Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

bezeichnen, sondern sie drückten, als sie erblich wurden, nur die Möglichkeit solcher Tugenden und ihrer Bewährung in guten oder bösen Thaten aus. Anders wäre die Vererbung eines Wappenbildes auf die fernsten Sprossen einer urahnlichen Lende eine Lächerlichkeit gewesen. In so fern sich Wappenwesen--durch Wesen bezeichnen wir Deutsche immer das Gegentheil, Unwesen, ein im Hegelschen System glänzende Behauptungen beweisender Satz--an Ritterthum anschloß, so möcht' ich den Adel und seine Verdienste auch nur eine Möglichkeit nennen.

Nun aber fragen Sie nach Ihrem System der Repressalien gleichsam den Adler, den Fuchs, den Esel, wen er sich unter den Menschen als Ersatz für den Gebrauch seines Bildes wählen würde? und Sie geben nicht undeutlich zu verstehen, daß die Wahl sich nicht immer decken dürfte. Nero, Perier, Caligula, W. Alexis, Marat, Krug, Epikur, Hr. v. Schlegel--da steht die Wahl offen. Ich entziehe mich jeder Versuchung zu einer genauern Ausführung des Angedeuteten, um dem Einen nicht fabelhaft, dem Andern nicht grob zu erscheinen.

Aber sagen Sie mir, Beste, haben denn die Griechen noch immer keinen König? Sollt' ich also wirklich noch in meinen alten Tagen aus dem Dunkel meiner Abgeschiedenheit auf einen Thron

bezeichnen, sondern sie drückten, als sie erblich wurden, nur die Möglichkeit solcher Tugenden und ihrer Bewährung in guten oder bösen Thaten aus. Anders wäre die Vererbung eines Wappenbildes auf die fernsten Sprossen einer urahnlichen Lende eine Lächerlichkeit gewesen. In so fern sich Wappenwesen—durch Wesen bezeichnen wir Deutsche immer das Gegentheil, Unwesen, ein im Hegelschen System glänzende Behauptungen beweisender Satz—an Ritterthum anschloß, so möcht’ ich den Adel und seine Verdienste auch nur eine Möglichkeit nennen.

Nun aber fragen Sie nach Ihrem System der Repressalien gleichsam den Adler, den Fuchs, den Esel, wen er sich unter den Menschen als Ersatz für den Gebrauch seines Bildes wählen würde? und Sie geben nicht undeutlich zu verstehen, daß die Wahl sich nicht immer decken dürfte. Nero, Perier, Caligula, W. Alexis, Marat, Krug, Epikur, Hr. v. Schlegel—da steht die Wahl offen. Ich entziehe mich jeder Versuchung zu einer genauern Ausführung des Angedeuteten, um dem Einen nicht fabelhaft, dem Andern nicht grob zu erscheinen.

Aber sagen Sie mir, Beste, haben denn die Griechen noch immer keinen König? Sollt’ ich also wirklich noch in meinen alten Tagen aus dem Dunkel meiner Abgeschiedenheit auf einen Thron

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0100" n="87"/>
bezeichnen, sondern sie drückten, als sie erblich wurden, nur die Möglichkeit solcher Tugenden und ihrer Bewährung in guten oder bösen Thaten aus. Anders wäre die Vererbung eines Wappenbildes auf die fernsten Sprossen einer urahnlichen Lende eine Lächerlichkeit gewesen. In so fern sich Wappenwesen&#x2014;durch Wesen bezeichnen wir Deutsche immer das Gegentheil, Unwesen, ein im Hegelschen System glänzende Behauptungen beweisender Satz&#x2014;an Ritterthum anschloß, so möcht&#x2019; ich den Adel und seine Verdienste auch nur eine Möglichkeit nennen.</p>
        <p>Nun aber fragen Sie nach Ihrem System der Repressalien gleichsam den Adler, den Fuchs, den Esel, wen er sich unter den Menschen als Ersatz für den Gebrauch seines Bildes wählen würde? und Sie geben nicht undeutlich zu verstehen, daß die Wahl sich nicht immer decken dürfte. <ref xml:id="TEXTNeroPerierBISSchlegel" target="BrN4E.htm#ERLNeroPerierBISSchlegel">Nero, Perier, Caligula, W. Alexis, Marat, Krug, Epikur, Hr. v. Schlegel</ref>&#x2014;da steht die Wahl offen. Ich entziehe mich jeder Versuchung zu einer genauern Ausführung des Angedeuteten, um dem Einen nicht fabelhaft, dem Andern nicht grob zu erscheinen.</p>
        <p>Aber sagen Sie mir, Beste, <ref xml:id="TEXThabendennBISkeinenKoenig" target="BrN4E.htm#ERLhabendennBISkeinenKoenig">haben denn die Griechen noch immer keinen König?</ref> Sollt&#x2019; ich also wirklich noch in meinen alten Tagen aus dem Dunkel meiner Abgeschiedenheit auf einen Thron
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0100] bezeichnen, sondern sie drückten, als sie erblich wurden, nur die Möglichkeit solcher Tugenden und ihrer Bewährung in guten oder bösen Thaten aus. Anders wäre die Vererbung eines Wappenbildes auf die fernsten Sprossen einer urahnlichen Lende eine Lächerlichkeit gewesen. In so fern sich Wappenwesen—durch Wesen bezeichnen wir Deutsche immer das Gegentheil, Unwesen, ein im Hegelschen System glänzende Behauptungen beweisender Satz—an Ritterthum anschloß, so möcht’ ich den Adel und seine Verdienste auch nur eine Möglichkeit nennen. Nun aber fragen Sie nach Ihrem System der Repressalien gleichsam den Adler, den Fuchs, den Esel, wen er sich unter den Menschen als Ersatz für den Gebrauch seines Bildes wählen würde? und Sie geben nicht undeutlich zu verstehen, daß die Wahl sich nicht immer decken dürfte. Nero, Perier, Caligula, W. Alexis, Marat, Krug, Epikur, Hr. v. Schlegel—da steht die Wahl offen. Ich entziehe mich jeder Versuchung zu einer genauern Ausführung des Angedeuteten, um dem Einen nicht fabelhaft, dem Andern nicht grob zu erscheinen. Aber sagen Sie mir, Beste, haben denn die Griechen noch immer keinen König? Sollt’ ich also wirklich noch in meinen alten Tagen aus dem Dunkel meiner Abgeschiedenheit auf einen Thron

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax des Gutzkow Editionsprojekts. (2013-07-01T14:33:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus dem Gutzkow Editionsprojekt entsprechen muss.
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-01T14:33:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung vom Markup des Gutzkow Editionsprojekts nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-07-01T14:33:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Gutzkow Editionsprojekt:Editionsprinzipien
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Zeilenumbrüche innerhalb eines Absatzes werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Anmerkungen und Erläuterungen der Herausgeber der Gutzkow-Edition sind im XML mit <ref target="[Ziel]">...</ref> wiedergegeben. [Ziel] benennt die HTM-Datei und den Abschnitt der jeweiligen Erläuterung auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.
  • Druckfehler und andere Fehler der Vorlage wurden in der Transkription behoben. Zu den hierbei vorgenommenen Textänderungen und zu problematischen Textstellen siehe Abschnitt 2.1.1: Textänderungen auf den Seiten des Gutzkow-Editionsprojekts.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/100
Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl]: Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/100>, abgerufen am 21.11.2024.