Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Der Sultan. nuchen zuwarfen. Wie mancher türkische Herrschersiechte von der Wiege her an heimlicher Vergiftung, und mußte doch noch früher, als die gütige und nach¬ giebige Natur es gewollt hatte, an einer seidenen Schnur sterben, welche ihm sein eigener Sohn schickte! Das ganze Ansehen, welches die Pforte Europa Diese stehende Miliz, welche sich erst nur aus den Der Sultan. nuchen zuwarfen. Wie mancher tuͤrkiſche Herrſcherſiechte von der Wiege her an heimlicher Vergiftung, und mußte doch noch fruͤher, als die guͤtige und nach¬ giebige Natur es gewollt hatte, an einer ſeidenen Schnur ſterben, welche ihm ſein eigener Sohn ſchickte! Das ganze Anſehen, welches die Pforte Europa Dieſe ſtehende Miliz, welche ſich erſt nur aus den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0328" n="310"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Sultan</hi>.<lb/></fw> nuchen zuwarfen. Wie mancher tuͤrkiſche Herrſcher<lb/> ſiechte von der Wiege her an heimlicher Vergiftung,<lb/> und mußte doch noch fruͤher, als die guͤtige und nach¬<lb/> giebige Natur es gewollt hatte, an einer ſeidenen<lb/> Schnur ſterben, welche ihm ſein eigener Sohn ſchickte!</p><lb/> <p>Das ganze Anſehen, welches die Pforte Europa<lb/> und ihren eigenen Satrapen gegenuͤber noch behaup¬<lb/> ten konnte, entwickelte ſich aus zwei Urſachen, aus<lb/> dem Zufalle und einer Kaſte: aus dem Zufalle, wel¬<lb/> cher zuweilen kraͤftige und weiſe Veziere an die Spitze<lb/> des Reiches ſtellte, und aus einer Kaſte, welche das<lb/> Privilegium des Krieges an ſich geriſſen hatte, aus<lb/> den Janitſcharen.</p><lb/> <p>Dieſe ſtehende Miliz, welche ſich erſt nur aus den<lb/> Gefangenen rekrutirte, dann aus einer beſtimmten<lb/> von den Griechen zu liefernden Menſchenzahl, und<lb/> welche deshalb einen ſo unbeſiegbaren Korporationsgeiſt<lb/> bekam, weil ſie von Kindheit auf fuͤr ihre Stellung<lb/> erzogen wurde, riß eine Gewalt an ſich, welche, ob¬<lb/> ſchon ſie die eigentliche Stuͤtze des ſchwankenden Staa¬<lb/> tes war, Niemandem fuͤrchterlicher wurde, als dem<lb/> Staate ſelbſt. Den roͤmiſchen Praͤtorianern gleich,<lb/> welche außerhalb der Stadt ihr Lager hatten, zogen<lb/> ſie oft mit der Fahne des Aufruhrs vor die Woh¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [310/0328]
Der Sultan.
nuchen zuwarfen. Wie mancher tuͤrkiſche Herrſcher
ſiechte von der Wiege her an heimlicher Vergiftung,
und mußte doch noch fruͤher, als die guͤtige und nach¬
giebige Natur es gewollt hatte, an einer ſeidenen
Schnur ſterben, welche ihm ſein eigener Sohn ſchickte!
Das ganze Anſehen, welches die Pforte Europa
und ihren eigenen Satrapen gegenuͤber noch behaup¬
ten konnte, entwickelte ſich aus zwei Urſachen, aus
dem Zufalle und einer Kaſte: aus dem Zufalle, wel¬
cher zuweilen kraͤftige und weiſe Veziere an die Spitze
des Reiches ſtellte, und aus einer Kaſte, welche das
Privilegium des Krieges an ſich geriſſen hatte, aus
den Janitſcharen.
Dieſe ſtehende Miliz, welche ſich erſt nur aus den
Gefangenen rekrutirte, dann aus einer beſtimmten
von den Griechen zu liefernden Menſchenzahl, und
welche deshalb einen ſo unbeſiegbaren Korporationsgeiſt
bekam, weil ſie von Kindheit auf fuͤr ihre Stellung
erzogen wurde, riß eine Gewalt an ſich, welche, ob¬
ſchon ſie die eigentliche Stuͤtze des ſchwankenden Staa¬
tes war, Niemandem fuͤrchterlicher wurde, als dem
Staate ſelbſt. Den roͤmiſchen Praͤtorianern gleich,
welche außerhalb der Stadt ihr Lager hatten, zogen
ſie oft mit der Fahne des Aufruhrs vor die Woh¬
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