Gutzkow, Karl: Börne's Leben. Hamburg, 1840.Lehrer zum Anlaß moralischer Beherzigungen und sprach von der Heiligkeit des Gesetzes. "Ein dummes Gesetz! fiel der Knabe ein; wenn es nun dem Bürgermeister beikäme, daß wir Winters kein Feuer machen dürften, würden wir da nicht erfrieren?" Als einige fremde jüdische Bettelknaben von vorübergehenden Christenknaben mit Koth beworfen wurden, wunderte er sich erst, wie man darauf käme, das Wort Jude als Schimpfname zu gebrauchen und sagte dann: "Sie lehren mich immer, die Christen hielten auch etwas aufs alte Testament; aber steht denn nicht im alten Testamente: Du sollst den Fremden nicht kränken; denn einst warst du auch ein Fremder im Lande Egypten?" Der Lehrer, obgleich tief die Wahrheit dieser Aeußerungen mitfühlend, hüthete sich doch, die Erbitterung des Knaben zu nähren und war unermüdlich, ihm Beispiele der Toleranz zu erzählen, ihm die Gesinnungen bessrer Christen seiner Bekanntschaft zu schildern. Aber auf Schritt und Tritt begegneten sie ja immer wieder einer neuen Beleidigung der im Juden nicht geachteten Menschenwürde! Wurden öffentliche Belustigungen vor dem Thore angesagt, kein Jude durfte hinaus. Blanchard stieg zum ersten Male in Frankfurt mit einem Luftball in die Höhe, die Juden Lehrer zum Anlaß moralischer Beherzigungen und sprach von der Heiligkeit des Gesetzes. „Ein dummes Gesetz! fiel der Knabe ein; wenn es nun dem Bürgermeister beikäme, daß wir Winters kein Feuer machen dürften, würden wir da nicht erfrieren?“ Als einige fremde jüdische Bettelknaben von vorübergehenden Christenknaben mit Koth beworfen wurden, wunderte er sich erst, wie man darauf käme, das Wort Jude als Schimpfname zu gebrauchen und sagte dann: „Sie lehren mich immer, die Christen hielten auch etwas aufs alte Testament; aber steht denn nicht im alten Testamente: Du sollst den Fremden nicht kränken; denn einst warst du auch ein Fremder im Lande Egypten?" Der Lehrer, obgleich tief die Wahrheit dieser Aeußerungen mitfühlend, hüthete sich doch, die Erbitterung des Knaben zu nähren und war unermüdlich, ihm Beispiele der Toleranz zu erzählen, ihm die Gesinnungen bessrer Christen seiner Bekanntschaft zu schildern. Aber auf Schritt und Tritt begegneten sie ja immer wieder einer neuen Beleidigung der im Juden nicht geachteten Menschenwürde! Wurden öffentliche Belustigungen vor dem Thore angesagt, kein Jude durfte hinaus. Blanchard stieg zum ersten Male in Frankfurt mit einem Luftball in die Höhe, die Juden <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0085" n="43"/> Lehrer zum Anlaß moralischer Beherzigungen und sprach von der Heiligkeit des Gesetzes. „Ein dummes Gesetz! fiel der Knabe ein; wenn es nun dem Bürgermeister beikäme, daß wir Winters kein Feuer machen dürften, würden wir da nicht erfrieren?“ Als einige fremde jüdische Bettelknaben von vorübergehenden Christenknaben mit Koth beworfen wurden, wunderte er sich erst, wie man darauf käme, das Wort <hi rendition="#g">Jude</hi> als Schimpfname zu gebrauchen und sagte dann: „Sie lehren mich immer, die Christen hielten auch etwas aufs alte Testament; aber steht denn nicht im alten Testamente: Du sollst den Fremden nicht kränken; denn einst warst du auch ein Fremder im Lande Egypten?"</p> <p>Der Lehrer, obgleich tief die Wahrheit dieser Aeußerungen mitfühlend, hüthete sich doch, die Erbitterung des Knaben zu nähren und war unermüdlich, ihm Beispiele der Toleranz zu erzählen, ihm die Gesinnungen bessrer Christen seiner Bekanntschaft zu schildern. Aber auf Schritt und Tritt begegneten sie ja immer wieder einer neuen Beleidigung der im Juden nicht geachteten Menschenwürde! Wurden öffentliche Belustigungen vor dem Thore angesagt, kein Jude durfte hinaus. Blanchard stieg zum ersten Male in Frankfurt mit einem Luftball in die Höhe, die Juden </p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0085]
Lehrer zum Anlaß moralischer Beherzigungen und sprach von der Heiligkeit des Gesetzes. „Ein dummes Gesetz! fiel der Knabe ein; wenn es nun dem Bürgermeister beikäme, daß wir Winters kein Feuer machen dürften, würden wir da nicht erfrieren?“ Als einige fremde jüdische Bettelknaben von vorübergehenden Christenknaben mit Koth beworfen wurden, wunderte er sich erst, wie man darauf käme, das Wort Jude als Schimpfname zu gebrauchen und sagte dann: „Sie lehren mich immer, die Christen hielten auch etwas aufs alte Testament; aber steht denn nicht im alten Testamente: Du sollst den Fremden nicht kränken; denn einst warst du auch ein Fremder im Lande Egypten?"
Der Lehrer, obgleich tief die Wahrheit dieser Aeußerungen mitfühlend, hüthete sich doch, die Erbitterung des Knaben zu nähren und war unermüdlich, ihm Beispiele der Toleranz zu erzählen, ihm die Gesinnungen bessrer Christen seiner Bekanntschaft zu schildern. Aber auf Schritt und Tritt begegneten sie ja immer wieder einer neuen Beleidigung der im Juden nicht geachteten Menschenwürde! Wurden öffentliche Belustigungen vor dem Thore angesagt, kein Jude durfte hinaus. Blanchard stieg zum ersten Male in Frankfurt mit einem Luftball in die Höhe, die Juden
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