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Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.

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Armand Carrel.
Meister der Menge, imponirend durch den Willen, und
die moralische Macht der Wahrheit, welche elektrisirt,
keines Menschen und keiner Meinung Sklave, auch
nicht einmal Sklave der Republik; und doch ein
Sklave -- ein Sklave seiner selbst, ein Sklave seines
Charakters!

Die Ereignisse lösten diesen Bund. Die Freund¬
schaft verhüllte ihr Haupt und nahm weinend von ih¬
ren Jüngern Abschied: wie sich der edle Rüdiger von
den Nibelungen wendet und sein Schwert verflucht, das
er im Dienste Chriemhildens gegen seine Freunde und
Schwäher führen muß.

Das Unglück dieser Tage macht unsre Herzen
kalt und mit todten Mienen gehen wir aneinander vor¬
über, die wir uns liebten, damals, als es noch keine
andre Partei für uns gab, wie die der Freundschaft.

Armand Carrel wurde mit dem beginnenden Jahr¬
hundert geboren. Seine Kindheit nahm die glänzenden
Eindrücke der Kaiserherrschaft auf; die Phantasie mußte
sich bei ihm früher entwickeln, als die Meinung.

Die Anbetung des Kaisers steigerte sich mit der
Reife der Jahre, denn das Schicksal Frankreichs fiel
bald mit der sinkenden Größe des Mannes zusammen:

Armand Carrel.
Meiſter der Menge, imponirend durch den Willen, und
die moraliſche Macht der Wahrheit, welche elektriſirt,
keines Menſchen und keiner Meinung Sklave, auch
nicht einmal Sklave der Republik; und doch ein
Sklave — ein Sklave ſeiner ſelbſt, ein Sklave ſeines
Charakters!

Die Ereigniſſe loͤſten dieſen Bund. Die Freund¬
ſchaft verhuͤllte ihr Haupt und nahm weinend von ih¬
ren Juͤngern Abſchied: wie ſich der edle Ruͤdiger von
den Nibelungen wendet und ſein Schwert verflucht, das
er im Dienſte Chriemhildens gegen ſeine Freunde und
Schwaͤher fuͤhren muß.

Das Ungluͤck dieſer Tage macht unſre Herzen
kalt und mit todten Mienen gehen wir aneinander vor¬
uͤber, die wir uns liebten, damals, als es noch keine
andre Partei fuͤr uns gab, wie die der Freundſchaft.

Armand Carrel wurde mit dem beginnenden Jahr¬
hundert geboren. Seine Kindheit nahm die glaͤnzenden
Eindruͤcke der Kaiſerherrſchaft auf; die Phantaſie mußte
ſich bei ihm fruͤher entwickeln, als die Meinung.

Die Anbetung des Kaiſers ſteigerte ſich mit der
Reife der Jahre, denn das Schickſal Frankreichs fiel
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[223/0241] Armand Carrel. Meiſter der Menge, imponirend durch den Willen, und die moraliſche Macht der Wahrheit, welche elektriſirt, keines Menſchen und keiner Meinung Sklave, auch nicht einmal Sklave der Republik; und doch ein Sklave — ein Sklave ſeiner ſelbſt, ein Sklave ſeines Charakters! Die Ereigniſſe loͤſten dieſen Bund. Die Freund¬ ſchaft verhuͤllte ihr Haupt und nahm weinend von ih¬ ren Juͤngern Abſchied: wie ſich der edle Ruͤdiger von den Nibelungen wendet und ſein Schwert verflucht, das er im Dienſte Chriemhildens gegen ſeine Freunde und Schwaͤher fuͤhren muß. Das Ungluͤck dieſer Tage macht unſre Herzen kalt und mit todten Mienen gehen wir aneinander vor¬ uͤber, die wir uns liebten, damals, als es noch keine andre Partei fuͤr uns gab, wie die der Freundſchaft. Armand Carrel wurde mit dem beginnenden Jahr¬ hundert geboren. Seine Kindheit nahm die glaͤnzenden Eindruͤcke der Kaiſerherrſchaft auf; die Phantaſie mußte ſich bei ihm fruͤher entwickeln, als die Meinung. Die Anbetung des Kaiſers ſteigerte ſich mit der Reife der Jahre, denn das Schickſal Frankreichs fiel bald mit der ſinkenden Groͤße des Mannes zuſammen:

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_charaktere_1835/241>, abgerufen am 21.11.2024.