Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Der Sultan. nung des Kaisers, stürzten ihre Kochkessel um, wasimmer das Zeichen einer großen Erbitterung war, und verlangten die Köpfe der Minister und Günstlinge, welche sie ihren Interessen entgegen glaubten. Sie machten Krieg und Frieden, ohne ihre Stimme kam keine Thronfolge zu Stande, und wenn Mord und die im Holze von Konstantinopel wüthende Brand¬ fackel ihren Weg gezeichnet hatte und die Köpfe der verlangten Opfer an den Minarets des Serails blu¬ tig starrten, so konnte wieder die Furcht des Sultans Alles verdorben haben, was er eben gewonnen glaubte; denn er hatte mehr hinrichten lassen, als die meuteri¬ schen Cohorten wollten, er hatte irgend einen Mann des Gesetzes, einen guten Reiter, einen populairen Soldatenfreund seiner blinden Furcht geopfert, für welchen dann der eigensinnige Haufe neue Genugthu¬ ung verlangte. Die Türkei ist ein jammervolles Land. Der Geist Der Sultan. nung des Kaiſers, ſtuͤrzten ihre Kochkeſſel um, wasimmer das Zeichen einer großen Erbitterung war, und verlangten die Koͤpfe der Miniſter und Guͤnſtlinge, welche ſie ihren Intereſſen entgegen glaubten. Sie machten Krieg und Frieden, ohne ihre Stimme kam keine Thronfolge zu Stande, und wenn Mord und die im Holze von Konſtantinopel wuͤthende Brand¬ fackel ihren Weg gezeichnet hatte und die Koͤpfe der verlangten Opfer an den Minarets des Serails blu¬ tig ſtarrten, ſo konnte wieder die Furcht des Sultans Alles verdorben haben, was er eben gewonnen glaubte; denn er hatte mehr hinrichten laſſen, als die meuteri¬ ſchen Cohorten wollten, er hatte irgend einen Mann des Geſetzes, einen guten Reiter, einen populairen Soldatenfreund ſeiner blinden Furcht geopfert, fuͤr welchen dann der eigenſinnige Haufe neue Genugthu¬ ung verlangte. Die Tuͤrkei iſt ein jammervolles Land. Der Geiſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0329" n="311"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Sultan</hi>.<lb/></fw> nung des Kaiſers, ſtuͤrzten ihre Kochkeſſel um, was<lb/> immer das Zeichen einer großen Erbitterung war, und<lb/> verlangten die Koͤpfe der Miniſter und Guͤnſtlinge,<lb/> welche ſie ihren Intereſſen entgegen glaubten. Sie<lb/> machten Krieg und Frieden, ohne ihre Stimme kam<lb/> keine Thronfolge zu Stande, und wenn Mord und<lb/> die im Holze von Konſtantinopel wuͤthende Brand¬<lb/> fackel ihren Weg gezeichnet hatte und die Koͤpfe der<lb/> verlangten Opfer an den Minarets des Serails blu¬<lb/> tig ſtarrten, ſo konnte wieder die Furcht des Sultans<lb/> Alles verdorben haben, was er eben gewonnen glaubte;<lb/> denn er hatte mehr hinrichten laſſen, als die meuteri¬<lb/> ſchen Cohorten wollten, er hatte irgend einen Mann<lb/> des Geſetzes, einen guten Reiter, einen populairen<lb/> Soldatenfreund ſeiner blinden Furcht geopfert, fuͤr<lb/> welchen dann der eigenſinnige Haufe neue Genugthu¬<lb/> ung verlangte.</p><lb/> <p>Die Tuͤrkei iſt ein jammervolles Land. Der Geiſt<lb/> des Opiums, die hoͤchſt und ausſchweifend potenzirte<lb/> Offenbarung des Traumes, liegt ſchwer auf dem ſon¬<lb/> nenhellen Himmelsſtriche. Hier Ermattung, Furcht<lb/> und Indolenz, dort Raſerei und die Wuth des Ti¬<lb/> gers, und das Alles oft in denſelben Seelen! Wer<lb/> ſollte glauben, daß es in dieſer verworrenen und er¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [311/0329]
Der Sultan.
nung des Kaiſers, ſtuͤrzten ihre Kochkeſſel um, was
immer das Zeichen einer großen Erbitterung war, und
verlangten die Koͤpfe der Miniſter und Guͤnſtlinge,
welche ſie ihren Intereſſen entgegen glaubten. Sie
machten Krieg und Frieden, ohne ihre Stimme kam
keine Thronfolge zu Stande, und wenn Mord und
die im Holze von Konſtantinopel wuͤthende Brand¬
fackel ihren Weg gezeichnet hatte und die Koͤpfe der
verlangten Opfer an den Minarets des Serails blu¬
tig ſtarrten, ſo konnte wieder die Furcht des Sultans
Alles verdorben haben, was er eben gewonnen glaubte;
denn er hatte mehr hinrichten laſſen, als die meuteri¬
ſchen Cohorten wollten, er hatte irgend einen Mann
des Geſetzes, einen guten Reiter, einen populairen
Soldatenfreund ſeiner blinden Furcht geopfert, fuͤr
welchen dann der eigenſinnige Haufe neue Genugthu¬
ung verlangte.
Die Tuͤrkei iſt ein jammervolles Land. Der Geiſt
des Opiums, die hoͤchſt und ausſchweifend potenzirte
Offenbarung des Traumes, liegt ſchwer auf dem ſon¬
nenhellen Himmelsſtriche. Hier Ermattung, Furcht
und Indolenz, dort Raſerei und die Wuth des Ti¬
gers, und das Alles oft in denſelben Seelen! Wer
ſollte glauben, daß es in dieſer verworrenen und er¬
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