Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Talleyrand. Frage in Englands Interesse zu ziehen, und auf fastindirektem Wege so den Nutzen der französischen Allianz nachzuweisen. In der That sollte man glauben, Tal¬ leyrand sei kein Gesandter in London, sondern ein eng¬ lischer Minister. Indem er Frankreich scheinbar bei Seite läßt, zwingt er England zu alle dem, was das Pariser Kabinet thun zu müssen glauben dürfte, ent¬ weder beizustimmen, oder die gleiche Verantwortlichkeit oder gar die Initiative zu übernehmen. England, das zögerte sich über Polen zu erklären, zwang er dazu durch geheime aus das Parlament angewandte Mittel; Bel¬ gien machte er zu einer englischen Frage, indem er die Wahl des Herzogs von Koburg betrieb; in Sachen des Orients schürt er den englischen Ehrgeiz, und zwingt das Ministerium, mit Noten und Demonstrationen vor die Fronte zu treten. Talleyrand will, daß sich Frankreichs auswärtige Politik nur darauf beschränken soll, die englische zu unterzeichnen, wie denn auch der Herzog von Broglie zurücktreten mußte, der es ver¬ suchte, auf eigne Verantwortlichkeiten in sein Ministe¬ rium etwas Selbstständigkeit und Ehre zu bringen. Die Quadrupelallianz soll durch einen coup de main in Madrid entstanden sein, und der lange Anstand ih¬ rer öffentlichen Bekanntmachung scheint diesen Ursprung Talleyrand. Frage in Englands Intereſſe zu ziehen, und auf faſtindirektem Wege ſo den Nutzen der franzoͤſiſchen Allianz nachzuweiſen. In der That ſollte man glauben, Tal¬ leyrand ſei kein Geſandter in London, ſondern ein eng¬ liſcher Miniſter. Indem er Frankreich ſcheinbar bei Seite laͤßt, zwingt er England zu alle dem, was das Pariſer Kabinet thun zu muͤſſen glauben duͤrfte, ent¬ weder beizuſtimmen, oder die gleiche Verantwortlichkeit oder gar die Initiative zu uͤbernehmen. England, das zoͤgerte ſich uͤber Polen zu erklaͤren, zwang er dazu durch geheime aus das Parlament angewandte Mittel; Bel¬ gien machte er zu einer engliſchen Frage, indem er die Wahl des Herzogs von Koburg betrieb; in Sachen des Orients ſchuͤrt er den engliſchen Ehrgeiz, und zwingt das Miniſterium, mit Noten und Demonſtrationen vor die Fronte zu treten. Talleyrand will, daß ſich Frankreichs auswaͤrtige Politik nur darauf beſchraͤnken ſoll, die engliſche zu unterzeichnen, wie denn auch der Herzog von Broglie zuruͤcktreten mußte, der es ver¬ ſuchte, auf eigne Verantwortlichkeiten in ſein Miniſte¬ rium etwas Selbſtſtaͤndigkeit und Ehre zu bringen. Die Quadrupelallianz ſoll durch einen coup de main in Madrid entſtanden ſein, und der lange Anſtand ih¬ rer oͤffentlichen Bekanntmachung ſcheint dieſen Urſprung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0041" n="23"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Talleyrand</hi>.<lb/></fw> Frage in Englands Intereſſe zu ziehen, und auf faſt<lb/> indirektem Wege ſo den Nutzen der franzoͤſiſchen Allianz<lb/> nachzuweiſen. In der That ſollte man glauben, Tal¬<lb/> leyrand ſei kein Geſandter in London, ſondern ein eng¬<lb/> liſcher Miniſter. Indem er Frankreich ſcheinbar bei<lb/> Seite laͤßt, zwingt er England zu alle dem, was das<lb/> Pariſer Kabinet thun zu muͤſſen glauben duͤrfte, ent¬<lb/> weder beizuſtimmen, oder die gleiche Verantwortlichkeit<lb/> oder gar die Initiative zu uͤbernehmen. England, das<lb/> zoͤgerte ſich uͤber Polen zu erklaͤren, zwang er dazu durch<lb/> geheime aus das Parlament angewandte Mittel; Bel¬<lb/> gien machte er zu einer engliſchen Frage, indem er die<lb/> Wahl des Herzogs von Koburg betrieb; in Sachen des<lb/> Orients ſchuͤrt er den engliſchen Ehrgeiz, und zwingt<lb/> das Miniſterium, mit Noten und Demonſtrationen<lb/> vor die Fronte zu treten. Talleyrand will, daß ſich<lb/> Frankreichs auswaͤrtige Politik nur darauf beſchraͤnken<lb/> ſoll, die engliſche zu unterzeichnen, wie denn auch der<lb/> Herzog von Broglie zuruͤcktreten mußte, der es ver¬<lb/> ſuchte, auf eigne Verantwortlichkeiten in ſein Miniſte¬<lb/> rium etwas Selbſtſtaͤndigkeit und Ehre zu bringen.<lb/> Die Quadrupelallianz ſoll durch einen <hi rendition="#aq">coup de main</hi><lb/> in Madrid entſtanden ſein, und der lange Anſtand ih¬<lb/> rer oͤffentlichen Bekanntmachung ſcheint dieſen Urſprung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0041]
Talleyrand.
Frage in Englands Intereſſe zu ziehen, und auf faſt
indirektem Wege ſo den Nutzen der franzoͤſiſchen Allianz
nachzuweiſen. In der That ſollte man glauben, Tal¬
leyrand ſei kein Geſandter in London, ſondern ein eng¬
liſcher Miniſter. Indem er Frankreich ſcheinbar bei
Seite laͤßt, zwingt er England zu alle dem, was das
Pariſer Kabinet thun zu muͤſſen glauben duͤrfte, ent¬
weder beizuſtimmen, oder die gleiche Verantwortlichkeit
oder gar die Initiative zu uͤbernehmen. England, das
zoͤgerte ſich uͤber Polen zu erklaͤren, zwang er dazu durch
geheime aus das Parlament angewandte Mittel; Bel¬
gien machte er zu einer engliſchen Frage, indem er die
Wahl des Herzogs von Koburg betrieb; in Sachen des
Orients ſchuͤrt er den engliſchen Ehrgeiz, und zwingt
das Miniſterium, mit Noten und Demonſtrationen
vor die Fronte zu treten. Talleyrand will, daß ſich
Frankreichs auswaͤrtige Politik nur darauf beſchraͤnken
ſoll, die engliſche zu unterzeichnen, wie denn auch der
Herzog von Broglie zuruͤcktreten mußte, der es ver¬
ſuchte, auf eigne Verantwortlichkeiten in ſein Miniſte¬
rium etwas Selbſtſtaͤndigkeit und Ehre zu bringen.
Die Quadrupelallianz ſoll durch einen coup de main
in Madrid entſtanden ſein, und der lange Anſtand ih¬
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