriftsteller ähnelt sich in der Naivität, mit der sie in ihren Darstellungen anzusetzen pflegen, um dann allmälig zu den ergreifendsten Consequenzen zu kommen. Beide erkannten, daß das Geheimniß des Witzes in dem plötzlichen Losschlagen einer harmlos angelegten Mine liegt. Freilich sind sie auch wieder in Anderem sich völlig unähnlich. Swift übertraf Börnen an combinatorischem Talent (Poesie kann man seine Allegorieen nicht nennen, am wenigsten die für Erwachsene zu kindischen und für Kinder zu ernsten Gulliver-Reisen). Börne übertraf ihn an sittlichem Ernste und Charakterfestigkeit. Swift war unendlich gelehrter als Börne, aber Börne's Darstellung hat auch darum um so weniger Ballast; man muß nicht so viel Langeweile in Kauf nehmen, bis man an eine erquickliche, grüne Oase kommt. Swift schrieb mit einem Cynismus, für den ein heutiger Schriftsteller gesteinigt würde. Swift ist der ganze Börne, wenn man etwas hinfügt, das

über die Mißbräuche der Welt nur ihrer Hypochondrie verdankten; ein Vorwurf, der freilich bei dem Dechanten begründeter war, als bei Börne. Denn Börne starb mit lächelnder, wenn auch schmerzlicher Resignation, Swift aber in geistiger Entkräftung. Auch der Styl beider Schriftsteller ähnelt sich in der Naivität, mit der sie in ihren Darstellungen anzusetzen pflegen, um dann allmälig zu den ergreifendsten Consequenzen zu kommen. Beide erkannten, daß das Geheimniß des Witzes in dem plötzlichen Losschlagen einer harmlos angelegten Mine liegt. Freilich sind sie auch wieder in Anderem sich völlig unähnlich. Swift übertraf Börnen an combinatorischem Talent (Poesie kann man seine Allegorieen nicht nennen, am wenigsten die für Erwachsene zu kindischen und für Kinder zu ernsten Gulliver-Reisen). Börne übertraf ihn an sittlichem Ernste und Charakterfestigkeit. Swift war unendlich gelehrter als Börne, aber Börne’s Darstellung hat auch darum um so weniger Ballast; man muß nicht so viel Langeweile in Kauf nehmen, bis man an eine erquickliche, grüne Oase kommt. Swift schrieb mit einem Cynismus, für den ein heutiger Schriftsteller gesteinigt würde. Swift ist der ganze Börne, wenn man etwas hinfügt, das

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[308/0350] über die Mißbräuche der Welt nur ihrer Hypochondrie verdankten; ein Vorwurf, der freilich bei dem Dechanten begründeter war, als bei Börne. Denn Börne starb mit lächelnder, wenn auch schmerzlicher Resignation, Swift aber in geistiger Entkräftung. Auch der Styl beider Schriftsteller ähnelt sich in der Naivität, mit der sie in ihren Darstellungen anzusetzen pflegen, um dann allmälig zu den ergreifendsten Consequenzen zu kommen. Beide erkannten, daß das Geheimniß des Witzes in dem plötzlichen Losschlagen einer harmlos angelegten Mine liegt. Freilich sind sie auch wieder in Anderem sich völlig unähnlich. Swift übertraf Börnen an combinatorischem Talent (Poesie kann man seine Allegorieen nicht nennen, am wenigsten die für Erwachsene zu kindischen und für Kinder zu ernsten Gulliver-Reisen). Börne übertraf ihn an sittlichem Ernste und Charakterfestigkeit. Swift war unendlich gelehrter als Börne, aber Börne’s Darstellung hat auch darum um so weniger Ballast; man muß nicht so viel Langeweile in Kauf nehmen, bis man an eine erquickliche, grüne Oase kommt. Swift schrieb mit einem Cynismus, für den ein heutiger Schriftsteller gesteinigt würde. Swift ist der ganze Börne, wenn man etwas hinfügt, das

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_boerne_1840/350>, abgerufen am 22.11.2024.