Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Der Sultan. man nichts in der Ferne hört, als das Plätschern derin einen Sack genähten und ins Meer geworfenen, über¬ listeten Favoritsultanin des schwachen und grausamen Herrschers. Das Sultanat gab die grünseidne Glaubensfahne Das Sultanat war nichts als eine Repräsenta¬ Der Sultan. man nichts in der Ferne hoͤrt, als das Plaͤtſchern derin einen Sack genaͤhten und ins Meer geworfenen, uͤber¬ liſteten Favoritſultanin des ſchwachen und grauſamen Herrſchers. Das Sultanat gab die gruͤnſeidne Glaubensfahne Das Sultanat war nichts als eine Repraͤſenta¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0327" n="309"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Sultan</hi>.<lb/></fw>man nichts in der Ferne hoͤrt, als das Plaͤtſchern der<lb/> in einen Sack genaͤhten und ins Meer geworfenen, uͤber¬<lb/> liſteten Favoritſultanin des ſchwachen und grauſamen<lb/> Herrſchers.</p><lb/> <p>Das Sultanat gab die gruͤnſeidne Glaubensfahne<lb/> des Propheten, ſein oberprieſterliches Anſehen, die<lb/> Wuͤrde, ein Schatten der Gottheit zu ſein, an einen<lb/> hoͤchſten kirchlichen Patriarchen, den Staatsmufti ab;<lb/> und das Schwert Mohammeds, das er noch an ſeinen<lb/> verweichlichten Lenden duldete, war eher Talisman als<lb/> der in die Schlacht winkende Blitzſtrahl; denn den<lb/> Krieg zu fuͤhren uͤbernahmen Miethlinge und <choice><sic>Kreatu¬<lb/> turen</sic><corr>Kreatu¬<lb/> ren</corr></choice> der Hofkabale.</p><lb/> <p>Das Sultanat war nichts als eine Repraͤſenta¬<lb/> tion geworden. Die Muͤtter der Fuͤrſten warfen ſich<lb/> ihren Soͤhnen in den Weg, wenn ſie in den Krieg<lb/> ziehen wollten, nicht aus zaͤrtlicher Vorſorge und ban¬<lb/> ger Ahnung, ſondern weil ihre Macht und ihr Leben<lb/> mit dem Leben des Sohnes ſtand und fiel, weil keine<lb/> neue Herrſchaft denkbar war, ohne erſt die Truͤmmer,<lb/> und waͤren es Blutsverwandte geweſen, der alten auf¬<lb/> zuraͤumen. Die feigen, berauſchten Sultane waren<lb/> der Spielball der Intrigue, welchen ſich immer drei<lb/> Parteien, die Favoritinnen, die Mutter und die Eu¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0327]
Der Sultan.
man nichts in der Ferne hoͤrt, als das Plaͤtſchern der
in einen Sack genaͤhten und ins Meer geworfenen, uͤber¬
liſteten Favoritſultanin des ſchwachen und grauſamen
Herrſchers.
Das Sultanat gab die gruͤnſeidne Glaubensfahne
des Propheten, ſein oberprieſterliches Anſehen, die
Wuͤrde, ein Schatten der Gottheit zu ſein, an einen
hoͤchſten kirchlichen Patriarchen, den Staatsmufti ab;
und das Schwert Mohammeds, das er noch an ſeinen
verweichlichten Lenden duldete, war eher Talisman als
der in die Schlacht winkende Blitzſtrahl; denn den
Krieg zu fuͤhren uͤbernahmen Miethlinge und Kreatu¬
ren der Hofkabale.
Das Sultanat war nichts als eine Repraͤſenta¬
tion geworden. Die Muͤtter der Fuͤrſten warfen ſich
ihren Soͤhnen in den Weg, wenn ſie in den Krieg
ziehen wollten, nicht aus zaͤrtlicher Vorſorge und ban¬
ger Ahnung, ſondern weil ihre Macht und ihr Leben
mit dem Leben des Sohnes ſtand und fiel, weil keine
neue Herrſchaft denkbar war, ohne erſt die Truͤmmer,
und waͤren es Blutsverwandte geweſen, der alten auf¬
zuraͤumen. Die feigen, berauſchten Sultane waren
der Spielball der Intrigue, welchen ſich immer drei
Parteien, die Favoritinnen, die Mutter und die Eu¬
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