Gutzkow, Karl: Öffentliche Charaktere. Bd. 1. Hamburg, 1835.Chateaubriand. l'inevitable genannt, das Unvermeidliche des Kammer¬dieners, der uns auf allen Korridoren des Hofes ent¬ gegen tritt und bestochen sein will, Chateaubriand das Unvermeidliche, daß er bei Allem zugegen sein mußte, wo man ihn auch nicht brauchte. Er wurde wieder hervorgezogen und nach Rom gesandt, um vor dem neuen Papste eine glänzende Rede zu halten, eine gänzlich unkatholische Rede, eine Chrie des konstitutio¬ nellen Katholizismus. Die Kardinäle entsetzten sich, und Chateaubriand kehrte nach Paris zurück, durch die¬ sen Freundschaftsbeweis so an die Bourbone gekettet, daß er sich in den Ereignissen des Julius mit ihnen begrub, obschon sie nie etwas von ihm wissen wollten. Die Rolle, welche Chateaubriand 1830 spielte, Chateaubriand sah ein, was ihm, dem Dichter, Chateaubriand. l'inévitable genannt, das Unvermeidliche des Kammer¬dieners, der uns auf allen Korridoren des Hofes ent¬ gegen tritt und beſtochen ſein will, Chateaubriand das Unvermeidliche, daß er bei Allem zugegen ſein mußte, wo man ihn auch nicht brauchte. Er wurde wieder hervorgezogen und nach Rom geſandt, um vor dem neuen Papſte eine glaͤnzende Rede zu halten, eine gaͤnzlich unkatholiſche Rede, eine Chrie des konſtitutio¬ nellen Katholizismus. Die Kardinaͤle entſetzten ſich, und Chateaubriand kehrte nach Paris zuruͤck, durch die¬ ſen Freundſchaftsbeweis ſo an die Bourbone gekettet, daß er ſich in den Ereigniſſen des Julius mit ihnen begrub, obſchon ſie nie etwas von ihm wiſſen wollten. Die Rolle, welche Chateaubriand 1830 ſpielte, Chateaubriand ſah ein, was ihm, dem Dichter, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0096" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Chateaubriand</hi>.<lb/></fw><hi rendition="#aq">l'inévitable</hi> genannt, das Unvermeidliche des Kammer¬<lb/> dieners, der uns auf allen Korridoren des Hofes ent¬<lb/> gegen tritt und beſtochen ſein will, Chateaubriand das<lb/> Unvermeidliche, daß er bei Allem zugegen ſein mußte,<lb/> wo man ihn auch nicht brauchte. Er wurde wieder<lb/> hervorgezogen und nach Rom geſandt, um vor dem<lb/> neuen Papſte eine glaͤnzende Rede zu halten, eine<lb/> gaͤnzlich unkatholiſche Rede, eine Chrie des konſtitutio¬<lb/> nellen Katholizismus. Die Kardinaͤle entſetzten ſich,<lb/> und Chateaubriand kehrte nach Paris zuruͤck, durch die¬<lb/> ſen Freundſchaftsbeweis ſo an die Bourbone gekettet,<lb/> daß er ſich in den Ereigniſſen des Julius mit ihnen<lb/> begrub, obſchon ſie nie etwas von ihm wiſſen wollten.</p><lb/> <p>Die Rolle, welche Chateaubriand 1830 ſpielte,<lb/> lebt bizarr genug in unſerm Gedaͤchtniß und auf der<lb/> Trommel unſres Zwerchfells. Ja es ſcheint, der edle<lb/> Vicomte hatte ſich damals in die Vogelperſpektive ſei¬<lb/> nes Lebens aufgeſchwungen, er ſtellte eine Berechnung<lb/> ſeiner Schickſale an, und zog daraus jene Schlußfolge,<lb/> deren Konſequenz Europa ſo viel Unterhaltung ver¬<lb/> ſchafft hat.</p><lb/> <p>Chateaubriand ſah ein, was ihm, dem Dichter,<lb/> dem Manne der Geſchichte, dem Kuͤſter bei der Taufe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0096]
Chateaubriand.
l'inévitable genannt, das Unvermeidliche des Kammer¬
dieners, der uns auf allen Korridoren des Hofes ent¬
gegen tritt und beſtochen ſein will, Chateaubriand das
Unvermeidliche, daß er bei Allem zugegen ſein mußte,
wo man ihn auch nicht brauchte. Er wurde wieder
hervorgezogen und nach Rom geſandt, um vor dem
neuen Papſte eine glaͤnzende Rede zu halten, eine
gaͤnzlich unkatholiſche Rede, eine Chrie des konſtitutio¬
nellen Katholizismus. Die Kardinaͤle entſetzten ſich,
und Chateaubriand kehrte nach Paris zuruͤck, durch die¬
ſen Freundſchaftsbeweis ſo an die Bourbone gekettet,
daß er ſich in den Ereigniſſen des Julius mit ihnen
begrub, obſchon ſie nie etwas von ihm wiſſen wollten.
Die Rolle, welche Chateaubriand 1830 ſpielte,
lebt bizarr genug in unſerm Gedaͤchtniß und auf der
Trommel unſres Zwerchfells. Ja es ſcheint, der edle
Vicomte hatte ſich damals in die Vogelperſpektive ſei¬
nes Lebens aufgeſchwungen, er ſtellte eine Berechnung
ſeiner Schickſale an, und zog daraus jene Schlußfolge,
deren Konſequenz Europa ſo viel Unterhaltung ver¬
ſchafft hat.
Chateaubriand ſah ein, was ihm, dem Dichter,
dem Manne der Geſchichte, dem Kuͤſter bei der Taufe
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