Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Die Napoleoniden. die Söhne Mürats, dieses Paris unter den Napoleo¬niden, gingen über an die Demokratie, und predigen, als Enkel eines ehrlichen Bürgers und Gastwirths in Frankreich, die allgemeine Nivellirung, den Contrat social, und die wohlfeile, bequeme und freie Staats¬ verfassung Nordamerika's. Dies bürgerliche Element hat die ganze Familie auseinandergesprengt, so daß ein Glied derselben in einem Staate proscribirt seyn kann, wo das andere um die Hand einer Königstochter freien darf. Eine Reaktion dieses verzweigten Stammes ist undenkbar, weil sein Einverständniß gestört ist. Sie sind sich Alle fremd geworden. Der Graf Survilliers hat in neuerer Zeit noch ein¬ Auch der Graf Survilliers ist, von einem fabelhaf¬ Die Napoleoniden. die Soͤhne Muͤrats, dieſes Paris unter den Napoleo¬niden, gingen uͤber an die Demokratie, und predigen, als Enkel eines ehrlichen Buͤrgers und Gaſtwirths in Frankreich, die allgemeine Nivellirung, den Contrat social, und die wohlfeile, bequeme und freie Staats¬ verfaſſung Nordamerika's. Dies buͤrgerliche Element hat die ganze Familie auseinandergeſprengt, ſo daß ein Glied derſelben in einem Staate proſcribirt ſeyn kann, wo das andere um die Hand einer Koͤnigstochter freien darf. Eine Reaktion dieſes verzweigten Stammes iſt undenkbar, weil ſein Einverſtaͤndniß geſtoͤrt iſt. Sie ſind ſich Alle fremd geworden. Der Graf Survilliers hat in neuerer Zeit noch ein¬ Auch der Graf Survilliers iſt, von einem fabelhaf¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0145" n="127"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Napoleoniden</hi>.<lb/></fw> die Soͤhne Muͤrats, dieſes Paris unter den Napoleo¬<lb/> niden, gingen uͤber an die Demokratie, und predigen,<lb/> als Enkel eines ehrlichen Buͤrgers und Gaſtwirths in<lb/> Frankreich, die allgemeine Nivellirung, den <hi rendition="#aq #b">Contrat<lb/> social</hi>, und die wohlfeile, bequeme und freie Staats¬<lb/> verfaſſung Nordamerika's. Dies buͤrgerliche Element<lb/> hat die ganze Familie auseinandergeſprengt, ſo daß ein<lb/> Glied derſelben in einem Staate proſcribirt ſeyn kann,<lb/> wo das andere um die Hand einer Koͤnigstochter freien<lb/> darf. Eine Reaktion dieſes verzweigten Stammes iſt<lb/> undenkbar, weil ſein Einverſtaͤndniß geſtoͤrt iſt. Sie<lb/> ſind ſich Alle fremd geworden.</p><lb/> <p>Der Graf Survilliers hat in neuerer Zeit noch ein¬<lb/> mal gegen die Geſchichte des Tages proteſtirt. Er kam<lb/> ſelbſt uͤber den Ozean aus Nordamerika heruͤber, um den<lb/> Thron von Frankreich fuͤr ſeinen Neffen Reichſtaͤdt in<lb/> Beſchlag zu nehmen; doch Louis Philipp war trotz ſei¬<lb/> ner Koͤrperſtaͤrke ſchneller zur Hand.</p><lb/> <p>Auch der Graf Survilliers iſt, von einem fabelhaf¬<lb/> ten Umfange, ohne damit zu imponiren. Sein Auge<lb/> iſt matt, ſeine Manieren ſind unkoͤniglich, obſchon er<lb/> auf zwei Thronen geſeſſen hat. Es iſt ein guter alter<lb/> Herr, der nicht begreift, was das Schickſal mit ihm<lb/> vorgehabt hat; noch heute wird ihm wunderlich zu Muthe,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [127/0145]
Die Napoleoniden.
die Soͤhne Muͤrats, dieſes Paris unter den Napoleo¬
niden, gingen uͤber an die Demokratie, und predigen,
als Enkel eines ehrlichen Buͤrgers und Gaſtwirths in
Frankreich, die allgemeine Nivellirung, den Contrat
social, und die wohlfeile, bequeme und freie Staats¬
verfaſſung Nordamerika's. Dies buͤrgerliche Element
hat die ganze Familie auseinandergeſprengt, ſo daß ein
Glied derſelben in einem Staate proſcribirt ſeyn kann,
wo das andere um die Hand einer Koͤnigstochter freien
darf. Eine Reaktion dieſes verzweigten Stammes iſt
undenkbar, weil ſein Einverſtaͤndniß geſtoͤrt iſt. Sie
ſind ſich Alle fremd geworden.
Der Graf Survilliers hat in neuerer Zeit noch ein¬
mal gegen die Geſchichte des Tages proteſtirt. Er kam
ſelbſt uͤber den Ozean aus Nordamerika heruͤber, um den
Thron von Frankreich fuͤr ſeinen Neffen Reichſtaͤdt in
Beſchlag zu nehmen; doch Louis Philipp war trotz ſei¬
ner Koͤrperſtaͤrke ſchneller zur Hand.
Auch der Graf Survilliers iſt, von einem fabelhaf¬
ten Umfange, ohne damit zu imponiren. Sein Auge
iſt matt, ſeine Manieren ſind unkoͤniglich, obſchon er
auf zwei Thronen geſeſſen hat. Es iſt ein guter alter
Herr, der nicht begreift, was das Schickſal mit ihm
vorgehabt hat; noch heute wird ihm wunderlich zu Muthe,
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